Schweiz
Gesellschaft & Politik

Nachfolge von Amherd: SP bringt GLP-Ständerätin Tiana Moser ins Spiel

Mitte findet keine Bundesrats-Kandidaten – deshalb bringt die SP eine GLP-Frau ins Spiel

Eine Absage nach der anderen, keine Frau auf dem Ticket. Nun warnen Sozialdemokraten die Mitte: Schlage die Partei einzig Bauernpräsident Markus Ritter für den Bundesrat vor, könnte die SP im März der grünliberalen Ständerätin Tiana Moser den Vorzug geben.
01.02.2025, 08:4701.02.2025, 12:09
Francesco Benini, Stefan Bühler, Othmar von Matt / ch media
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Am kommenden Montag läuft die Meldefrist ab. Ein einziger Mitte-Politiker, Bauernpräsident Markus Ritter, hat bisher seine Ambition auf das Bundesratsamt angemeldet. Die Mitte gibt derzeit ein Bild der Verzagtheit ab. Das gilt auch für die Frauen-Sektion der Partei.

Nationalrat Markus Ritter spricht an einer Medienorientierung der Mitte des Kantons St. Gallen zu seiner Kandidatur fuer den Buendesrat, am Dienstag, 28. Januar 2025, in St. Gallen. (KEYSTONE/Gian Ehr ...
Bislang gibt es nur ihn: Am Dienstag gab Markus Ritter seine Kandidatur als Bundesrat bekannt.Bild: keystone

Nachdem Bundesrätin Viola Amherd Mitte Januar ihren Rücktritt angekündigt hatte, forderten die Frauen: Auf dem Kandidatenticket dürften nicht nur die Namen von Männern stehen.

Dann nahm sich Ständerätin Isabelle Chassot aus dem Rennen. Die Freiburger Juristin hatte 2024 die Parlamentarische Untersuchungskommission zur Notfusion der Credit Suisse geleitet und einen soliden Bericht abgeliefert. Chassot galt im Bundesparlament als valable Anwärterin auf einen Sitz in der Regierung. Aber sie will nicht.

Auch Ständerätin Heidi Z'graggen und mehrere Regierungsrätinnen erklärten ihr Desinteresse. Am Freitagnachmittag gab nun Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger bekannt, dass sie nicht kandidiere. Einige Mitte-Politikerinnen reagierten enttäuscht auf diesen Verzicht – sie hatten gehofft, dass Gmür-Schönenberger für die Frauen der Partei die Kastanien aus dem Feuer hole.

Plötzlich wollen alle mit Nicole Barandun sprechen

Was nun? Es gibt nicht mehr viele Optionen. Wie man hört, wird Nationalrätin Nicole Barandun von verschiedener Seite zu einer Kandidatur ermuntert. Die 56-jährige Zürcher Rechtsanwältin ist aber erst seit Ende 2023 Mitglied der grossen Kammer.

Nicole Barandun, Nationalraetin (Die Mitte/ZH), Stiftungsraetin der Stiftung Bauen und Wohnen, spricht waehrend einer Medienkonferenz zu Wohnungsknappheit, am Donnerstag, 20. Juni 2024 in Bern. Der ne ...
Nicole Barandun: Steigt sie noch ins Rennen ein?Bild: keystone

Noch nicht erklärt hat sich auch Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter. Die 60-jährige Baselbieterin versuchte es allerdings schon einmal: 2018 schaffte sie es nach dem Rücktritt von Doris Leuthard nicht, von ihrer Fraktion für den Bundesrat nominiert zu werden.

Nationalraetin Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte-BL, spricht an einer Medienkonferenz von der Allianz fuer die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer, am Donnerstag, 11. Mai 2023 in Bern. (KEYSTONE/Antho ...
Elisabeth Schneider-Schneiter war bei ihrem letzten Anlauf in den Bundesrat erfolglos.Bild: keystone

Auch drei Männer haben ihre Karten noch nicht auf den Tisch gelegt. Der Walliser Staatsrat Christophe Darbellay und der Zuger Regierungsrat Martin Pfister wollen am Wochenende die Medien orientieren. Darbellay ist als vormaliger CVP-Präsident und Nationalrat viel bekannter.

Darbellay gilt bei vielen SVP-Parlamentariern als unwählbar, weil er 2007 zusammen mit der SP die Abwahl Christoph Blochers aus dem Bundesrat organisierte. Zur Fraktion der Sozialdemokraten unterhält Darbellay nach wie vor gute Kontakte.

Zwei Tage vor dem Ablauf der Meldefrist ist es also möglich, dass sich aus der Mitte keine weiteren Bewerberinnen und Bewerber für den Bundesrat melden. Es ist vor allem unsicher, ob eine Frau ins Rennen steigt. Die Mitte muss dem Bundesparlament möglicherweise ein Einerticket unterbreiten.

Unter Parlamentariern anderer Fraktionen ist es bereits ein Thema: Wie soll man reagieren, wenn die Mitte einen Einervorschlag präsentiert? SP-Nationalrat Roger Nordmann sagt: «Eine Einerkandidatur ist für uns nicht akzeptabel. Das würde für uns bedeuten: Wir sind frei, zu tun, was wir wollen. Dann käme für uns sogar ein Bundesratsmitglied der Grünliberalen infrage.»

