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Verhandlungen mit der EU: Die Kantonsregierungen drücken aufs Gaspedal

Verhandlungen mit der EU: Die Kantonsregierungen drücken aufs Gaspedal

Die Kantone fordern, dass der Bundesrat die Sondierungsgespräche mit Brüssel beendet und zu Verhandlungen übergeht. Beim heikelsten Streitpunkt sind die Kantone bereit, der EU entgegenzukommen.
24.03.2023, 19:34
Francesco Benini / ch media
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«Die Sondierungen haben einen Reifegrad erreicht, der erlaubt, in eine neue Phase zu treten.» Das sagte Markus Dieth (Mitte) am Freitag am Rand einer Medienkonferenz; er ist der Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen und Aargauer Finanzdirektor.

Die vom Klimawandel dominierten eidgenössischen Wahlen sind vorbei. Damit dürfte das institutionelle Rahmenabkommen auf der politischen Agenda wieder nach oben rücken. (Symbolbild)
Die Schweiz ringt mit der EU um ein neues Rahmenabkommen.Bild: KEYSTONE

Die Kantone sind mit anderen Worten der Ansicht, dass der Bundesrat mit der Europäischen Union neue Verhandlungen über ein Rahmenabkommen aufnehmen sollte. Ein erster Versuch, einen solchen Vertrag auszuhandeln, endete im Mai 2021; damals verkündete der Bundesrat den Abbruch der Bemühungen.

Einstimmiger Beschluss der Kantonsregierungen

Markus Dieth betonte, dass die Kantone mit 26 gegen 0 Stimmen entschieden hätten: «Für die Weiterführung und Vertiefung der bilateralen Verträge sind nun die nächsten Schritte zu gehen». Die Kantone seien als institutionelle Partner des Bundes bereit, den Bundesrat bei Verhandlungen zu unterstützen.

Markus Dieth, CVP Aargau
Setzt Druck auf: der Aargauer Regierungsrat Markus Dieth.Bild: AZ

Im wichtigsten Streitpunkt zwischen der Schweiz und der EU, der Streitbeilegung, tendieren die Kantone dazu, die von Brüssel vorgeschlagene Regelung zu akzeptieren: Sollten sich die Schweiz und die EU im Gemischten Ausschuss nicht auf eine Lösung einigen, kann jede Partei die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen. Bei der Auslegung des EU-Rechts ruft das Schiedsgericht den Europäischen Gerichtshof an, bevor es den Streitfall entscheidet. Die unterlegene Partei ist verpflichtet, das Urteil umzusetzen. Andernfalls ist die siegreiche Partei berechtigt, Ausgleichsmassnahmen zu erlassen.

Die Konferenz schreibt: Sofern Streitigkeiten die Auslegung und Anwendung des von der Schweiz übernommenen EU-Rechts beträfen, könnten die Kantonsregierungen folgende Lösung akzeptieren: Dem Gerichtshof der EU komme die Aufgabe zu, eine kohärente Auslegung des betroffenen EU-Rechts sicherzustellen.

Im Bundesrat sind Bedenken verbreitet, diese Regelung zu übernehmen. Der Einbezug des Europäischen Gerichtshofs wird als Einbusse an staatlicher Souveränität wahrgenommen. Das Rahmenabkommen könnte in einer Volksabstimmung an diesem Punkt scheitern.

Regierungsrat Dieth ermuntere den Bundesrat trotzdem, nun offen Verhandlungen mit Brüssel aufzunehmen, und zwar «ohne rote Linien zu ziehen.» Kompromisse liessen sich nicht sondieren - sie müssten verhandelt werden. Die Schweiz sei auf stabile Beziehungen mit der Europäischen Union angewiesen. Ein Vertragsabschluss mit der EU führe hoffentlich dazu, dass die Schweiz wieder am Forschungsprogramm Horizon teilnehmen könne.

Im April sondiert Staatssekretärin Leu weiter

Staatssekretärin Livia Leu nahm im Frühling 2022 Sondierungsgespräche für einen Rahmenvertrag mit der EU auf. Beide Seiten teilten vor Wochen mit, dass Fortschritte erzielt worden seien. Brüssel ist offenbar bereit, beim Lohnschutz und auch bei der Unionsbürgerrichtlinie Konzessionen zu machen. Die Schweizer Gewerkschaften pochen darauf, dass der Lohnschutz von der europäischen Rechtssprechung ausgenommen wird.

Livia Leu erklärte aber Anfang März, dass die Zeit für Verhandlungen noch nicht reif sei. Am kommenden 20. April wird es eine weitere Verhandlungsrunde zwischen der Schweiz und Brüssel geben. EU-Kommissar Maros Sefcovic will die Verhandlungen über den Rahmenvertrag bis im Sommer 2024 abschliessen; wenig später endet sein Mandat als Funktionär der Europäischen Union. (aargauerzeitung.ch)

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