Ein SP-Nationalrat sagt: «Die Wahlchancen von Rösti schätze ich als gut ein. So oder so.» Mit «so oder so» ist gemeint: mit oder ohne Nomination.
Vor allem Bundesparlamentarier der rot-grünen Parteien diskutieren zurzeit das Szenario: Albert Rösti könnte von seiner Partei nicht für den Bundesrat vorgeschlagen werden. Die Vereinigte Bundesversammlung wählt ihn dann trotzdem.
Die Politiker sprechen von zwei Fliegen, die man mit einer Klappe schlagen würde: Rösti sei quer durch die Parteien respektiert und gelte als valabler Anwärter. Und: Die SVP könnte in erhebliche Schwierigkeiten geraten, zehn Monate vor den nationalen Wahlen.
Nach der Wahl von Eveline Widmer-Schlumpf in den Bundesrat schrieb die SVP 2008 eine Ausschlussklausel in ihre Statuten: Wer ohne Nomination der Fraktion eine Wahl in den Bundesrat annimmt, ist nicht mehr Mitglied der Partei. Der Ausschluss kann nur rückgängig gemacht werden, wenn zwei Drittel der SVP-Fraktion und des Zentralvorstandes damit einverstanden sind.
Albert Rösti ist aber nicht Eveline Widmer-Schlumpf. Wird er ohne Nomination gewählt, kann die Partei ihn nicht so leicht als Verräter hinstellen. Und die SVP könnte nicht wie nach der Abwahl Blochers einen Geheimplan anprangern, den die anderen Parteien in Berner Hinterzimmern ausgeheckt hätten.
Den Ausschluss Röstis würden an der SVP-Basis viele nicht verstehen. Wie reagiert die Parteispitze dann? Die Volkspartei würde wohl von Turbulenzen erfasst. Diese Vorstellung behagt Politikern in anderen Parteien.
Warum könnte es Albert Rösti verpassen, auf das Ticket der SVP für die Ersatzwahl zu kommen? Christoph Blocher drängte auf seine Absetzung als Parteipräsident, nachdem im Herbst 2019 die SVP 3.8 Wählerprozente eingebüsst hatte.
Auf «Tele Blocher» sagte der Parteivater damals, dass die SVP «ein Sanierungsfall» sei. Das harte Urteil Blochers hing unter anderem mit parteiinternen Streitigkeiten in den SVP-Sektionen der Kantone Aargau und Basel-Stadt zusammen.
Rösti schaffte es nicht, dort dazwischenzugehen. Die Auseinandersetzungen und damit auch die Negativschlagzeilen hielten monatelang an. Einige Parteiexponenten fragten sich, ob Rösti zu weich sei. Nun gibt es die Befürchtung, dass er als Bundesrat sowohl gegenüber den Chefbeamten der Verwaltung als auch gegenüber Vertretern anderer Parteien nicht dezidiert genug auftreten könnte.
Einer, der die Bedenken täglich äussert, ist SVP-Nationalrat Roger Köppel. Auf «Weltwoche daily» erklärt er, dass die Partei nun eine kantige, prinzipienfeste Gestalt in die Landesregierung entsenden sollte. In blumigen Worten hält Köppel fest, wer hingegen weniger geeignet sei.
«Wir brauchen keine Leute, die im Windkanal schön durchgeföhnt sind, ohne grossen Luftwiderstand. Wir brauchen keine wohlgelittenen Salonlöwen, moluskenhafte Anpasser, die im Bundesrat die eine oder andere Richtung einschlagen, je nach Meinungsumfrage und Journalistengunst. Wir brauchen keinen Nice Guy, der immer mit allen auf Vorrat einig ist und dem Hausfrieden zuliebe nichts mehr sagt, weil er das Lebensziel erreicht hat, Bundesrat zu sein.»
Köppel beeilt sich anzufügen, dass er nicht Albert Rösti meine. Dabei drängt sich der Eindruck auf, dass er über niemand anderen spricht.
Ein grüner Parlamentarier vermutet, dass Blocher nun die Kröte Rösti schlucke. Damit würde die Option wahrscheinlich hinfällig, dass das Parlament einen wilden Kandidaten wähle. Ein anderer meint, man müsse abwarten, wen die Partei mit welcher Begründung nominiere. Vielleicht meldeten sich aus der Ost- und der Zentralschweiz doch noch wählbare Anwärter.
Wie reagiert die SVP, wenn Rösti ohne Nomination der Fraktion zum neuen Bundesrat gewählt wird? Parteipräsident Marco Chiesa verweist auf die einzelnen Verfahrensschritte bis zur Wahl am 7. Dezember, vermeidet aber eine klare Antwort.
Auch Rösti gab bei der Ankündigung seiner Kandidatur keine Auskunft auf die Frage, ob er ohne Parteinomination die Wahl in den Bundesrat annähme. Einige Parlamentarier erfüllt es bereits mit Vorfreude, dass sie der SVP nicht an Ostern, sondern zu Weihnachten ein Ei ins Nest legen könnten. (aargauerzeitung.ch)
Man kann mit ihm reden, er flipt nicht gleich aus, er lässt auch andere zu Wort kommen und hört sogar zu, was die sagen. Ich meine, das ist schon recht viel für jemanden von der SVP....
Ein Parteisoldat der versucht di Parteilinie durchzudrücken, ist für unser Modell weltfremd und unangebracht. Dementsprechend sollten Politiker gewählt werden die Lösungsorientiert zusammenarbeiten können.
Dazu gehören nicht all zu viele national politisierende SVP Persönlichkeiten.