Nationalrat Roger Nordmann, SP-VD, spricht an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 16. September 2024, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Für Roger Nordmann ist ein Einerticket nicht akzeptierbar.Bild: keystone

Die Aussage des vormaligen Fraktionschefs der Sozialdemokraten ist bemerkenswert. Die Mitte erzielte in den Wahlen von 2023 einen Wähleranteil von 14,1 Prozent, die Grünliberalen kamen auf 7,6 Prozent. Trotzdem scheint Nordmann nicht abgeneigt, den Regierungssitz der Mitte an die GLP zu übertragen – weil er inhaltliche Vorbehalte gegen den Mitte-Bewerber Markus Ritter hegt.

Das wäre die Aufgabe des Konkordanzsystems. Es sieht vor, dass die sieben Sitze in der Exekutive der Schweiz auf die wichtigsten Parteien nach ihrer Wählerstärke aufgeteilt werden. Der Mitte ein Mandat wegzunehmen und es der GLP zu geben, wäre ein Bruch dieses Prinzips.

In der SP ist trotzdem der Name der grünliberalen Zürcher Ständerätin Tiana Angelina Moser gefallen. Einige Parlamentarier der Fraktion finden: Schlägt die Mitte für die Bundesrats-Ersatzwahl von Mitte März einzig Markus Ritter vor, müsse man Moser als Gegenkandidatin prüfen.

Tiana Angelina Moser, GLP-ZH, aeussert sich zur Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit, an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 11. September 2024 im Staenderat in Bern. (KE ...
Tiana Angelina Moser sitzt derzeit für den Kanton Zürich im Ständerat.Bild: keystone

Den Grünliberalen sind die Avancen der SP nicht geheuer

Was sagen die Grünen? Parteipräsidentin Lisa Mazzone erklärt: «Wir erwarten von der Mitte, dass sie sich an die stille Abmachung der Bundesratsparteien hält, mehrere Personen auf das Ticket zu nehmen – unter ihnen auch eine Frau.»

Auch in der grünen Fraktion sind Stimmen zu hören, wonach ein Einervorschlag der Mitte die Wahl eines wilden Kandidaten begünstigen könnte. Es ist aber nicht davon die Rede, dass ein Politiker aus einer anderen Partei in den Bundesrat gewählt werden könnte.

Der Fraktionschef der FDP, Damien Cottier, meint: «Wir verlangen von der Mitte eine Auswahl an qualifizierten Kandidierenden, wie das die Bundesratsparteien seit einiger Zeit bei Bundesratswahlen praktizieren.» Biete die Mitte diese Auswahl, fühle sich die FDP-Fraktion an das Ticket gebunden. Biete sie keine Auswahl, werde die Fraktion entscheiden, was sie tue. «Was zu hundert Prozent klar ist: Dieser Sitz gehört der Mitte.»

Nationalrat Damien Cottier, FDP-NE, spricht an der Delegiertenversammlung der FDP Die Liberalen Schweiz, am Samstag, 18. Januar 2025 in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Auch Damien Cottier ist von der momentanen Lage nicht überzeugt.Bild: keystone

Wie reagieren die Grünliberalen darauf, dass sie nach der Vorstellung einiger Sozialdemokraten in sechs Wochen in den Bundesrat einziehen könnten? Parteipräsident Jürg Grossen winkt ab. «Es ist unbestritten, dass dieser Sitz der Mitte gehört», sagt er.

Die Mitte-Partei steht nun unter Druck: Bis am Montag braucht sie weitere Kandidaten für den Bundesrat. Viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier erwarten, dass eine Frau auf das Ticket kommt. Schafft es die Mitte nicht, neben Markus Ritter weitere wählbare Anwärter aufzubieten, droht der Partei die Wahl eines wilden Kandidaten. Das Bundesparlament könnte jemandem den Vorzug geben, der sich in den vergangenen Wochen aus dem Rennen genommen hat.

Eine wilde Wahl würde den Eindruck entstehen lassen, dass der Mitte-Leitung die Kontrolle über eine sehr wichtige Angelegenheit entglitten ist. Die Parteispitze wird versuchen, das zu verhindern. (aargauerzeitung.ch)

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209 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ingmarbergman
01.02.2025 09:05registriert August 2017
Jetzt den Mitte-Sitz den Grünliberalen geben und beim nächsten FDP-Sitz kriegt die Mitte den ihr zustehenden Sitz wieder.
So hätte das ganze Land gewonnen: Ritter verhindert, FDP/SVP-Blockade durchbrochen..
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Geri Gagarin
01.02.2025 09:10registriert Februar 2023
Der Ritter währe für mich persönlich eine Katastrophe ich finde denn noch den schlimmeren Lobbyisten als den Rösti. Und der würde sicher nicht im VBS bleiben.
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Jacques #23
01.02.2025 09:15registriert Oktober 2018
Diese Idee hatte ich gestern auch und ich unterstütze sie. Die Mitte kann Cassis Sitz als ihren Sitz holen, wenn sie keine fähigen Kandidatinnen stellt.

Ritter ist ein dritter SVP Kandidat. Mann, St Gallen, Bauer, Baby Boomer, überall überzählig und nicht wählbar, wenn man die Ausgewogenheit und den Ausgleich in der Regierung wünscht und das ist nun mal das Schweizer System.

Wenn man ein europäisches System einführen möchte mit Oppositionsblock, dann kann man Ritter wählen.
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