Die EU drischt auf uns ein, aber die Welt schätzt die guten Dienste der Schweiz
Lange nicht mehr hatte die Schweiz auf dem internationalen Parkett derart geglänzt: erst der Durchbruch bei den Atomgesprächen mit dem Iran in Genf, dann die syrischen Konfliktparteien an einem Tisch in Montreux. Die Zufriedenheit stand Aussenminister Didier Burkhalter am WEF, das zwischen diese beiden Ereignisse fiel, sichtlich ins Gesicht geschrieben.
Dann am vergangenen Wochenende der jähe Absturz.
Aussenpolitisch wird das Land für absehbare Zeit von der Umsetzung der SVP-Einwanderungsinitiative absorbiert sein. Ob das vielerorts im europäischen Ausland als Abschottung wahrgenommene Votum die Attraktivität der helvetischen Vermittlungsdiplomatie schmälert, wird sich weisen. Fest steht: Die Schweiz hat auf diesem Gebiet viel geleistet.
Aktuelle Initiativen
Syrien
Auf Ersuchen der UNO hat die Schweiz die syrische Opposition mit zwei Workshops bei der Vorbereitung auf die Friedensverhandlungen «Geneva II» unterstützt. Dem Mediator der UNO und arabischen Liga wurden zudem zwei Mediationsexperten zur Verfügung gestellt. Derzeit läuft die zweite Gesprächsrunde in Genf.
Ukraine
Im aktuellen Konflikt zwischen Regierung und Opposition hat die Schweiz, die derzeit den Vorsitz der OSZE innehat, ein Vermittlungsangebot gemacht. Im Bild Aussenminister Burkhalter mit seinem ukrainischen Amtskollegen Leonid Koschara.
Japan - Nordkorea
Auch zwischen diesen beiden asiatischen Ländern mit notorisch angespannten Beziehungen will die Schweiz schlichten. Bei seinem Besuch anlässlich des 150-jährigen Jubiläums diplomatischer Beziehungen mit Japan unterbreitete Aussenminister Burkhalter ein entsprechendes Angebot.
Die Schweiz ist möglicherweise noch in anderen Konflikten engagiert. Wie das EDA betont, bleiben einige dieser Mandate aus Gründen der Diskretion vorerst geheim. Bekannt sind hingegen folgende aus der jüngsten Vergangenheit:
Die Schweiz als Vermittlerin
Myanmar
Die Schweiz unterstützt die Regierung, ethnische Minderheiten und bewaffnete Gruppierungen in der Ausarbeitung eines landesweiten Waffenstillstandsabkommens. Im Bild der Präsident von Myanmar, Thein Sein, mit Aussenminister Didier Burkhalter.
Mali
Ursprünglich wurde die Schweiz von einer der Parteien der Tuareg gebeten, zwischen ihr und der Regierung zu vermitteln. Nach dem Putsch im März 2012 bat Burkina Faso die Schweiz um Unterstützung bei der Mediation. Die Schweiz war schliesslich auch in die Verhandlungen der UNO involviert.
Kolumbien
Die Schweiz hat zwischen der Regierung und der Rebellenbewegung FARC jahrelang vermittelt und verschiedene Abkommen im humanitären Bereich erreicht, vor allem zum Gefangenenaustausch. Im Bild EDA-Abgesandter Jean-Pierre Gontard (zweiter von links),
Türkei - Armenien
Die Schweiz hat die sogenannten Protokolle zwischen den beiden Staaten vermittelt, die von den Aussenministern im Oktober 2009 in Zürich unterzeichnet, aber von den beiden Parlamenten noch nicht ratifiziert worden sind.
Russland - Georgien
Die Schweiz hat in den Verhandlungen zwischen den beiden Staaten vermittelt, die 2008 gegeneinander Krieg führten. Im Bild UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon mit europäischen Aussenministern an den Friedensgesprächen in Genf.
Sri Lanka
Die Schweiz war im Februar und Oktober 2006 Gastgeberin der letzten beiden offiziellen Friedensgespräche zwischen der sri-lankischen Regierung und den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) in Genf, bevor der Konflikt mit Waffengewalt beendet wurde.
Israel - Palästina
Im Rahmen der Geneva Initiative unterstützte die Schweiz Mitglieder der israelischen und palästinensischen Konfliktparteien dabei, ein umfassendes, detailliertes Modell eines Friedensabkommens auszuarbeiten.
Sudan
Die Schweiz vermittelte 2002 das Waffenstillstandsabkommen für die Nubaberge. Im Bild der Schweizer Botschafter für Konfliktbearbeitung Josef Bucher (links) mit Jonathan Danforth, US-Sonderbeauftragter für den Frieden im Sudan,
Nepal
Ein Schweizer Friedensberater hat wesentlich dazu beigetragen, dass zwischen der maoistischen Rebellenbewegung und der Regierung ein Friedensabkommen geschlossen wurde.
Uganda
Ein Schweizer Experte war bei der Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens zwischen der Rebellenbewegung in Norduganda und der Regierung beteiligt.
Die Schweiz als Schutzmacht
Daneben gibt es Länder, deren Unfähigkeit zum gegenseitigen Dialog beinahe in Stein gemeisselt ist. Sie unterhalten keine diplomatischen Beziehungen und entsenden keine Botschafter. In solchen Fällen fungiert ein Drittstaat als sogenannte Schutzmacht, die einen ständigen Kommunikationskanal offen hält. Die Schweiz nimmt derzeit sechs solche Mandate wahr.
USA → Iran
Die Interessenvertretung für die USA im Iran geht auf die Geiselkrise von 1980 zurück. Seither wickelt die Schweizer Botschaft in Teheran ausser Visumgeschäften sämtliche konsularischen Angelegenheiten der USA im Iran ab. Im Bild Aussenminister Burkhalter mit dem iranischen Präsidenten Ruhani.
Iran → Ägypten
Die Schweiz vertritt zudem die Interessen Irans in Ägypten. Die Islamische Republik brach die Beziehungen zum grössten arabischen Land ab, nachdem dieses dem letzten Schah von Iran nach dessen Flucht 1979 Asyl gewährt hatte. Im Bild die damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und Mohammed Mursi 2013 in Kairo.
Kuba ↔ USA
Die Schweiz vertritt die Interessen Kubas in den USA und umgekehrt. Die Entfremdung der beiden Staaten geht auf die Machtergreifung der Kommunisten 1959 und anschliessende Enteignung amerikanischer Unternehmen zurück, worauf die USA mit einem Handelsembargo reagierten, das bis heute Bestand hat. Im Bild US-Präsident Barack Obama mit dem kubanischen Staatschef Raúl Castro an der Mandela-Trauerfeier.
Russland ↔ Georgien
Die Schweiz vertritt die Interessen Russlands in Georgien und umgekehrt. Seit Russland die Unabhängigkeit der beiden Gebiete Abchasien und Südossetien von Georgien anerkannte, sind die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern unterbrochen. Im Bild die Schweizer Botschaft in Moskau.
