Schweiz
Gesellschaft & Politik

Bundesratswahlen: Ständerat kritisiert mögliches Dreierticket der Mitte

Dieser Ständerat kritisiert die aktuellen Bundesratswahlen – so sieht sein Vorschlag aus

Ständerat Mathias Zopfi kritisiert, dass die Parteien in den Bundesratswahlen zu wenig auf die Qualität der Kandidaten achteten. Darum schlägt er eine Änderung vor.
24.01.2025, 11:36
Francesco Benini / ch media
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Ersatzwahl in die Landesregierung: Wie viele Kandidaten soll die Mitte der Bundesversammlung vorschlagen? Die Frauen-Sektion der Partei findet, es sollten drei sein. So wäre sichergestellt, dass eine Frau auf dem Ticket landet.

Glarner Ständerat Mathias Zopfi
Hält die Kandidatentickets der Parteien für Bundesratswahlen nicht für optimal: der Glarner Ständerat Mathias Zopfi.Bild: Andrea Zahler / CH Media

Im Jahr 2006, bei der Wahl von Doris Leuthard, gab es letztmals einen Einervorschlag. Fünf der amtierenden Bundesräte gelang der Einzug in die Regierung auf einem Zweierticket; Ignazio Cassis und Guy Parmelin hatten bei ihrer Wahl zwei Mitkonkurrenten.

Wahl wilder Kandidaten würde wieder möglich

Mit Zweier- oder Dreiertickets wird dem Bundesparlament eine Auswahl präsentiert. Die National- und Ständeräte sollen nicht bloss den Vorschlag einer Partei abnicken. Andererseits erhöht dieses Vorgehen die Kontrolle der Partei, die den Sitz im Bundesrat beansprucht. Zweier- oder Dreivorschläge sollen sogenannte wilde Wahlen verunmöglichen: Anwärter, die von ihrer Fraktion nicht nominiert werden, bleiben fast sicher chancenlos.

Nun machen sich Bundesparlamentarier aber Gedanken darüber, ob das Vorgehen sinnvoll ist. Ständerat Mathias Zopfi (Grüne) sagt: «Zweier- und Dreiertickets bergen die Gefahr, dass das Ticket taktisch zusammengesetzt wird und man neben dem eigenen Favoriten eine schwächere Kandidatur unterstützt. Das kann dann dazu führen, dass die anderen Parteien dem schwächeren Kandidaten den Vorzug geben. Die Qualität der Kandidaturen wird so zweitrangig.»

Noch heute bedauern viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier, dass Ständerätin Eva Herzog 2022 die Wahl in den Bundesrat verpasste. Damals seien Parteistrategien priorisiert worden. Auch bei früheren Wahlen in die Landesregierung habe die Prüfung der fachlichen Eignung nicht im Vordergrund gestanden.

Die Bundesratskandidatinnen Eva Herzog, links, und Elsabeth Baume Schneider, erscheinen nach der Nomination am Samstag, 26. November 2022, in Bern. Die Wahl zur Nachfolge von Bundesraetin Simonetta So ...
Eva Herzog (links) unterlag Elisabeth Baume-Schneider bei der Bundesratswahl im Jahr 2022.Bild: keystone

Mathias Zopfi regt nun an, dass die Parteien wieder Einertickets vorlegen. «Die Parteien sollen vorschlagen, wen sie als am besten geeignet erachten.» Bei den Regierungsratswahlen in den Kantonen funktioniere das auch so: Die Parteien unterbreiteten dem Wahlkörper keine Auswahl, sondern nominierten Kandidatinnen und Kandidaten entsprechend ihrem Anspruch auf die Zahl der Sitze in den Kantonsregierungen.

Mit den Einervorschlägen gäbe es wohl wieder die Wahl von wilden Kandidaten. Zopfi findet das nicht schlimm. Willi Ritschard und Otto Stich seien sehr gute Bundesräte gewesen – obwohl sie von ihrer Partei, der SP, nicht vorgeschlagen worden seien. «Wichtig ist es, dass das Parlament gute Kandidatinnen und Kandidaten wählt – und nicht solche, die in wichtigen Punkten von der Linie ihrer Parteien abweichen.»

