
Der F-35-Skandal enthüllt das wahre Problem des Schweizer Militärs, meint der Sozialdemokrat Samuel Bendahan.Bild: watson
Röstibrücke
Der Bundesrat beschloss 2022 die Anschaffung von 36 Kampfflugzeugen für sechs Milliarden Franken. Es wird jedoch erwartet, dass diese mindestens 1,3 Milliarden Franken mehr kosten. Samuel Bendahan, Waadtländer SP-Nationalrat, prangert die Haushaltsfreiheit der Armee an.
06.07.2025, 11:4306.07.2025, 12:43
Samuel Bendahan
Viele Parlamentarier behaupten, die Finanzlage des Bundes sei besonders angespannt und es müssten Einsparungen vorgenommen werden: Sollte das Parlament diesen Kurs beibehalten, bedeutet dies Milliardenverluste für Bevölkerung und Mittelstand. Doch es gibt eine Institution, die sich jeglicher Rationalität, Kontrolle, Konsequenz und Sorgfalt bei der Verwaltung öffentlicher Gelder widersetzt: die Armee.
Das nennen wir Doppelmoral: Man wählt das, was einem am besten gefällt, und wendet nicht die gleichen Regeln an wie auf alles andere. Tatsächlich lieben die Machthaber die Armee und die Kampfjets und glauben ideologisch, dass die Anschaffung der F-35 das Beste für das Gemeinwohl sei – wen kümmern schon die Kaufkraftprobleme der Bevölkerung.
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Jeden Sonntagmorgen lädt watson Persönlichkeiten aus der Romandie ein, um aktuelle Ereignisse zu kommentieren oder ein Thema ins Licht zu rücken, das sonst zu wenig Beachtung findet.
Mit dabei: Nicolas Feuz (Schriftsteller), Anne Challandes (Schweizer Bauernverband), Roger Nordmann (Berater, ehem. SP-Nationalrat), Damien Cottier (FDP), Céline Weber (GLP), Karin Perraudin (Groupe Mutuel, ehem. CVP), Samuel Bendahan (SP) und die QoQa-Otte.
Das IT-Management der Schweizer Armee ist mit seinen Kostenüberschreitungen, Verzögerungen und Totalausfällen bezeichnend: Allein sieben Projekte im Gesamtwert von 19 Milliarden Franken, von denen keines wie geplant verläuft.
Doch damit nicht genug: Zwischen den aus Israel bestellten, nicht funktionierenden Drohnen (im Wert von Hunderten von Millionen), den Skandalen und Betrügereien bei Ruag und natürlich den explodierenden Kosten der F-35 hätte keine andere Organisation, ob öffentlich oder privat, Anspruch auf eine solche Nachsicht angesichts der vielen zum Fenster hinausgeworfenen Gelder gehabt.
Und wofür? Umsonst, denn all diese Projekte haben keinerlei positive Auswirkungen auf die Sicherheit unseres Landes, die zu einem grossen Teil von unserem Umfeld und unserer Fähigkeit abhängt, auf nachgewiesene Risiken zu reagieren.
Eines ist an der F-35-Affäre besonders ärgerlich: die mangelnde Rechenschaftspflicht der Verantwortlichen. Im Internet kursieren Videos, die zeigen, wie Parlamentarier und Verantwortliche der Öffentlichkeit versprochen haben, wir würden von Festpreisen für diese Kampfjets profitieren. Heute ist klar, dass das nicht stimmt. Das ist okay: Die Erzählung ändert sich. Armeeführungen sagen nun, wir bräuchten doch nicht so viele Flugzeuge, aber wir müssten sie um jeden Preis kaufen, und zwar von Trump, koste es, was es wolle, trotz der massiven Sicherheits- und Souveränitätsrisiken.
Wir rühmen uns der direkten Demokratie, und das ist ein immenser Reichtum unseres Landes. Aber in diesem Fall wurde ihr Unrecht getan. Zuerst werden während einer Volksabstimmung Versprechungen gemacht, während man es unterlässt, das Flugzeug, das gekauft werden soll, auf den Tisch zu legen. Dann wählt man das in jeder Hinsicht am wenigsten rationale Flugzeug aus, und als 2022 eine Initiative lanciert wird, die verlangt, dass das Volk über die Wahl des Flugzeugs abstimmt, unterzeichnet der Bundesrat Ninja-mässig die F-35-Verträge, bevor über die Initiative abgestimmt werden kann.
Schliesslich, nachdem die Debatte totgeschwiegen wurde, heisst es, dass letztlich alles, was der Bevölkerung versprochen worden war, Unsinn war, und man hofft, dass die Menschen es so akzeptieren werden.
Jeder glaubt, dass Sicherheit eine wichtige Investition ist. Aber die Ausgaben in diesem Bereich müssen unbedingt mit der gleichen Strenge bewertet werden wie in anderen Bereichen. Wenn wir das tun, können wir effektiv in die tatsächliche Sicherheit der Bevölkerung im weitesten Sinne investieren, anstatt in extrem teure Waffen, die keine Antwort auf die geopolitischen Herausforderungen sind, denen wir uns gegenübersehen.
Eines ist sicher: Eine Armee, die einen Skandal nach dem anderen produziert, muss die Konsequenzen tragen, sonst wird es jedes Jahr so weitergehen, und die Bevölkerung des Landes wird sowohl in Bezug auf die geschwächte Sicherheit als auch in finanzieller Hinsicht dafür bezahlen.
Samuel Bendahan ist ...
... Doktor der Wirtschaftswissenschaften an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Lausanne (UNIL) und lehrt dort sowie an der EPFL. Der Waadtländer ist zudem SP-Nationalrat, Co-Präsident der sozialdemokratischen Fraktion in Bern und Mitglied der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Parlaments. Er ist als Berater in den Bereichen Strategie, Governance, Leadership und Finanzen für zahlreiche Unternehmen tätig. Ausserdem präsidiert er den Schweizer Dachverband Lesen und Schreiben (DVLS), den Dachverein SAH Schweiz und die Lausanner Wohnbaugenossenschaft SCCH Le Bled.
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Über 50 Prozent der Opfer von Tötungsdelikten sind Frauen. Die Täter? Fast immer Männer.
Die Schlagzeilen von getöteten oder schwer verletzten Frauen überhäufen sich in den vergangenen Monaten. Der Messerangriff in Brittnau (AG) Anfang Juli, die Bluttat in Egerkingen (SO) Mitte Juni oder die Tötung in Martigny (VS) sind nur einige Beispiele. Die Täter dabei sind meistens Männer und oftmals sogar die Ehe- oder Ex-männer der Frauen.
Ich bin nun über 60 Jahre alt und höre meine ganzes Leben nur wie schlecht es dem Bund gehe und dass man sparen müsse (natürlich nur beim Volk), gleichzeitig werden Milliarden versenkt (Beschaffung, IT Projekte etc) und noch NIE wurde jemand zur Verantwortung gezogen.
Man könnte also einem Bankräuber statt Gefängnis aufzubrummen auch sagen: du böser böser Junge, das macht man nicht...so ist Bern
Und das viele Politiker den Umgang mit den Geldern nicht verstehen, nicht handhaben können.
Zieht sich durch alle Departemente durch.