Gegen die Nandro-Solar genannte Anlage und einen Baurechtsvertrag mit dem EWZ stimmten an der sehr stark besuchten Gemeindeversammlung 378 von 553 anwesenden Stimmberechtigten – nach einer langen und intensiven Diskussion. Das entspricht einem Nein-Stimmenanteil von 68,4 Prozent.
Die Solaranlage im Val Nandro hätte auf 66,5 Hektaren Land, der Fläche von 93 Fussballfeldern, 66 Gigawattstunden Strom im Jahr produziert. Das entspricht dem Strombedarf von etwa 20'000 Haushalten. Damit gehörte sie zu den grössten, der zur Zeit in Graubünden vorangetriebenen Projekte für Solar-Grossanlagen.
Der Gemeindevorstand hatte sich vergeblich für das Projekt ausgesprochen und auf beträchtliche Einnahmen verwiesen. Die Talgemeinde Surses mit dem Hauptort Savognin hätte pro produzierte Kilowattstunde Strom einen Rappen erhalten, im Idealfall 660'000 Franken im Jahr, im Minimum 400'000 Franken. Zudem hätte sie eine Gewinnbeteiligung erhalten und Liegenschaftssteuern.
Der Gemeindevorstand wollte das Geld zur Reduktion des Gemeindesteuerfusses verwenden und für Investitionen in den Tourismus. Doch ausgerechnet aus dieser Ecke wurde im Vorfeld und an der Gemeindeversammlung Kritik geäussert.
Tourismusfachleute, darunter der Tourismusdirektor der Region, befürchteten negative Auswirkung der zwei Drittel Quadratkilometer grossen Anlage auf das Landschaftsbild und damit auf die touristische Attraktivität der bekannten Ferienregion.
Mit seiner Lage neben dem Savogniner Skigebiet wäre die Solaranlage auf über 2000 Metern Höhe über Meer zwar in einem bereits erschlossenen, aber eben auch touristisch bedeutsamen Gebiet erstellt worden. Umweltorganisationen bezeichneten Nandro-Solar als eines der schlechteren aktuellen Solar-Grossvorhaben in Graubünden.
Ausgelöst wurden die Projekte durch die Solaroffensive des Bundes. Gemäss einer Zusammenstellung von Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR) haben bisher sieben Grossprojekte Gemeindeabstimmungen überstanden und drei nicht, Nandro-Solar nicht eingerechnet.
EWZ bedauerte in einer Stellungnahme den negativen Entscheid der Gemeindeversammlung. Das Energieunternehmen habe die Anliegen der verschiedenen Anspruchsgruppen in der Region von Anfang an ernst genommen, Wünsche berücksichtigt und viele Kompromisse gemacht, um die Anlage realisieren zu können.
«Leider ist es uns nicht gelungen, die Bevölkerung von den Vorteilen und der Dringlichkeit der Anlage zu überzeugen», wird Philippe Heinzer, Leiter des EWZ-Geschäftsbereichs Energie, in der Mitteilung zitiert. EWZ sehe die Ablehnung nicht als Misstrauensbeweis gegenüber dem Unternehmen, sondern als Ausdruck, dass die Stimmberechtigten generell keine hochalpine Solaranlage am betreffenden Standort wollen würden. EWZ beende somit die Projektierungsarbeiten.
Erst am 21. Januar hatte die Stimmbevölkerung ein Gesuch von EWZ um die Erneuerung von Konzessionen für zwei Wasserkraftwerke an der Urne abgelehnt. Ein Nein zur Verlängerung der Konzessionen bedeute nicht, dass Surses in Zukunft nicht mehr mit dem EWZ verhandeln wolle, hatte der Gemeindevorstand damals betont. Die Gemeinde stelle lediglich sicher, über die Wassernutzungsverhältnisse nach Ablauf der Konzessionen 2035 frei entscheiden zu können. (sda)