Das Wallis steht unter Schock: Ein Amokläufer erschoss am Montagmorgen in Sion zwei Personen und verletzte eine weitere Frau, bevor die Polizei ihn nach einer achtstündigen Grossfahndung in St-Léonard VS fasste. Im Laufe der Woche wurden die Hintergründe der Bluttat publik – das musst du wissen.
Der Täter ist ein 36-jähriger Walliser. Er hat gestanden, wie die Walliser Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte. Mit den beiden Todesopfern lag der Mann im Streit. Beim ersten Opfer handelt es sich um eine 34-jährige Walliserin. Sie wurde auf einem Parkplatz erschossen. Laut Medienberichten soll der Schütze die 34-Jährige wie auch andere Frauen wiederholt belästigt und mit ihr eine Beziehung gewollt haben - sie dagegen nicht. Das zweite Opfer ist ein 41-jähriger Walliser. Er verstarb am zweiten Tatort, einem Malergeschäft, dessen Inhaber er laut der Walliser Zeitung «Le Nouvelliste» war. Der Täter hat einst für den Betrieb gearbeitet.
Für die Staatsanwaltschaft gibt es genügend Anhaltspunkte für eine vorbereitete Tat. Sie hat eine Untersuchung wegen Mordes eingeleitet. Im Vergleich zur vorsätzlichen Tötung verlangt dieser Strafbestand eine «besondere Skrupellosigkeit», die sich etwa in einer minutiösen Planung zeigen kann.
Der Angeklagte sprach in einem Video davon, dass er «das Ding» seit zweieinhalb Jahren plane. Die Aufnahme erreichte den «Nouvelliste» am Mittwoch nach der Tat per Post auf einem USB-Stick.
Im Begleitbrief schrieb der Amokläufer: «Dieses kleine Video habe ich gemacht, um zu zeigen, was ich am Montag tue. Ich heisse nicht gut, was passieren wird.» Im Video versucht der Mann 80 Minuten lang, sein Handeln zu rechtfertigen. Er nennt die Namen der Opfer, wobei er vor allem auf die 34-jährige Frau eingeht. Er beschreibt, dass er als Täter wahrgenommen werde, aber die Rollen in Wirklichkeit vertauscht seien.
Laut Andreas Frei, forensischer Psychiater bei der Psychiatrie Basel-Landschaft, zeugt diese Opferdarstellung «von einer völlig egozentrischen Sicht auf die Tat». Dies lasse auf narzisstische Züge schliessen. Gleichzeitig spreche das Video für eine gewisse Rationalität: «Der Täter war sich bewusst, dass er ein Tabu brechen wird und er sich dafür gegenüber der Öffentlichkeit rechtfertigen muss.»
Der spätere Amokläufer war der Justiz bekannt. Er hat selbst Anzeigen eingereicht, in anderen Fällen war er Beschuldigter. So hat das 34-jährige Opfer den Mann wegen Nötigung angezeigt. Laut dem «Nouvelliste» führte dieses Verfahren zu einer Verurteilung per Strafbefehl, gegen den der Angeklagte Einspruch erhob. Die Frau zog ihre Anzeige in der Folge zurück.
Ein vom männlichen Opfer eingeleitetes Verfahren mündete im September 2023 in einer Verurteilung wegen Beleidigung, Drohungen und unbefugter Aufzeichnung von Gesprächen. Gegen die verhängte Geldstrafe rekurrierte der spätere Mörder.
«Es handelt sich hierbei um scheinbar harmlose Verfahren, von denen einige im Nachhinein in einem anderen Licht erscheinen», sagte der kantonale Oberstaatsanwalt Olivier Elsig zu Walliser Medien. Dass die Tragödie vorauszusehen gewesen wäre, bezweifelt er. Wegen Konflikten zwischen zwei Personen im Mittelwallis würden «jedes Jahr Hunderte Strafbefehle und Einstellungsverfügungen» ausgestellt. Ein einzelnes Verfahren könne nicht als Indikator für eine Problemsituation angesehen werden.
Es sei stets das Gesamtbild entscheidend, sagt Andreas Frei, der im Kanton Basel-Land Mitglied des Bedrohungsmanagements ist. Er nennt drei zu berücksichtigende Parameter: Polizeieinsätze - etwa im Bereich häusliche Gewalt -, eingereichte Strafanzeigen und den Auftritt des möglichen Gefährders in den sozialen Medien. Zum konkreten Fall in Sion will sich Frei nicht äussern, doch allgemein sagt er: «Wenn jemand mehrfach durch Stalking auffällt oder von verschiedenen Personen angezeigt wird, sind das Warnsignale.» In solchen Fällen gelte es, genauer hinzuschauen und abzuklären, ob der Besitz von Waffen verantwortbar sei.
Laut der Kantonspolizei Wallis waren bei der Ausstellung des Waffenscheins 2017 die Bedingungen des Bundesgesetzes über Waffen erfüllt. Es verbietet den Waffenbesitz für Personen, deren Vorstrafenregister eine «gewalttätige oder gemeingefährliche» Handlung enthält. Beim späteren Todesschützen stand nur eine Verurteilung wegen Verweigerung des Militärdienstes zu Buche. (aargauerzeitung.ch)
Es muss immer zuerst das schlimmste passieren bevor jene geschützt werden die einfach in Ruhe leben wollen. Pech dann für uns, insbesondere meiner Frau. Die geht nicht mehr ins Dorf oder dem Bahnhof. Es braucht keine Waffe. Ein Messer im Rücken. Ein schubser am Bahngleis.
Die Gefahr ist wie man hier sieht, bei solchen Menschen auch nach Jahren real. Und Opfer ist man vorher schon.
Rhetorische Frage: Warum die "Behörden"? Warum nicht auch sein Umfeld?
Das ist die Kehrseite unseres Rechtsstaates, die wir wohl in Kauf bzw. akzeptieren müssen. Bei uns gilt "Es ist besser, dass zehn Schuldige entkommen, als dass ein Unschuldiger verfolgt wird." (Sir William Blackstone). Die Folge davon ist leider, dass wirklich hin und wieder ein Schuldiger durch die Maschen der Justiz schlüpft.
Ich bin auch Schütze, wir trainieren einmal pro Monat und bestehen aus aktiven wie ehemaligen Polizisten, Personenschützer und Militärs und keiner von uns hatte jemals ein Verfahren wegen Nötigung usw.
Es kann sein dass solche Verfahren an der Tagesordnung sind, trotzdem darf eine solche Person keine Waffe besitzen, Punkt.