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Millionen von der Pharma: Auf diese Geschenke müssen Ärzte bald verzichten

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Ärztinnen dürfen ab nächstem Jahr nur noch Geschenke im Wert von 300 Franken annehmen – und nur dann, wenn sie ihrem Beruf direkt zugutekommen. bild: shutterstock

Mittagessen ja, aber keine Gipfeli: Diese Geschenke dürfen Ärzte in Zukunft noch annehmen

Die Pharmabranche verteilt jedes Jahr Gelder in Millionenhöhe an Schweizer Ärzte. Neue Vorschriften sollen ab nächstem Jahr mehr Transparenz schaffen – und der Ärzteschaft im Umgang mit Geschenken und Einladungen helfen. Diese gehen ganz schön ins Detail.
06.12.2019, 05:2206.12.2019, 18:34
Helene Obrist
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2018 zahlten Pharmafirmen rund 181,4 Millionen Schweizer Franken an Spitäler, Mediziner und weitere Organisationen in der Gesundheitsbranche. Rund sieben Prozent bzw. 12,4 Millionen davon flossen an Ärzte und Apothekerinnen. Die Pharmafirmen buhlen um deren Gunst – mit Einladungen zu Kongressen, bezahlten Hotelaufenthalten und Geschenken. Die Beträge steigen von Jahr zu Jahr. In den letzten vier Jahren haben die Pharmafirmen rund 639 Millionen Franken an Akteure in der Schweizer Gesundheitsbranche gezahlt, das zeigt eine Recherche des Axel Springer Research Network.

Neue Vorschriften im Heilmittelgesetz sollen nun mehr Transparenz schaffen. Ab dem 1. Januar 2020 wird den Ärzten genauer auf die Finger geschaut. So dürfen sie sich beispielsweise nur noch von einer Pharmafirma zum Mittagessen einladen lassen, wenn es sich eindeutig um ein Fachgespräch handelt und die Mahlzeit inklusive Getränke den Betrag von 100 Franken nicht übersteigt.

Nur maximal 100 Franken darf das Mittagessen kosten: Ab Januar 2020 müssen sich Ärztinnen an neue Transparenzvorschriften halten.
Nur maximal 100 Franken darf das Mittagessen kosten: Ab Januar 2020 müssen sich Ärztinnen an neue Transparenzvorschriften halten. bild:shutterstock

Auch bei der Annahme von Geschenken gibt es neu klare Vorschriften: Geschenke dürfen nicht teurer als 300 Franken sein und müssen der Berufsausübung oder der Patientenschaft direkt zugutekommen. Die Schweizerische Ärztezeitung hat einige Beispiele dazu aufgezählt:

  • Büchergaben wie Fachliteratur oder ein Kinderbilderbuch zum Thema Cholesterin sind zulässig.
  • Auch Arbeitsgeräte wie ein Fiebermesser, Computer-Software oder Mobiltelefone für den Notfalldienst sind erlaubt. Allerdings nur dann, wenn sie nicht mehr als 300 Franken gekostet haben.
  • Nicht erlaubt sind Geschenke wie Wein oder Spirituosen oder ein Gutschein für eine Übernachtung in einem Hotel.
  • Kriegt eine Ärztin ein Schaukelpferd mit aufgedrucktem Logo, darf sie es behalten – wenn sie es ins Wartezimmer stellt und die Patientenschaft davon profitiert.
  • Kommt ein Vertreter eines Pharmaunternehmens in eine Arztpraxis um Medikamente vorzustellen und bringt dabei Gipfeli mit, dürfen die Praxisangestellten inklusive Ärzte nicht davon essen. Sie sollten die Gipfeli an die Patienten verteilen oder ganz ablehnen.

Nicht nur bei den Geschenken spricht die neue Verordnung penibel genaue Anweisungen aus, auch bei Einladungen zu Fort- und Weiterbildungskursen müssen Mediziner in Zukunft selbst einen Teil der Kosten übernehmen.

Schaukelpferde fürs Wartezimmer sind zulässig. Gipfeli nicht – ausser sie werden von den Patienten anstatt den Ärztinnen gegessen.
Schaukelpferde fürs Wartezimmer sind zulässig. Gipfeli nicht – ausser sie werden von den Patienten anstatt den Ärztinnen gegessen. bild: shutterstock

Gemäss der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) werden die neuen Vorschriften allen voran für mehr Transparenz sorgen. Sie sollen vermeiden, dass die Verschreibung, Abgabe, Anwendung oder der Einkauf von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch Zuwendungen jedweder Art beeinflusst wird. «Dies ist im Interesse der Patientensicherheit», sagt die FMH.

Auch beim Schweizer Konsumentenschutz begrüsst man die schärferen Regeln: «Sie sind sicher ein Schritt in die richtige Richtung», sagt Ivo Meli, Leiter Gesundheit. In Melis Augen wird aber vor allem die Kontrolle zum Knackpunkt werden. «Das zu überprüfen wird schwierig und aufwendig werden» Zudem müsse unzulässiges Verhalten auch richtig sanktioniert werden, sagt Meli. «Sonst haben die neuen Regeln nur eine begrenzte Wirkung.»

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63 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pr0di
06.12.2019 06:55registriert Februar 2017
Das Gesetz mag durchaus sinnvoll sein, aber sorry, das mit den Gipfeli finde ich dann schon etwas lächerlich... Da ist man meiner Ansicht nach übers Ziel hinaus geschossen.
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Baba ♀️
06.12.2019 05:37registriert Januar 2014
«Das zu überprüfen wird schwierig und aufwendig werden» Zudem müsse unzulässiges Verhalten auch richtig sanktioniert werden, sagt Meli. «Sonst haben die neuen Regeln nur eine begrenzte Wirkung.»

Genau das ist der springende Punkt. Das sind Regeln Modell "Zahnloser Tiger".

Aber netter Versuch.
19315
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papaya
06.12.2019 08:30registriert April 2017
Dann finde ich dass die Politiker ab sofort vor den Wahlen auch keine Gipfeli mehr verteilen dürften!
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