Er sei «besorgt», gibt Renato Werndli zu. Er ist einer der Initianten hinter der Tierversuchsverbotsinitiative. Diese soll, so zumindest der aktuelle Plan, im November beim Bund eingereicht werden. Beunruhigt ist Werndli wegen des Skandals um die gekauften Unterschriften.
«Auch wir haben Unterschriften gekauft», sagt Werndli. Wie viele genau kann er nicht sagen. «Sicherlich aber mehrere 10'000». Derzeit haben die Initianten 94'000 bescheinigte Unterschriften, die Hürde für das Zustandekommen liegt bei 100'000 gültigen Unterschriften.
Rund 16'000 weitere Unterschriften sind momentan bei den Gemeinden und werden auf ihre Richtigkeit geprüft. Normalerweise ein genügendes Polster. Nach der Veröffentlichung der Fälschereien bangt Werndli nun aber. Einerseits davor, dass unter den nun zu prüfenden Unterschriften noch derart viele ungültig sind, andererseits davor, dass bei einer Nachkontrolle noch weitere Fehler gefunden werden.
Am Ende komme es auf jede gültige Unterschrift an, ob das Schweizer Volk dereinst - bereits zum zweiten Mal - über ein Verbot von Tierversuchen abstimmen kann. Die Grenze von 100'000 Unterschriften sei für einen kleinen Verein wie die «IG Tierversuchsverbots-Initiative» alleine ganz einfach «schlicht nicht stemmbar».
Deshalb haben sie sich Hilfe gesucht. Eben bei Organisationen, die Signaturen gegen Cash versprechen. Sie hätten sich an zahlreiche verschiedene Institutionen gewendet. Darunter Incop, die im Fokus der jüngsten Enthüllungen steht. Aber auch kleinere Firmen in der Deutschschweiz, «die einen ganz seriösen Eindruck gemacht haben». Sie seien auch nie davon ausgegangen, dass hier geschummelt oder getrickst werde.
Anfänglich, so Werndli, seien die Angebote ziemlich günstig: «Da wird man auch mal mit 2 Franken pro Unterschrift geködert.» Je näher der Endpunkt der Unterschriftensammlung kommt - insgesamt bleiben 18 Monate Zeit -, desto höher der Preis. Er spricht von sieben, acht Franken. «Die merken natürlich auch, dass wir unbedingt auf sie angewiesen sind», sagt Werndli. Kommt die Initiative nicht auf 100'000 Unterschriften, ist «der ganze ideelle und der ganze monetäre Aufwand einfach kaputt».
Verdacht, dass bei den bezahlten Sammlern nicht alles mit rechten Dingen zu- und hergeht, bekam die IG in den letzten Wochen. Die Anzahl an ungültigen Unterschriften häufte sich und am Ende hat sich auch die Bundespolizei bei den Initianten erkundigt, ob sie mit einzelnen Firmen zusammenarbeiten. «Da sind wir schon erschrocken», sagt der Arzt aus der Ostschweiz.
Hinter dem Vorgehen, Unterschriften zu kaufen, steht er nach wie vor. «Ohne diese Möglichkeit wären wir chancenlos», sagt Werndli. Ohne eine Partei oder einen mächtigen Verband im Rücken seien die Strukturen und die Adressdatenbanken zu klein. Damit eine nationale Initiative gelingen könne, brauche es auch zahlreiche Mitarbeitende. Diese habe die IG schlicht nicht. Zwar seien sie ab und an auf die Strassen sammeln gegangen, aber das mit einem kleinen Team. Da könne kaum was bewirkt werden.
«Riesige Ressourcen» habe das Unterschriftensammeln und -kaufen verschlungen. Allerdings sei es deutlich einfacher, Spendengelder als freiwillige Sammler zu finden. «Ein Verbot von bezahlten Unterschriften fände ich darum komplett falsch», sagt Werndli.
Gerade für «kleine Gruppierungen mit Minderheitenanliegen» wie dem Tierversuchsverbot sei die Initiative ein wichtiges Instrument, um sich Gehör zu verschaffen. Erst mit einem Zustandekommen komme das Thema richtig auf das politische Parkett. «Wir haben beim letzten Mal bereits im Abstimmungskampf Zugeständnisse der Bundesverwaltung bekommen», sagt Werndli. Einzelne kleine Anliegen aus dem Initiativtext wurden erfüllt, auch wenn die Abstimmung am Ende deutlich verloren ging.
Das wäre wohl auch dieses Mal so, gibt Werndli zu. Aber gebe es nur einige Verbesserungen für die Tiere, lohne sich dieser Aufwand alleweil. Ob es so weit kommt, liegt nun in den Händen der Prüfer.
Eins kostet Demokratie sicherlich: Nerven.
(bzbasel.ch)
Hat man eine Basis, dann kann man eine Initiative lancieren, denn im Abstimmungskampf hat man es dann mit eingespielten Verbänden zu tun.
Findet man niemand, dann wird es auch an der Urne nix.