Die Fernsehkameras von SRF, RTS und Tele Züri standen um 11.45 Uhr in Reih und Glied vor der Eingangstür zum Sitzungszimmer 286 im Bundeshaus. Dort tagte die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats.
Diese war am Morgen um 10.45 Uhr von der Meldung der NZZ überrumpelt worden, Armeechef Thomas Süssli und Christian Dussey, Chef des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB), hätten gekündigt. Daraufhin bot sie Verteidigungsministerin Viola Amherd zur Sitzung auf.
Die Bundesrätin marschierte um 11.58 Uhr mit versteinerter Miene an der Medienschar vorbei und betrat das Sitzungszimmer. Als sich die Türen des Zimmers kurz vor 13 Uhr wieder öffneten, war von der Verteidigungsministerin keine Spur mehr – sie war über den Fluchtweg in einer Toilette ins Bundeshaus Ost entschwunden.
Zuvor hatte sich Amherd gemäss anwesenden Sicherheitspolitikern sehr wütend über die Indiskretion gezeigt, mit der die Abgänge von Süssli und Dussey bekannt geworden waren. Der Bundesrat muss die Rücktritte am Mittwoch zur Kenntnis nehmen.
Am Dienstagmorgen wurden die entsprechenden Papiere auf der bundesinternen Plattform hochgeladen – sie waren als «vertraulich» markiert. Damit hatten etwa 100 Personen aus der Bundesverwaltung Zugriff auf dieses Geschäft. Eine Stunde später verbreitete die NZZ die News.
Diese Indiskretion sorgt für rote Köpfe bei den Sicherheitspolitikern. Mitte-Nationalrat Reto Nause sagt, er habe in der Stadt Bern selber in einer Regierung gesessen.
Eine Regierung müsse gemeinsam arbeiten können. Doch das sei nicht mehr der Fall. Nause:
Auch SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf äusserte sich als Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission irritiert über die Tatsache, dass die Medien schon vor der Bundesratssitzung über die Rücktritte berichtet hatten. Das sei kein gutes Zeichen in einer aussen- wie innenpolitisch heiklen Zeit.
Die negativen Schlagzeilen zum Verteidigungsdepartement reissen nicht ab. Am 15. Januar gab Viola Amherd den Rücktritt per Ende März bekannt. Am Montag erschütterte ein Korruptionsskandal die Ruag. Schon am Freitag gab der Abgang von Luftwaffenchef Peter Merz zu reden, der als CEO zu Skyguide wechselt. Und nun folgen die Rücktritte von Armeechef Süssli auf Ende 2025 und von NDB-Chef Dussey auf Ende März 2026.
«Ich bin beunruhigt, mir gefällt diese Situation im VBS nicht», sagt Priska Seiler Graf und spricht von einem «Vakuum»:
Nicht alle beurteilen die Situation als derart problematisch. «Der neue Verteidigungsminister hat nun die Möglichkeit, sein Führungsteam neu zu gestalten», sagt Nationalrat Martin Candinas. «Er sollte ein Team schaffen, das gemeinsam vorwärtsschreitet.» Und auch SVP-Nationalrat Thomas Hurter findet: «Treten Schlüsselpersonen zurück, ist das auch eine Chance für den neuen Bundesrat.» Es brauche nun eine Person an der Spitze der Armee, «die führen und entscheiden kann». Hurter:
Amherd hatte Thomas Süssli am 1. Januar 2020 zum Chef der Armee ernannt. Seine Ernennung erfolgte überraschend, da ihm der Stallgeruch des Berufsoffiziers fehlte. Bundesrat Ueli Maurer hatte ihn 2015 aus der Bankenwelt geholt und ihn an der Hierarchie vorbei zum Brigadier und Kommandanten der Logistikbrigade befördert.
Süssli erhält weitgehend gute Noten. Er habe «einen guten und loyalen Job» gemacht, sagt etwa FDP-Ständerat Josef Dittli. Er habe die Aufgaben der Armee wie die Sicherung der Bürgenstock-Konferenz, die Ausbildung und die Weiterentwicklung der Armee mit dem Schwarzen Buch «zur vollsten Zufriedenheit» erfüllt. Mitte-Nationalrat Martin Candinas sagt, der Armeechef habe das Bild einer «offenen Armee» geschaffen und im Cyberbereich vorwärtsgemacht.
