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Energie

Die Schweiz ist unter den Schlusslichtern beim Solarstrom-Ausbau

Energiewende hapert: Die Schweiz ist unter den Schlusslichtern beim Solarstromausbau

Um die Klimaziele zu erreichen, müsste die Schweiz massiv an Solar- und Windenergie zubauen. Doch die Investitionen rechnen sich oft nicht.
21.06.2022, 05:23
Pascal Michel / ch media
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Solar- und Windstrom sind die Lösung für die Energiewende: So sieht es zumindest die Schweizerische Energiestiftung. Doch beim Ausbau der beiden Energieträger ist die Schweiz nicht auf Kurs, wie eine neue Kurzstudie der Stiftung zeigt. Sie führt diese Untersuchung seit zehn Jahren durch. Bereits in den Vorjahren belegte die Schweiz Plätze auf den hinteren Rängen.

ARCHIVBILD ZUM WATT D'OR --- A floating barge with solar panels is lifted by a helicopter towards the "Lac des Toules", an alpine reservoir lake, in Bourg-Saint-Pierre, Switzerland, Tue ...
In Sachen Solarstrom kommt die Schweiz nicht so richtig vom Fleck.Bild: keystone

Im Jahr 2021 ist es nicht anders: Bei der Pro-Kopf-Stromproduktion aus Solar- und Windenergie belegt die Schweiz innerhalb Europas nur Platz 23 von 28 - und platziert sich damit knapp vor Ungarn, Tschechien, Slowenien, der Slowakei und Lettland.

Die Niederlande sind neuer Spitzenreiter

Im Vergleich mit den neun umliegenden Ländern landet die Schweiz gar auf dem vorletzten Platz. «Nur gerade 5.6 Prozent des Stromverbrauchs werden hierzulande mit den beiden neuen erneuerbaren Technologien erzeugt. In Dänemark sind es rund 53 Prozent», betonen die Studienautoren.

Zwar nimmt die Solarstromproduktion in der Schweiz seit 2010 stetig zu, wie auch die Energiestiftung festhält. Im Jahr 2021 wuchs sie um gesamthaft 484 Gigawattstunden respektive um 43 Kilowattstunden pro Einwohnerin und Einwohner gegenüber 2020. Im Vergleich liegt die Schweiz aber damit noch immer im europäischen Mittelfeld. Spitzenreiter beim Solarstrom sind die Niederlande, die jüngst Deutschland an der Spitze ablösten. «Beide Länder produzieren also mehr als eineinhalbmal so viel Strom aus Sonnenenergie pro Kopf als die südlicher gelegene Schweiz, wo insbesondere in alpinen Regionen sehr hohe Einstrahlungsverhältnisse herrschen.»

epa09842202 A picture taken with a drone shows windmills of the Haringvliet energy park in Middelharnis on Goeree-Overflakkee, the Netherlands, 22 March 2022. The energy park consists of six windmills ...
Die Niederlande ist derzeit Spitzenreiter bei der Solarstrom-Produktion.Bild: keystone

Sonnenstrom aus den Alpen

Das schlechte Abschneiden der Schweiz steht laut der Stiftung im Kontrast zum grossen Potenzial, das im Land vorhanden wäre. «Schätzungen des Bundesamts für Energie kommen zum Schluss, dass das ausschöpfbare Solarstrompotenzial auf und an Gebäuden in der Schweiz rund 67 Terawattstunden im Jahr beträgt. Dies übersteigt sogar den gegenwärtigen Stromendverbrauch von 55 bis 60 Terawattstunden pro Jahr.»

Hinzu kämen weitere Fotovoltaikpotenziale auf Infrastrukturen wie Staumauern und Stauseen, Lärmschutzwänden oder auf Parkplatzüberdachungen. Auch die Windkraft könne weiter ausgebaut werden. «Sie liefert vor allem wichtige Energie im Winter, wenn die Solarenergie, aber auch die Wasserkraft weniger Strom produzieren können.»

Der nötige Ausbau, sollte erneuerbare Energie in der Schweiz dereinst die wegfallenden Atomkraftwerke ersetzen, ist beachtlich: Bis 2035 müsste zwölfmal mehr Strom aus Sonne und Wind produziert werden als heute. Das Problem: Die Preise, die Besitzer einer Solaranlage erzielen, sinken stetig. Eine Investition in Solarstrom kann also riskant sein.

Hier macht die Energiestiftung Druck, damit die «Investitionsrisiken» für neue Solaranlagen abgefedert werden. Aktuell diskutiert die zuständige Kommission im Ständerat über eine Revision des Energiegesetzes. Felix Nipkow, Co-Leiter Fachbereich Klima und erneuerbare Energien bei der Energiestiftung, sagt: «Um den Investitionsstau im Ausbau der erneuerbaren Energien aufzulösen, braucht es eine Absicherung gegen volatile und tiefe Strompreise.» Sprich: Ohne Subventionen macht die Branche offensichtlich nicht vorwärts. Konkret fordert die Energiestiftung für grosse Solaranlagen sogenannte «gleitende Marktprämien, welche Investoren Gewinn versprechen und gleichzeitig vor Verlusten schützen, und für kleinere Anlagen kostengerechte Rückliefertarife». (aargauerzeitung.ch)

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Bilder, die beweisen, dass hier keine Techniker am Werk waren
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Der Strom verschwindet aus der Luft
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103 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Barth Simpson
21.06.2022 06:14registriert August 2020
Aktuell werden bei uns enorm viele Dächer mit PV-Anlagen eingedeckt. Ich glaube der aktuelle Zubau ist nur noch nich in der Statitstik erfasst. Klar geht noch viel mehr, keine Frage!

In unserem Kanton (AR) wäre ab 1. Juli dazu ein sehr innovatives Energiegesetz in Kraft getreten. Nun hat die fossile Lobby dieses Gesetzt per Referendum torpediert um es via Abstimmung zu verzögern. Die kennen wirklich nichts!

Aber nicht immer ist die Öllobby, oder die SVP schuld. Speicherkraftwerke und Windräder werden auch von anderen Parteien verhindert, welche weit links aussen stehen.
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Yippie
21.06.2022 06:46registriert Februar 2016
Viele Aussagen in diesem Artikel stimmen so nicht mehr. Die PV-Branche boomt derzeit. Wir können nicht mehr alle Anfragen abarbeiten und viele Installateure sind bis Ende Jahr oder noch länger ausgebucht. Hauptproblem in der Branche sind derzeit Fachkrätemangel und Probleme bei den Lieferketten.
Mit den steigenden Strompreisen sind PV-Anlagen auch immer wirtschaftlicher. Aktuelle Marktpreise an der Strombörse liegen für den energetischen Anteil bei 25 Rp/kWh. Dazu kommen nochmals 10 Rp/kWh für die Netzgebühren und Abgaben. PV-Anlagen können für unter 10 Rp/kWh produzieren.
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rodolofo
21.06.2022 06:49registriert Februar 2016
Das sogenannte "Wirtschaftlichkeits-Denken" ist nicht wirklich wirtschaftlich, da es nur kurzfristig Profite maximiert und Schulden erhöht, auf Kosten der langfristigen Versorgungssicherheit, und da es die "externen und zukünftigen Kosten" nicht in die Preise mit einrechnet, werden die Märkte in eine falsche Richtung gelenkt, wenn sie einfach unreguliert sich selber überlassen werden.
Aber da bei der staatlichen Regulierungsmacht wiederum die ihren Profit maximierenden Kurzfrist-Denker das Sagen haben, ist von dieser Seite leider auch nichts besseres zu erwarten, als von den "Privaten"...
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