ARCHIV -- ZUM 100. GEBURTSTAG DES EHEMALIGEN BUNDESRATES WILLI RITSCHARD AM FREITAG, 28. SEPTEMBER 2018, STELLEN WIR IHNEN HEUTE FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG -- Der Bundesrat Willi Ritschard  ...
Willi Ritschard wurde in den Bundesrat gewählt, obwohl ihn seine Partei gar nicht vorgeschlagen hatte.Bild: KEYSTONE

Kandidatentickets seien Vorschläge – mehr nicht

SP-Ständerat Daniel Jositsch, der von seiner Fraktion zweimal nicht nominiert worden war, erinnerte daran: Die Kandidatentickets der Parteien seien nur Vorschläge. Die Bundesverfassung sehe vor, dass das Parlament frei sei in der Wahl der Bundesräte.

Kehrt das Parlament zu Einervorschlägen zurück – wie im vergangenen Jahrhundert, als das Parlament in rund jeder fünften Wahl wilde Kandidaten in die Regierung hob? Eine Bestimmung in den Statuten der SVP spricht dagegen: Wer die Wahl in den Bundesrat annimmt, obwohl die Fraktion von einer Nomination abgesehen hat, wird aus der Partei ausgeschlossen. Die SVP reagierte damit auf die Wahlen von Samuel Schmid und Eveline Widmer-Schlumpf. Weil die Volkspartei ihre Bundesratstickets als sakrosankt erachtet, hält sie sich im Gegenzug an die Vorschläge der anderen Parteien.

Die Zweiertickets führen manchmal zu unbefriedigenden Wahlergebnissen – diese Einschätzung Zopfis wird von einigen Parlamentariern geteilt. Es ist aber fraglich, ob die Fraktionen deswegen bald zu Einervorschlägen zurückkehren. Zopfis Parteikollege und Nationalrat Balthasar Glättli meint allerdings, dass ein Systemwechsel im März nicht ausgeschlossen sei: «Für die Mitte besteht die Herausforderung darin, es von null auf einen Kandidaten zu schaffen.» (aargauerzeitung.ch)

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quelle: keystone / peter schneider
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94 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hundshalter Leno
24.01.2025 12:11registriert September 2023
Da bin ich voll bei Zopfi. Die Partei soll sagen welche Kandidatin oder welcher Kandidat in ihren Augen optimal wäre und die Versammlung darf dann sagen ob sie das auch so sehen oder nicht. Zudem wäre es wichtig, dass es sich wieder normalisiert nicht offizielle Kandidierende zu wählen. Aktuell haben mir die Fraktionen hier deutlich zu viel Macht.
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Gen X
24.01.2025 14:01registriert August 2023
"Eine Bestimmung in den Statuten der SVP spricht dagegen: Wer die Wahl in den Bundesrat annimmt, obwohl die Fraktion von einer Nomination abgesehen hat, wird aus der Partei ausgeschlossen."
Was sehr viel über das Demokratieverständnis dieser Pwrtei aussagt.
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Lowend
24.01.2025 13:07registriert Februar 2014
BV: Art. 161 Instruktionsverbot
1 Die Mitglieder der Bundesversammlung stimmen ohne Weisungen.
2 Sie legen ihre Interessenbindungen offen.

Die Ratsmitglieder üben ihr Mandat in aller Freiheit aus. Niemand kann ihnen vorschreiben, wie sie zu sprechen, zu wählen oder abzustimmen haben. Allfällige Abreden und Weisungen sind nichtig, d. h. rechtlich nicht durchsetzbar.

So lautet das geltende Recht, auch wenn es einigen Politikern nicht passt und auch wenn wir uns inzwischen daran gewöhnt haben, dass gewisse Parteibesitzer ihren Willen durchsetzen wollen, aber Tickets sind total unverbindlich. 🤔
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