6211 Franken verdienen Frauen in der Schweiz im Mittel. Der Medianlohn der Männer ist über 700 Franken höher. Beim Durchschnittslohn öffnet sich die Schere noch stärker: Gemäss der neuesten Lohnstatistik des Bundes – die Einkommenszahlen stammen von 2020 – verdienten Frauen 18 Prozent weniger als Männer. Wobei sich nur ein Teil dieser Differenz mit dem Dienstalter, der Ausbildung oder der Branche erklären lässt.
Die Statistik schweigt, inwiefern Weiterbildungen, Sprachkenntnisse oder Erwerbsunterbrüche die Löhne beeinflussen. Dass Frauen heute deutlich schlechter bezahlt sind, hängt gemäss aktuellen Daten massgeblich von der Berufswahl ab. Genauer: von den eher tiefen Löhnen von Pflegefachkräften und Pädagoginnen im Vergleich zu Maschinenbauern oder Wirtschaftsberatern. FDP-Nationalrat Marcel Dobler reicht diese Erklärung nicht. Er will die Ursachen für die Unterschiede genauer wissen und hat darum ein Postulat eingereicht, mit dem er den Bund beauftragt, die Ursachen für die Lohnunterschiede «vertieft, neutral und wissenschaftlich» zu untersuchen. Dabei sollen zwingend auch die Berufserfahrung, der Zivilstand, die Dauer der Arbeitsunterbrüche und die Dauer von Teilzeitpensen berücksichtigt werden.
Dobler stösst sich namentlich daran, dass in der Lohndiskussion jeweils der Eindruck erweckt werde, die Wirtschaft würde Frauen beim Lohn systematisch diskriminieren. «Dieser Eindruck ist höchst problematisch und gezielt zu untersuchen», so der St.Galler Unternehmer.
Als Vorbild dient das neueste Wirtschaftsmonitoring des Kantons Zürich, das sich in der Dezemberausgabe den Frauen auf dem Arbeitsmarkt widmete. Die gute Nachricht: Die Zürcher Frauen haben aufgeholt. Vor 50 Jahren arbeiteten rund 40 Prozent, heute sind 83 Prozent erwerbstätig. Bei den Männern sind es 88 Prozent. Beim Lohn bleibt hingegen die Differenz gross: Zürcherinnen haben einen um 16 Prozent tieferen Lohn als Zürcher, die Unterschiede sind noch grösser als im Schweizer Mittel.
Als «grössten Treiber» der Lohndifferenz hat Zürich einen eindeutigen Faktor eruiert: die Mutterschaft. «Sobald Frauen Kinder kriegen, reduziert die grosse Mehrheit von ihnen ihr Pensum. Dadurch sinkt nicht nur ihr Einkommen, sondern mittelfristig ihre Karrierechancen und die Berufserfahrung.» Gleichzeitig wählen Mütter Branchen, in welchen Teilzeitarbeit möglich ist, wo wiederum die Löhne tiefer angesetzt sind.
In den Zürcher Zahlen lässt sich dieser Zusammenhang erahnen. Um die Differenzen besser zu verstehen, hat der Kanton die Löhne eines ganzen Erwerbszyklus verglichen. Bei beiden Geschlechtern steigt der Lohn mit dem Alter. Frappant sind die Unterschiede aber dann, wenn der Zivilstand als Faktor in die Rechnung einbezogen wird. Die Löhne lediger Männer und Frauen unterscheiden sich, aber nicht stark. Bei Verheirateten öffnet sich hingegen die Lohnschere ab dem 30. Lebensjahr. Weil der Zivilstand keinen Einfluss auf das Gehalt haben sollte, erklärt sich die Differenz mit der Familiengründung. Das Durchschnittsalter der Schweizer Mütter bei der Geburt des ersten Kindes liegt bei 30.9 Jahren. Für sie bedeutet die Geburt ein Lohnknick. In Zürich sinkt das Einkommen markant: «10 Jahre nach der Geburt des ersten Kindes liegt es im Kanton Zürich im Durchschnitt noch immer 60 Prozent tiefer als vor der Geburt.»
Gilt das für die gesamte Schweiz? Und was sagt die Weiterbildung über die Löhne aus? Wie finden die Frauen in den Arbeitsmarkt zurück? Dobler will es genauer wissen – und wird bei seinem Vorhaben über Parteigrenzen hinweg unterstützt. (aargauerzeitung.ch)
Einfach zu sagen "ETH/Uni" und dann den Anwalt und die Soziologin in denselben Topf zu werfen und deren Lohnunterschied als "nicht erklärbar" abzutun greift eben zu kurz.
Auch für uns Ökonomen wäre es ein Segen, wenn die Lohnstrukturerhebung feingranularer wäre. Nicht nur wegen der Lohnunterschiede, sondern auch um die Lohnentwicklung einzelner Sektoren genauer erfassen zu können.
Zudem sind leitende Funktionen mit einem 50% Pensum kaum möglich.
Was helfen würde wären mehr bezahlbare Kitas, was Mütter vermehrt zurück ins Arbeitsleben schicken würde. Angenehmer Nebeneffekt: Der Fachkräftemangel entspannt sich.