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«Unverständnis gegenüber der Schweiz»: Ex-EU-Chefunterhändler warnt

«Fast völliges Unverständnis gegenüber der Schweiz»: Ex-EU-Chefunterhändler warnt

17.04.2023, 07:1017.04.2023, 15:48
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Die Schweiz hat wegen ihrer Haltung zur Wiederausfuhr von Waffen laut des ehemaligen EU-Chefunterhändlers Christian Leffler an Vertrauenswürdigkeit eingebüsst. Europäische Länder würden sich eine Waffenbestellung in der Schweiz in Zukunft zweimal überlegen.

Syrian Head of the State Planning Commission Toufic Ismail, left, and the Director for Middle East and South Mediterranean at the EU Commission External Relations General Directorate Christian Leffler ...
Der ehemalige EU-Chefunterhändler Christian Leffler warnt. (Archivaufnahme)Bild: AP

Die Schweizer Militärindustrie «läuft Gefahr, Verträge zu verlieren», sagte der Schwede in einem am Montag veröffentlichten Interview in «La Liberté». Mehrere Staaten stellten fest, dass die Schweiz nicht so zuverlässig sei, wie sie gedacht hätten, sagte Leffler und fordert ein Ende der «Politakrobatik».

Laut Leffler muss die Schweiz den Verkauf, Weiterverkauf und Transfer von Waffen und Munition an die Ukraine schnell genehmigen und Oligarchengelder besser verfolgen.

Von der Schweiz werde zudem erwartet, schnell und ohne viele Bedingungen auf ein «klares und ehrgeiziges» Mandat zur Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU hinzuarbeiten.

Die Schweizer Haltung zur Waffenwiederausfuhr habe zwar keine direkten Auswirkungen auf das Europadossier, so Leffler. Das Wohlwollen gegenüber der Schweiz habe sich aber auch nicht vergrössert. In der EU herrsche in dieser Frage gegenüber der Schweiz «fast völliges Unverständnis», sagte er.

Starker internationaler Druck auf die Schweiz

Die Schweiz steht unter starkem internationalem Druck, die Wiederausfuhr von in der Schweiz hergestellten Waffen zu genehmigen. Insbesondere Spanien, Deutschland und Dänemark haben gefordert, in der Schweiz hergestelltes Kriegsmaterial an Kiew weitergeben zu können. Der Bundesrat hat dies bislang immer abgelehnt und sich dabei auf das Neutralitätsrecht und das Kriegsmaterialgesetz berufen.

Zwei Vorstösse, die eine Lockerung der Wiederausfuhrbestimmungen forderten, scheiterten in der Frühjahrssession im Parlament. Mehrere parlamentarische Initiativen zu diesem Thema sind noch hängig.

Zudem wurde die Schweiz kürzlich aufgefordert, sich bei der Suche nach Geldern russischer Oligarchen mehr zu engagieren. Mehrere Botschafter der G7-Staaten forderten in einem Brief an Bern, dass die Regierung in diesem Bereich mehr tun müsse. (sda)

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133 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Jean B.
17.04.2023 07:50registriert Juni 2018
So ist das, wenn man immer das Fünferli und daa Weggli haben will: irgendwann haben die Anderen kein Verständnis mehr dafür.
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International anerkannter Experte für ALLES
17.04.2023 07:29registriert Juli 2021
Die könnten ja auch mal Eier zeigen und die Waffen trotzdem re-exportieren. Was soll die Schweiz schon machen? Eine offizielle Protestnote wird das äusserste sein. Und dann die Drohung, in Zukunft keine Waffen mehr zu liefern. Aber bis dahin ist eine neue Regierung an der Macht und man einigt sich darauf, dass die vorherigen Regierungen halt Idioten waren, schliesslich winkt das Business...
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majortom79
17.04.2023 07:40registriert August 2014
Wenn die Schweiz wirklich neutral sein will, dann produziert sie auch keine Waffen.
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15 Milliarden für Armee und Ukraine: Mega-Deal im Bundeshaus schafft erste Hürde
Es ist ein Deal, wie man ihn in Bern kaum je gezimmert hat. Jetzt hat eine erste Kommission Ja gesagt dazu, das Armee-Budget schnell aufzustocken und zugleich den Wiederaufbau der Ukraine zu unterstützen. In einem Punkt ist dies sehr brisant.

Die Schuldenbremse ist ein helvetisches Heiligtum. Weil der Bund keine Defizitwirtschaft will, war es bislang nicht möglich, die Armee schnell aufzurüsten und der Ukraine Milliarden für den Wiederaufbau zukommen zu lassen. Finanzministerin Karin Keller-Sutter (FDP) pocht auf das Einhalten der Schuldenbremse. Zugleich, so hört man, möchte Verteidigungsministerin Viola Amherd (Mitte) mehr Flexibilität, um angesichts der neuen Bedrohungslage mehr Mittel fürs Militär freizumachen.

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