Der Job gehört zu den undankbarsten in der Schweizer Politik: Gesucht ist ein neuer Präsident oder eine neue Präsidentin der FDP, jener Partei, die kantonale Wahlen seriell verloren hat und in zwei wesentlichen Fragen, der Europa- und der Klimapolitik, tief gespalten ist.
Doch die Findungskommission unter der Leitung der abtretenden Baselbieter Kantonalpräsidentin Saskia Schenker kann kurz vor Ablauf der Eingabefrist (15. August) feststellen: Das Interesse an dem Spitzenjob, der mit 50'000 Franken pro Jahr eher bescheiden entlöhnt wird, ist gar nicht so klein.
Vor zwei Wochen gab der St.Galler Nationalrat und Unternehmer Marcel Dobler in dieser Zeitung bekannt, dass er Parteichef werden wolle. Allerdings nicht allein, sondern mit einem Co-Präsidenten oder einer Co-Präsidentin aus der Westschweiz. Ständerätin Johanna Gapany (FR) und Nationalrätin Jacqueline de Quattro (VD) wurden als mögliche Co-Kandidatinnen ins Spiel gebracht. FDP-Frauenpräsidentin Susanne Vincenz-Stauffacher (SG) wiederum schliesst eine Alleinkandidatur nicht aus.
Die bisher kolportierten Namen genügen einigen freisinnigen Schwergewichten nicht. Sie suchen nach weiteren Kandidaten. Sogar amtierende und ehemalige Bundesratsmitglieder wurden aktiv. Sie machen sich Sorgen über die Zukunft der FDP. Und so stehen nun zwei neue Namen auf der Nachfolge-Liste für Petra Gössi: Thierry Burkart (45), Ständerat aus dem Aargau, und Damian Müller (36), Ständerat aus Luzern.
Weder Burkart noch Müller wollen sich äussern. Recherchen der «Schweiz am Wochenende» zeigen aber: Beide Politiker stehen im Kontakt mit der Findungskommission. Und beide verfolgen eine ähnliche Taktik. In internen Gesprächen sagen sie, sie wollten nicht Präsident werden. Aber wenn man sie unbedingt wolle, dann sei das nicht ausgeschlossen.
Ein Co-Modell wie bei Dobler ist für Burkart und Müller kein Thema. Offenbar ist dieses Modell in der Wirtschaftspartei vom Tisch. Ein Jobsharing passe besser zur SP, die eine Doppelspitze hat, als zur FDP, in der die «ungeteilte Verantwortung» gelten müsse. So formuliert es ein freisinniger Doyen.
Statt einer Co-Präsidentin schwebt Burkart und Müller vor, je ein «starkes Team» zusammenzustellen, bestehend aus Vizepräsidiumsmitgliedern, welche die Westschweiz und die Frauen repräsentieren.
Beide behalten sich vor, sich noch zurückzuziehen, sollten ihre Bedingungen und Vorstellungen nicht realisierbar sein.
Da sie «gebeten» wurden und sich nicht selber ins Spiel brachten, haben sie nichts zu verlieren und können Forderungen stellen. Eine davon: Der Job muss mit ihren beruflichen Tätigkeiten vereinbar sein. Also kein 100-Prozent-Pensum.
Damit hat es sich aber mit den Gemeinsamkeiten.
Hinter Burkart, der zum Mitte-rechts-Lager zählt, steht gemäss Recherchen keine Geringere als FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Ausserdem hat der Aargauer Sukkurs aus der Westschweiz. Die aufstrebende, erst 33-jährige Freiburgerin Johanna Gapany soll Burkart und nicht etwa Dobler unterstützen.
Müller wiederum wird vom proeuropäischen Flügel der FDP gestützt. Die langjährigen Nationalratsmitglieder Doris Fiala (ZH), Christa Markwalder (BE) und Hanspeter Portmann (ZH) wünschen sich Müller als Präsidenten. Der Luzerner hat sich in Gesprächen bemüht, nicht als «linksliberale» Alternative zum klar bürgerlichen Burkart zu wirken. Er betonte, in vielen Fragen stehe auch er klar rechts der Mitte, etwa in der Migrationspolitik.
Hinter den Kulissen tobt zwischen Burkart und Müller ein Konkurrenzkampf. Beide gelten als kommende starke FDP-Figuren und sehen sich als Wettbewerber, sagen Fraktionsmitglieder.
Müllers Unterstützer, so hört man, schreckten auch nicht vor «Negativ-Campaigning» zurück. Aus diesen Kreisen stammten anonyme Stimmen, die am Freitag im «Blick» Burkart als Mann beschrieben, der Beschlüsse von FDP-Delegierten, etwa zum Ökokurs, «ignorieren» könne. (bzbasel.ch)