Die «Zukunft der Medizin» beginne im neuen GLC-Gebäude, jubelte die ETH Zürich vor einem Jahr. Doch hinter den Kulissen wird nicht gefeiert, sondern gestritten. Seit Monaten tobt eine Schlammschlacht um den Bau im Zürcher Hochschulquartier zwischen der ETH und ihrem Generalunternehmer Steiner.
Steiner machte im Sommer 2024 Schlagzeilen: Dem Unternehmen ging das Geld aus. Seither ist es in Nachlassstundung. Begründet wurde die Pleite mit «unvorhersehbaren Entwicklungen im Zusammenhang mit einigen wenigen Bauprojekten» – etwa der Neubau für das Spital Wetzikon ZH. Im Mai 2024 hatte Steiner dort den Generalunternehmer-Vertrag gekündigt, angeblich weil das Spital Zahlungen nicht geleistet habe. Das Spital bestreitet dies vehement.
Die Verantwortlichen von Steiner machen aber auch den Fall des GLC-Gebäudes für ihre Situation verantwortlich. Das zeigen Gespräche, die CH Media mit Insidern geführt hat. Namentlich zitieren lassen wollen sie sich nicht. Es geht um viel Geld: Etwa 100 Millionen Franken Volumen hatte der Auftrag, ausbezahlt wurden von der ETH rund 111 Millionen Franken. Investiert habe Steiner rund 160 Millionen Franken, heisst es. Ausstehende Gesamtforderungen von rund 30 Millionen Franken würden nun von der ETH eingefordert.
Dass Bauprojekte teurer werden als abgemacht, ist nicht unüblich – und auch nicht, dass es zu harten Nachverhandlungen und Streitigkeiten kommt. Die Verantwortlichen von Steiner werfen der ETH aber zwei Dinge vor: Erstens, dass die Mehrkosten vor allem wegen dem Generalplaner entstanden seien, den diese beauftragte. In dessen «verspäteter und mangelhafter Ausführungs- und Koordinationsplanung» und dem dafür nicht adäquaten Nachtragswesen liege «das Grundübel des Bauvorhabens», heisst es in einem Schreiben, das CH Media einsehen konnte.
Zweitens verweigere die ETH jedes Gespräch – und zwar entgegen den Abmachungen. Im Werkvertrag hatten sich beide Parteien auf ein «Eskalationsmodell» geeinigt. Dieses sieht vor, dass bei Uneinigkeiten partnerschaftlich Lösungen gesucht werden.
Seit fast zwei Jahren streiten Steiner und die Hochschule um Nachforderungen, welche die ETH ablehnt. Im März 2024 schlug die damalige Steiner-Führung in einem Gespräch mit der ETH-Spitze und weiteren Beteiligten erstmals eine Moderation vor. Später wiederholte Steiner dieses Anliegen, wie diversere Schriftwechsel belegen.
Die ETH schlug diese Angebote mehrfach aus mit der Begründung, diese seien «nicht zielführend». Zuerst müsse Steiner Mängel beheben und Nachtragsforderungen «prüfungsfähig» einreichen. Aufgrund der ETH-Gesprächsverweigerung sei man seit April 2024 gezwungen, über Anwälte zu kommunizieren, heisst es bei Steiner. Die ETH hat die Kanzlei Baur Hürlimann mandatiert, Steiner die Kanzlei CMS. Die Anwälte dürften mittlerweile Kosten in Millionenhöhe auf beiden Seiten verursacht haben.
Doch warum will die ETH nicht reden? Die Steiner-Leute vermuten, dass die Hochschule darauf spekuliert, dass das Bauunternehmen eine Klage nicht finanzieren könnte. Steiner argumentiert, dass die ETH das Baumanagement ihrer Immobilien nicht im Griff habe. Darauf weise bereits ein 2019 veröffentlichter Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle hin.
Im Frühling musste der Präsident des ETH-Rats, Michael Hengartner, in der nationalrätlichen Finanzkommission, die als Aufsichtskommission gegenüber der ETH fungiert, zum Fall Auskunft geben. Dabei wurde er laut Insidern mit der Frage konfrontiert, warum die ETH Steuergelder für Anwälte einsetze, statt eine pragmatische Lösung im Streitfall zu finden.