Kritischer urteilt SVP-Nationalrat Hurter. Süssli verantworte als Armeechef unter anderem die Neue Digitalisierungsplattform NDP, die nicht wie versprochen funktioniere. 2024 hätte auf ihr die Erneuerung des Luftraumüberwachungssystems aufgeschaltet werden sollen, doch sie verzögere sich nun bis 2030.
Hurter lobt Süssli aber auch. Der Armeechef habe gut kommuniziert und die Armee nach aussen sympathisch und professionell vertreten. Die internen Probleme hingegen habe er «zu wenig konsequent verbessert».
Kaum Tränen weinen die Sicherheitspolitiker NDB-Chef Christian Dussey nach – obwohl sein Start 2022 von grossen Hoffnungen begleitet war. Bundesrätin Amherd holte ihn, um den Nachrichtendienst umzubauen.
Der ehemalige Schweizer Botschafter hatte den Auftrag, die alten Hierarchien des Nachrichtendienstes aufzubrechen – und eine moderne Führungsstruktur zu schaffen. Die Neugestaltung führte zu grossem Unmut. In einer internen Personalbefragung 2023 erhielten die Führungskräfte des NDB vernichtende Noten. Es kam zu vielen Abgängen. Und die kantonalen Polizeikommandanten kritisierten, der NDB sei mehr mit sich selbst beschäftigt als mit der Sicherheit des Landes.
Am Mittwoch dürfte der Bundesrat die Kündigungen von Süssli und Dussey ohne Aufheben zur Kenntnis nehmen. Mehr Emotionen löst im Gremium wohl die Frage aus, weshalb es erst so spät über die Kündigungen informiert wurde – und wie es zu den Indiskretionen kam.
Es mutet seltsam an, dass Amherd die Abgänge von Süssli und Dussey erst am 26. Februar in den Bundesrat bringt, obwohl Dussey bereits am 20. Januar und Süssli am 30. Januar gekündigt hat. Die Bundesrätin wartete fast einen Monat damit zu, bis sie ihre Kolleginnen und Kollegen ins Bild setzte.
Dazu kommt die Zickzack-Kommunikation des Armeechefs selbst. Vor zehn Tagen gab er der «Samstagsrundschau» von Radio SRF ein Interview, am Sonntag dem «SonntagsBlick». Am Freitag konnte Tele Züri einen «Talk Täglich» drehen mit Süssli. Die Sendung hätte am Dienstagabend ausgestrahlt werden sollen – sie musste eingestampft werden. Und diese Zeitung hatte für Dienstagmorgen einen Interviewtermin, der am Montag kurzfristig verschoben wurde. Und dies, obwohl Süssli seit 26 Tagen von seiner eigenen Kündigung wusste.
Was die Indiskretion betrifft, gibt es mittlerweile sogar eine öffentliche Vermutung. Mitte-Ständerätin Andrea Gmür schreibt auf dem Nachrichtendienst X, sie bedaure den Rücktritt von Armeechef Süssli «zustiefst». Im gleichen Tweet stellt sie die Frage nach dem Leak. Sie konfrontiert Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter gar direkt – und fragt:
Gmürs indirekte Unterstellung ist unbewiesen. Bekannt ist hingegen der Streit der beiden Bundesrätinnen Amherd und Keller-Sutter um die Armeefinanzen. Dazu kommt, dass Keller-Sutter im Bundesrat gemäss zwei Quellen im Frühling 2024 den Rücktritt von Armeechef Thomas Süssli forderte – im Nachgang zu irreführenden Aussagen über einen «Liquiditätsengpass» bei der Armee.
Das sind Dinge, die am Mittwoch in der Sitzung des Gesamtbundesrats Thema sein dürften. (aargauerzeitung.ch)
Was für ein Spiel spielt sie?
Ihre Maske hat sie letzte Woche fallengelassen mit ihren Kommentaren zur Shady Vance Rede!
Zwischen den Zeilen lese ich, dass da nicht nur im VBS vieles im Argen liegt, sondern das Kollegialsprinzip keine Mehrheit mehr hat.
Da läuft was gehörig schief, von dem wir nur am Rande was mitbekommen.
Da in der Schweiz keine wirkliche vierte Macht existiert, kann gemauschelt werden was das Zeug hält.