«Chicken Jockey» heisst ein Phänomen, das aktuell Kinobetreiberinnen und Kinobetreiber auf der ganzen Welt beschäftigt. Bei einer Szene im Film «Minecraft», der auf dem gleichnamigen Videospiel basiert, flippt das (vorwiegend) jugendliche Publikum völlig aus und verwüstet ganze Kinosäle. So sieht das aus:
Der Film hatte hierzulande Anfang April seinen Kinostart – und mittlerweile ist das damit verbundene Phänomen auch in der Schweiz angekommen, wie mehrere Schweizer Kinos bestätigen.
«Seit dieser Woche sehen wir in unseren Sälen die Folgen des Chicken-Jockey-Trends», sagt Lorenz Koch, Geschäftsleiter von Kinepolis Schweiz, auf Anfrage von watson.
Koch hatte zuerst gehofft, dass die besagte Szene, die als Startsignal für die totale Kinosaal-Anarchie dient, in der deutschen Sprachfassung vielleicht nicht so «catchy» sei. Aber Fehlanzeige: «Chicken Jockey» ist auch auf Deutsch «Chicken Jockey». Und auch hierzulande fliegen die Popcorn-Eimer. Auch eine Angestellte eines Winterthurer Kinos bestätigte gegenüber watson, dass es bereits zu Szenen wie in den Social-Media-Videos gekommen sei. Jetzt – kurz vor Ostern – blicke man gespannt auf die nächsten Tage.
Die Kinos legen sich jetzt verschiedene Strategien zurecht, um auf die enthemmten Kinobesucherinnen und -besucher zu reagieren – und grosses Chaos bestenfalls sogar schon präventiv zu verhindern. «Es ist sau-schwierig», so Koch, denn es handle sich um einen gut-besuchten Film. Einen voll verschmutzten Saal zwischen zwei Vorstellungen gründlich zu reinigen, sei dabei so gut wie unmöglich – «vor allem, wenn dann noch Flüssigkeiten im Spiel sind.»
Es sei nicht das erste Mal, dass es in Verbindung mit einem Kinofilm zu einem solchen Vorkommnis komme, erzählt Koch. Zuletzt hätten sich ähnliche Szenen zum Beispiel beim «Minions»-Film abgespielt. Die Kiwi Kinos bestätigen, dass einige Besucherinnen und Besucher damals sogar Reis in den Saal geschmuggelt hätten, nur um ihn dann herumzuschmeissen.
Beim damaligen Trend, er hiess «Gentleminions», mussten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aber quasi outen – denn sie erschienen im Anzug. Beim «Chicken Jockey»-Trend sei es nun aber nicht mehr so einfach, «die Weizen vom Spreu» zu trennen, sagt Koch. Deshalb setze man jetzt auf Kontrolle.
Als weitere Massnahme hänge man ein Plakat an den Saal, in dem Minecraft läuft. Auch in Winterthur macht man nun eine Pausenkontrolle. Ausserdem verkaufe man bestimmte Snacks nicht mehr, um einer möglichen Sauerei so vorbeugen zu können.
Schuld am Ganzen, so ist man sich beim Kinepolis und bei den Kiwi Kinos einig, sei Social Media. Das Phänomen verbreitet sich wie ein Lauffeuer, zum Beispiel auf TikTok, wo gewisse Clips dazu millionenfach angeschaut werden. Dabei überwiege wohl auch in der Schweiz bei manchen der Wunsch, mitzumachen und dazuzugehören, jegliche Hemmungen und Erziehung, so Koch. Dies sei der Fluch der sozialen Medien, die auch ihre guten Seiten hätten.
Weitere Kritik äussert Koch ausserdem am Regisseur des Films, Jared Hess. Dieser würde das Verhalten des Kinopublikums feiern, anstatt es zu verurteilen, was ein falsches Signal sende.
Hess spielte die Ernsthaftigkeit der Angelegenheit auch in einem Interview mit der «Entertainment Weekly» herunter, als er sagte, er fände es lustig, dass sogar die Polizei zu gewissen Vorstellungen gerufen wurde.
Aber wir haben das Bier getrunken und den Saal unverschmutzt wieder verlassen.