Die Schweiz, eine Dunkelkammer. Dieses Bild ist tief verankert – zumindest wenn es um die Transparenz bei der Politikfinanzierung geht. Während Jahrzehnten kannte das Land keine Offenlegungspflichten. Wer wie viel Geld an Parteien oder Kandidaten spendet, blieb im Verborgenen. Trotz scharfer Kritik internationaler Wahlbeobachter.
Doch allmählich kommt mehr Licht ins Dunkel. Vielerorts endet das Zeitalter der Geheimniskrämerei nun überraschend schnell. Im ganzen Land werden die Rufe nach mehr Transparenz lauter; das zeigten die vergangenen Wochen eindrücklich. Ebenso einigte sich das Berner Parlament auf Offenlegungspflichten für die Bundespolitik. Und in Freiburg lässt sich erstmals ganz praktisch beobachten, was gläserne Parteienkassen bedeuten.
Seit Anfang Jahr gilt dort nämlich ein Transparenzgesetz. Unterdessen hat der Kanton, der als zehntgrösster des Landes eine gute Referenz bietet, wichtige Urnengänge hinter sich. Welche Erfahrungen machen die Freiburger?
Vor Wochenfrist konnte die Mitte-Politikerin Isabelle Chassot einen Ständeratssitz für ihre Partei zurückerobern. SP-Mann Carl-Alex Ridoré gelang es nach dem Rücktritt seines prominenten Parteikollegen Christian Levrat nicht, den Sitz erneut ins linke Lager zu holen. Die Wahlkampfkassen der beiden waren ordentlich dotiert: Das Budget von Chassot betrug 135'000 Franken, jenes von Ridoré sogar 148'500 Franken.
Konkret sind Parteien, Verbände und Komitees im Freiburgischen verpflichtet, ihre Kampagnenbudgets zu publizieren, wenn deren Gesamtbetrag 10000 Franken übersteigt. Spenden von Privatpersonen müssen ab 5000 Franken, solche von Firmen und Organisationen ab 1000 Franken offengelegt werden. Die Freiburger Staatskanzlei schaltete dafür eigens eine Website auf.
Die Kampagnen waren ein erster Testlauf bei einer Wahl mit nationaler Ausstrahlung, und sie förderten interessante Details zu Tage. So machte die Linke viel Geld aus ihren Schatullen locker. 115'000 Franken bezahlte die Partei an Ridorés Wahlkampf, die Mittel kamen namentlich aus Mitgliederbeiträgen. Weitere 20'000 Franken stammten aus den Abgaben von Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern, dazu kamen unter anderem Zuwendungen anderer Linksparteien. Der Kandidat selbst steuerte nichts bei.
Anders bei der Mitte: Chassot investierte 30'000 Franken aus ihrem Privatvermögen in den Wahlkampf. Bei der Mutterpartei genoss die Rückeroberung des Ständeratssitzes offenbar höchste Priorität. Denn die Mitte Schweiz überwies ebenfalls 30'000 Franken nach Freiburg. Weitere Spenden stammten von parteinahen Organisationen.
Chassots Unterstützer wiesen lediglich eine private Spende aus: Eine lokale Firma zahlte 1500 Franken an ihren Wahlkampf. Auf über 53'000 Franken summierten sich indes die Zuwendungen, die nicht publizitätspflichtig sind. Daran zeigt sich nicht zuletzt, dass der Spenden-Freibetrag gerade für Privatpersonen mit 5000 Franken eher hoch angesetzt ist.
Interessante finanzielle Verbandelungen legte ein weiterer Freiburger Urnengang offen. Im Juni entschieden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über das «Innovationsquartier» auf einem ehemaligen Brauereigelände. Äusserst knapp genehmigten sie dafür eine Finanzspritze. Die Kampagnenbudgets enthüllten: Im Lager der Befürworter stammten mehrere Tausend Franken von einem Bauunternehmen, das direkt an der Entwicklung des Geländes beteiligt ist. Die Spenden dienten also nicht nur der politischen Landschaftspflege, sondern handfesten Interessen.
Auf Bundesebene einigte sich das Parlament im Juni auf einen indirekten Gegenvorschlag zur sogenannten Transparenzinitiative. Die Lösung ist vergleichbar mit jener des Kantons Freiburg. So müssen künftig ab einer Höhe von 15'000 Franken Beiträge an Parteien, Komitees und Kandidierende offengelegt sowie Kampagnengelder ab 50'000 Franken ausgewiesen werden. Spenden aus dem Ausland sollen verboten werden.
Der Entscheid hat eine Welle der Transparenz ausgelöst. Derzeit überschlagen sich die Meldungen: Soeben zeigte sich die Aargauer Regierung bereit, mehr Licht in die Politkassen zu lassen. Die Forderung stammte diesmal aus freisinniger und nicht aus linker Küche – auch darin spiegelt sich der Mentalitätswandel. Im September stimmte der Zürcher Kantonsrat dafür, dass die Parteien ihre Geldgeber nicht nur auf nationaler Ebene nennen müssen. Gleicher Meinung war im August schon die Basler Regierung.
Bereits beschlossene Sache sind Transparenzvorschriften in Genf, Neuenburg, Schwyz und Schaffhausen. Diese Entwicklung entspreche «dem Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger nach mehr Transparenz», konstatierte jüngst stellvertretend der Aargauer Regierungsrat. Überall scheint die alte Skepsis der Erkenntnis zu weichen, dass Offenheit das Vertrauen in die Institutionen fördert. (aargauerzeitung.ch)
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