Der Bundesrat will per Verordnungsänderung in die Tarife für Physiotherapie eingreifen. Sein Vorschlag ist umstritten. Während der Berufsverband der Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten in vorgeschlagenen Änderungen eine reine Kürzungsvorlage sieht, sehen die Krankenkassenverbände einen Schritt hin zu mehr Transparenz.
Hintergrund ist, dass sich Krankenkassen und Leistungserbringer seit Jahren nicht auf eine Tarifrevision einigen können. Im Grundsatz sind die Tarife seit den späten 1990er-Jahren unverändert.
Die Vernehmlassung zu den Vorschlägen des Bundesrats endete am Freitag. Heute wird Physiotherapie in Form von Sitzungspauschalen abgegolten, wobei es einen tieferen sowie einen höheren Ansatz gibt. Der Bundesrat möchte neu eine Zeitkomponente einführen und schlägt dazu zwei Varianten vor:
Bei der ersten Variante würde eine Mindestdauer der Behandlung von 30 respektive 45 Minuten eingeführt. Dazu gäbe es neu eine Tarifposition für kurze Sitzungen von 20 Minuten.
Die zweite Variante sieht eine Grundpauschale für eine Sitzungszeit von mindestens 20 Minuten vor. Die weitere Behandlungszeit sollen Physiotherapeutinnen und -therapeuten in Fünf-Minuten-Schritten abrechnen.
Der Berufsverband Physioswiss machte am Freitag mit einer Demonstration auf dem Berner Bundesplatz gegen die Vorschläge mobil. Eine von weit über 200'000 Personen unterzeichnete Petition verlangt den Stopp des Tarifeingriffs.
Bei der Vorlage gehe es letztlich nur darum, die Zahl der Behandlungen zu senken, so Physioswiss. Es drohten Schliessungen von Physiotherapie-Praxen – und dass Fachleute aus dem Beruf ausstiegen. Die Branche sei schon heute stark unterfinanziert.
Dabei sei das Sparpotenzial gering, da nur ungefähr 3,6 Prozent der Gesundheitskosten auf die Physiotherapie entfielen, kritisiert der Verband. Es bedeute zudem eine Schlechterstellung schwer erkrankter Menschen, wenn der Kostensatz für komplexe Behandlungen gesenkt werde.
Unterstützung erhielt Physioswiss in der Vernehmlassung von der Vereinigung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH). Der Vorschlag des Bundesrats basiere nicht auf den relevanten betriebswirtschaftlichen Daten.
Der Krankenkassenverband Santésuisse begrüsst den Tarifeingriff hingegen. Mit den Vorschlägen solle künftig ersichtlich sein, wie lange eine Physiotherapie-Sitzung tatsächlich gedauert habe. Das sei auch für die Patienten von Vorteil.
Curafutura betont ebenfalls, Möglichkeiten zur Optimierung der Rechnungsstellung müssten bekämpft werden. Ein Teil des Kostenanstiegs sei jedoch auch auf Bestrebungen zurückzuführen, vermehrt auf Operationen zu verzichten. Mittelfristig müsse die gesamte Tarifstruktur überarbeitet werden – auf kostenneutrale Weise.
Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) begrüsst die zweite, vom Bundesrat vorgeschlagene Variante, da diese tatsächlich mehr Transparenz schaffe. Offene Fragen sieht der GDK-Vorstand allerdings bezüglich der Abgeltung von Leistungen ausserhalb der eigentlichen Behandlung, etwa bei der Koordination zwischen Ärzten und Physiotherapeuten.
Einige Kantone stellen sich ganz gegen die Vorschläge. Der Regierungsrat des Kantons Thurgau beispielsweise sieht die wichtigsten Faktoren nicht berücksichtigt. Die Innerrhoder Kantonsregierung moniert, es entstünden Kosten durch neue Abrechnungssysteme, zugleich werde der Kostensatz für aufwändige Behandlungen gesenkt.
Vorbehalte werden auch in einigen Vernehmlassungsantworten der Parteien deutlich. Die Mitte begrüsst die Einführung einer Zeitkomponente. Die Änderungen dürften aber nicht dazu führen, dass das Einkommen von Physiotherapeuten, die bisher korrekt abgerechnet hätten, zwangsläufig sinke.
Die SP schreibt, es könne nicht sein, dass Physiotherapeutinnen und -therapeuten jahrzehntelang auf Lohnerhöhungen warten müssten.
Die SVP begrüsst Massnahmen des Bundes gegen die aus ihrer Sicht «ausufernden» Kosten der Physiotherapie. Allerdings sei es nicht Aufgabe des Bundes, in einem Tarifstreit zu intervenieren.
Grüne und GLP verzichteten auf eine Stellungnahme in der Vernehmlassung, wie sie auf Anfrage mitteilten.
(yam/sda)
1. an den Kassen wird nichts gespart
2. der Nutzen für Patienten ist zumindest fraglich
Ich stehe dem ablehnend gegenüber. 2 Bandscheibenvorfälle gehabt, einer wurde operiert, der andere mit Physio behandelt.
Günstiger war der konservative Behandlungsansatz. Meine Gesundheit hat davon auch mehr profitiert.
Präventive Physio malnahmen können Fehlstellungen und Gebrechen vorbeugen. Dadurch reduziert sich die Notwendigkeit von Operationen und oder Medikamente. Bei der Rehabilitation ermöglicht es eine bessere und schnellere Genesung und Wiederaufbauen der Körperstabilität und Muskelmasse.
Beides führt dazu, dass die Langzeitkosten gesenkt werden, was aber KK natürlich nicht wollen.