Am Donnerstagabend kam es in Bern einmal mehr zu einer unbewilligten Demonstration gegen die Corona-Zertifikatspflicht. Die Kundgebungen häufen sich mittlerweile und nerven die Bevölkerung, das Gewerbe, Passantinnen und die Behörden.
Die Massnahmen-Gegner wurden zunächst von den Sicherheitskräften geduldet, seit geraumer Zeit gehen die Verantwortlichen bei der Kantonspolizei aktiver gegen die Demonstrierenden vor.
Gestern kam es jedoch zu gewalttätigen Szenen seitens der Polizei, wie Augenzeugen berichten und Videoaufnahmen zeigen. Das verfügbare Material zeigt einen Mann am Rande der Kundgebung. Zeugen berichteten, dass sich der Mann zuvor der Polizeikette «in bedrohlicher Weise» genähert hätte.
Die Polizei entschied sich, ihn festzunehmen, worauf es zu einem Handgemenge kam. Der Mann, der von Polizeikräften zu Boden gedrückt wurde, versuchte sich zu wehren, worauf einzelne Polizistinnen und Polizisten auf ihn einschlugen. Auf dem Video sind mehrere Faustschläge eines Uniformierten gegen den Mann zu sehen.
Gefilmt wurden diese Szenen bei der Bundesgasse vom Berner Lokalmedium «Live1». Der Reporter bestätigt die Echtheit des Materials und erzählt, dass sich die Szene rund 50 Meter neben dem eigentlichen Demonstrationskern abgespielt hatte.
Das Video verbreitete sich am Abend und am Tag danach in den Sozialen Medien und löste deutliche Kritik aus. Personen, die eigentlich der Anti-Corona-Bewegung nicht nahestehen, stellten etwa fest: «Polizeigewalt bleibt Polizeigewalt.» Der Schweizer Menschenrechtsanwalt Philip Stolkin kritisierte ebenfalls: «Niemals darf die Schwurbelei zum Anlass für unverhältnismässige Polizeigewalt genommen werden.»
Die Kantonspolizei Bern bestätigte in einem ersten Statement den Einsatz von Gummischrot und Wasserwerfer. Sie teilte mit, dass Teilnehmende wiederholt die Polizeisperre bedrängt und missachtet hätten. Ein Polizist sei zudem bei einer Anhaltung verletzt worden.
Am Tag danach äussert sich die Polizei zur umstrittenen Verhaftung. Sie schreibt, was «auf dem Video nicht zu sehen» sei: «Der mit einer Schutzbrille ausgerüstete Mann ging zuvor trotz Mitteleinsatz unaufhaltsam auf die Einsatzkräfte zu und trat an sie heran. Dabei behielt er seine Hände zunächst verdeckt in den Taschen.» Der Mann habe deshalb unter Widerstand zu Boden geführt werden müssen. Allgemein sagt die Kantonspolizei weiter: «Kontrollierte Schläge gegen den Körper ist eine ausgebildete Technik, um bei anhaltendem Widerstand die Muskelanspannung zu lösen.»
Die Kantonspolizei Bern musste sich vor gut einem Jahr bereits zu einer Prügelattacke äussern. Im September 2020 attackierte die Polizei einen Mann, der ein Einsatzfahrzeug an der Fahrt gehindert hatte. Eine Journalistin, die den Vorfall filmen wollte, wurde damals ebenfalls von einem Polizisten angegriffen und an ihrer Arbeit gehindert.