Schweiz
Energie

Surses GR erteilt Solarprojekt der Stadt Zürich zweite Abfuhr

Angst um Tourismus: Surses GR erteilt Solarprojekt der Stadt Zürich zweite Abfuhr

Die Bündner Gemeinde Surses hat dem Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) am Montagabend schon die zweite Abfuhr innert einer Woche erteilt. Die Gemeindeversammlung sagte überaus deutlich nein zu einem vom EWZ geplanten hochalpinen Gross-Solarkraftwerk.
30.01.2024, 01:11
Mehr «Schweiz»

Gegen die Nandro-Solar genannte Anlage und einen Baurechtsvertrag mit dem EWZ stimmten an der sehr stark besuchten Gemeindeversammlung 378 von 553 anwesenden Stimmberechtigten – nach einer langen und intensiven Diskussion. Das entspricht einem Nein-Stimmenanteil von 68,4 Prozent.

Blick auf die Testanlage "Tschers" des geplanten Grossprojektes Nandro-Solar des Elektrizitaetswerk der Stadt Zuerich EWZ, aufgenommen am Mittwoch, 24. Januar 2024, in Surses. Die Gemeindeve ...
Die Testanlage «Tschers» in Surses.Bild: keystone

Die Solaranlage im Val Nandro hätte auf 66,5 Hektaren Land, der Fläche von 93 Fussballfeldern, 66 Gigawattstunden Strom im Jahr produziert. Das entspricht dem Strombedarf von etwa 20'000 Haushalten. Damit gehörte sie zu den grössten, der zur Zeit in Graubünden vorangetriebenen Projekte für Solar-Grossanlagen.

Der Gemeindevorstand hatte sich vergeblich für das Projekt ausgesprochen und auf beträchtliche Einnahmen verwiesen. Die Talgemeinde Surses mit dem Hauptort Savognin hätte pro produzierte Kilowattstunde Strom einen Rappen erhalten, im Idealfall 660'000 Franken im Jahr, im Minimum 400'000 Franken. Zudem hätte sie eine Gewinnbeteiligung erhalten und Liegenschaftssteuern.

Der Gemeindevorstand wollte das Geld zur Reduktion des Gemeindesteuerfusses verwenden und für Investitionen in den Tourismus. Doch ausgerechnet aus dieser Ecke wurde im Vorfeld und an der Gemeindeversammlung Kritik geäussert.

Negative Auswirkungen auf den Tourismus befürchtet

Tourismusfachleute, darunter der Tourismusdirektor der Region, befürchteten negative Auswirkung der zwei Drittel Quadratkilometer grossen Anlage auf das Landschaftsbild und damit auf die touristische Attraktivität der bekannten Ferienregion.

Mit seiner Lage neben dem Savogniner Skigebiet wäre die Solaranlage auf über 2000 Metern Höhe über Meer zwar in einem bereits erschlossenen, aber eben auch touristisch bedeutsamen Gebiet erstellt worden. Umweltorganisationen bezeichneten Nandro-Solar als eines der schlechteren aktuellen Solar-Grossvorhaben in Graubünden.

Ausgelöst wurden die Projekte durch die Solaroffensive des Bundes. Gemäss einer Zusammenstellung von Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR) haben bisher sieben Grossprojekte Gemeindeabstimmungen überstanden und drei nicht, Nandro-Solar nicht eingerechnet.

«Kein Misstrauensbeweis»

EWZ bedauerte in einer Stellungnahme den negativen Entscheid der Gemeindeversammlung. Das Energieunternehmen habe die Anliegen der verschiedenen Anspruchsgruppen in der Region von Anfang an ernst genommen, Wünsche berücksichtigt und viele Kompromisse gemacht, um die Anlage realisieren zu können.

«Leider ist es uns nicht gelungen, die Bevölkerung von den Vorteilen und der Dringlichkeit der Anlage zu überzeugen», wird Philippe Heinzer, Leiter des EWZ-Geschäftsbereichs Energie, in der Mitteilung zitiert. EWZ sehe die Ablehnung nicht als Misstrauensbeweis gegenüber dem Unternehmen, sondern als Ausdruck, dass die Stimmberechtigten generell keine hochalpine Solaranlage am betreffenden Standort wollen würden. EWZ beende somit die Projektierungsarbeiten.

Ein vorläufiges Nein zu EWZ-Wasserkraft

Erst am 21. Januar hatte die Stimmbevölkerung ein Gesuch von EWZ um die Erneuerung von Konzessionen für zwei Wasserkraftwerke an der Urne abgelehnt. Ein Nein zur Verlängerung der Konzessionen bedeute nicht, dass Surses in Zukunft nicht mehr mit dem EWZ verhandeln wolle, hatte der Gemeindevorstand damals betont. Die Gemeinde stelle lediglich sicher, über die Wassernutzungsverhältnisse nach Ablauf der Konzessionen 2035 frei entscheiden zu können. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
154 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Yippie
29.01.2024 23:44registriert Februar 2016
Ich finde es immer wieder spannend, wenn in Gemeinden mit 75% Zweitwohnungsanteil das Argument kommt, wir dürfen die Natur nicht verschandeln. Ja, sorry aber das habt ihr bereits selber verbockt mit euren knapp 1'000 Zweitwohnungen alleine in der Gemeinde Surses.
13826
Melden
Zum Kommentar
avatar
Globemaster
29.01.2024 23:08registriert Juni 2020
Das sind wohl die Realitäten: alle sind dafür aber wenn es gerade vor der eigenen Haustür zu stehen kommt, dann liber doch nicht 🤷🏻‍♂️
11411
Melden
Zum Kommentar
avatar
AFK
29.01.2024 23:01registriert Juni 2020
Gut gemacht Surses'ler, so kommen wir sicher vorwärts mit der Energiewende.. *Augenverdreh*
10035
Melden
Zum Kommentar
154
Warum es frostig wird: Wem Keller-Sutter als Bundespräsidentin in die Quere kommen könnte
Finanzministerin Karin Keller-Sutter ist die mächtigste Politikerin des Landes. Darin sind sich alle einig – ausser Viola Amherd. Am Mittwoch wird die Ostschweizerin zur Bundespräsidentin gewählt.

Wahrscheinlich wird es frostig am 31. Dezember, wenn Viola Amherd ihrer Regierungskollegin Karin Keller-Sutter offiziell den Stab weitergibt. Ab Anfang Jahr ist Keller-Sutter Bundespräsidentin und löst damit Amherd ab. Das Verhältnis zwischen den beiden Bundesrätinnen ist belastet. Um das zu erkennen, braucht man kein Insiderwissen. Es genügt, Zeitungen zu lesen.

Zur Story