Für viele Menschen ist es schwer abzuschätzen, wie gravierend es wirklich ist, wenn man sich trotz staatlichem Lockdown weiterhin unter die Leute mischt. Muss ich nun wirklich auf den Sonntagsbrunch verzichten? Darf ich meine Freunde wirklich nicht auf ein Feierabendbier treffen?
Ein kanadisches Team von Wissenschaftlern hat sich dieser Frage angenommen und ein interaktives Tool programmiert, das genau diesen Fragen nachgeht. Das Modell berechnet die Anzahl Infizierte und Tote – unter Berücksichtigung der Bettenkapazitäten in den Spitälern. Selbsterklärend handelt es sich dabei um eine Modellrechnung – doch diese gibt einen guten Anhaltspunkt, warum Social Distancing so wichtig ist.
Um ein Modell für das eigene Land zu erhalten, wählt man dieses zuerst aus. Danach kann man beginnen, damit herumzuspielen: Mit einem Slider ändert man die Anzahl Personen, auf die ein mit dem Coronavirus Infizierter (der sich dessen möglicherweise noch gar nicht bewusst ist) trifft.
>>> Hier geht's zum Liveticker mit den neusten Updates
Wir haben für die Schweiz drei Szenarien durchgespielt.
Gehen wir davon aus, dass jeder Infizierte in der Schweiz im Schnitt täglich 15 verschiedene Leute trifft, darunter sind Sitznachbarn im ÖV, Büromitarbeiter, Servierpersonal im Restaurant und so weiter.
Das Modell für die Schweiz zeigt folgende Kurve. Nach rund 38 Tagen, also gut fünf Wochen, ist der Peak erreicht: Über 2 Millionen Menschen wären in der Schweiz gleichzeitig mit dem Coronavirus infiziert.
Und das hätte gravierende Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem. Die Schweiz verfügt laut den Autoren über knapp 40'000 Spitalbetten. Zu Spitzenzeiten wären nach diesem Modell über 60'000 Personen auf ein solches Bett angewiesen – also hätte rund ein Drittel aller kritischen Patienten keinen Platz.
Und das wiederum hätte fatale Folgen: Die Autoren kommen mit ihren Berechnungen auf rund 53'000 Tote während dieser Epidemie, alleine in der Schweiz.
Schaffen wir es, die Anzahl Personen, auf die ein/e Infizierte/r täglich trifft, gesamtschweizerisch auf einen Schnitt von 8 Personen zu reduzieren, ist schon eine klare Verbesserung sichtbar.
In diesem Modell wäre der Peak erst nach knapp 100 Tagen erreicht, also nach gut dreieinhalb Monaten. Die Anzahl gleichzeitig Infizierter würde die 500'000er-Marke wohl nicht überschreiten.
Zu Spitzenzeiten wären rund 12'000 Menschen hospitalisiert, sie alle hätten Platz in unseren Spitälern und könnten versorgt werden.
Trotzdem gehen die Autoren des Tools in diesem Fall von knapp 30'000 Toten in der Schweiz aus.
Schaffen wir es, den Schnitt auf fünf Personen herunterzubringen, hätte Covid-19 in der Schweiz kaum verheerende Folgen. Rund 30'000 Personen würden sich infizieren – man bedenke, heute Freitag zeigen die offiziellen Zahlen bereits gut 4000 Infizierte.
Während der intensivsten Zeit müssten gut 700 Personen im Spital versorgt werden. Die erwartete Zahl an Todesfällen läge bei rund 1500 Personen.
Was wir daraus lernen: Natürlich gibt es Menschen in der Schweiz, die täglich aus beruflichen Gründen dutzende andere Menschen treffen – darunter beispielsweise unser Gesundheitspersonal oder Personen im Detailhandel.
Wenn jedoch alle anderen mithelfen, den Schnitt so weit wie möglich herunterzuziehen, lässt sich Schlimmeres verhindern. Und das bedeutet für alle, denen es möglich ist: Bleibt zu Hause, reduziert den Kontakt zu anderen Menschen auf das absolute Minimum.
Hier kannst du das Tool selbst ausprobieren – mit anderen Zahlen, oder für andere Länder.
(lea)
Dann treffe ich persönlich nur noch drei Personen. 2x Mitbewohner und 1x Freundin.