Der Streit um das GLC-Gebäude sei mit ein Grund dafür, dass Steiner in Nachlassstundung geraten ist, heisst es aus dem Umfeld der Firma. Die ETH habe «übereilt» eine Bankgarantie in der Höhe von rund 8 Millionen Franken gezogen. Sie habe sich später mit Verweis auf ihre Gegenforderungen geweigert, die fraglichen 30 Millionen Franken für geleistete Arbeiten eingehend zu prüfen und anzuerkennen.
Ein Steiner-Insider sagt, die Haltung der Hochschule treffe auch KMU, die am Bau mitgewirkt hätten. Nicht alle ihrer Forderungen wurden von Steiner bisher beglichen.
Die ETH bestreitet dies. Ihre Zahlungen würden nämlich nicht automatisch bei den KMU landen, denen Steiner etwas schuldet. Das liegt an einer Reihe von Transaktionen, die Steiner seit Beginn der Nachlassstundung durchgeführt hat.
Das Generalunternehmer-Geschäft der Steiner AG befindet sich in der Nachlassstundung. Der Bereich Immobilienentwicklung wurde in die neue Steiner Development AG überführt. Die Steiner Development AG und die neue Auffanggesellschaft Steiner Eagle AG, die strittige Forderungen wie jene des GLC-Gebäude oder des Spital Wetzikon übernahm, wurden im Paket an das Westschweizer Unternehmen M3 Immobilier verkauft. Dieses wiederum verkaufte die Steiner Eagle AG, die mittlerweile in H56 Immo AG umbenannt wurde, zurück an die ehemaligen indischen Aktionäre der Steiner AG.
ETH-Sprecherin Franziska Schmid sagt, dass jeder Franken, den die Hochschule bezahlen würde, nicht der Steiner AG und deren zahlreichen Gläubigern und Subunternehmern zugutekäme, sondern alleine der H56 Immo AG und deren indischen Aktionären.
Die ETH stellt sich auf den Standpunkt, dass es vonseiten Steiner nichts zu fordern gebe. Alle geleisteten Arbeiten seien bezahlt worden. 29 Millionen Franken mache Steiner nicht für geleistete Arbeiten geltend. Vielmehr handle es sich um «nachträglich konstruierte Zusatzforderungen». Die ETH und externe Sachverständige gingen davon ausgehen, dass diese «in keiner Art und Weise berechtigt sind», so Schmid.
Die ETH bedaure, dass Subunternehmer nicht bezahlt worden seien. Das sei aber kein Verschulden der Hochschule. Ganz im Gegenteil. Die ETH habe im Dezember 2023 im Rahmen einer zusätzlichen Vereinbarung einen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht fälligen Betrag von 11,1 Millionen Franken vorzeitig an Steiner ausbezahlt. Trotzdem habe Steiner danach die Subunternehmer-Forderungen offenbar nicht beglichen.
Die ETH bestreitet nicht nur die Forderungen, sondern will umgekehrt von der Steiner AG 38,4 Millionen Franken zurück. Dieser Betrag geht laut Schmid auf nicht behobene Mängel, Minderwertkosten oder zu befürchtende Schäden zurück. Die ETH habe sich «stets vollumfänglich vertragskonform verhalten und wird dies auch inskünftig so handhaben».
Einen konkreten Vorschlag eines Streitbeilegungsverfahrens habe Steiner nie gemacht. Und durch die selbst gewählte Konstruktion mit der Steiner AG und der H56 Immo AG würde ein solches auch «erheblich erschwert». Aus dem Umfeld der ETH heisst es, Steiner gehe es mit den Gesprächsangeboten wohl lediglich darum, von der Pflicht abzulenken, ihre Forderungen auch zu belegen.
Der Streit zwischen der Hochschule und der Pleite-Baufirma dürfte sich noch Monate, wenn nicht Jahre hinziehen. Immerhin: Für zwei Wirtschaftskanzleien wird er zum guten Geschäft – und im GLC-Gebäude kümmern sich Forscherinnen und Forscher unbeeindruckt davon um die «Zukunft der Medizin». (aargauerzeitung.ch)
Unsere Firma hat nur sehr schlechte Erfahrungen mit Steiner/HCC gemacht und wir haben uns Entschieden, keine Ausschreibungen von Steiner mehr zu rechnen. Egal ob es grosse Aufträge wären.
Und bitte, Steiner ist ein GU = Generalunternehmer und keine Baufirma. Die vermitteln und kassieren, produzieren selbst nichts.
Aber aks Bauherr kommt man fast nicht raus ohne weitere zusätzliche Kosten oder Bauverzögerung.
160mio statt 100mio sind schon fast frech.