Hätte die GLP einen Stallgeruch, dann wäre dieser bislang von städtischen Duftnoten geprägt worden. Zu ihrer Wählerschaft wurden landläufig Menschen aus dem urban-progressiven, gebildeten, international ausgerichteten Milieu in städtischen Gebieten gerechnet. Hier trinkt man Caffè Latte statt Kafi Lutz, fährt Tram oder E-Bike statt Subaru.
Doch spätestens mit den Wahlen in den Zentralschweizer Kantonen Nidwalden und Obwalden vom Sonntag erhält der grünliberale Stallgeruch eine ländliche Note: Die GLP, die beiderorts zum ersten Mal überhaupt zu den Wahlen angetreten ist, ist die grosse Gewinnerin. Im Obwaldner Landrat eroberte sie mit knapp sechs Prozent Wähleranteil aus dem Stand heraus zwei Sitze.
Noch besser erging es den Nidwaldner Grünliberalen: Mit einem Wähleranteil von acht Prozent ziehen sie mit fünf Vertreterinnen und Vertretern in Fraktionsstärke ins Parlament ein. Und mit der Wahl von Peter Truttmann in den Regierungsrat erobert die GLP den schweizweit zweiten Sitz in einer kantonalen Exekutive - 15 Monate, nachdem die Partei in Basel-Stadt einen ersten Regierungssitz erobern konnte.
Seit 2017 ist der Berner Nationalrat Jürg Grossen Parteipräsident der Grünliberalen Schweiz. Ihn freuen die Wahlergebnisse aus der Zentralschweiz sehr:
Doch völlig überraschend komme der Wahlerfolg nicht. Die vielen Neumitglieder hätten gezeigt, dass die Konstanz, die Positionen und die Art der GLP, Politik zu machen, in allen Kantonen geschätzt werde.
Parteipräsident Grossen lehnt das von den Medien gern verwendete Attribut einer urbanen Partei ab. Die Erzählung einer ländlichen Schweiz, die Veränderungen negativ gegenüber steht und einer städtischen geprägten Bevölkerung, die allem Neuen positiv gegenüber stehe, sei zu vereinfachend.
Es gebe sowohl auf dem Land als auch in der Stadt konservativ denkende Bevölkerungsteile, die ihre Lebenswelt bewahren wollten. Im ländlichen Raum wählten diese eher rechts, in den Städten eher links. «Wir hingegen sprechen progressiv denkende Menschen an. Von diesen gibt es auch in den sogenannten ländlichen Gebieten sehr viele. Und ihnen bietet die GLP eine politische Heimat.»
Für Politikwissenschafter Lukas Golder vom Gfs Bern sind die Grünliberalen seit den letzten eidgenössischen Wahlen 2019 «die eigentliche Siegerpartei». 37 Sitze gewann sie seither in den kantonalen Parlamenten hinzu. Die Wahlerfolge in Obwalden und insbesondere der Einzug in die Nidwaldner Regierung zeigten «das riesige Potenzial der GLP, wenn sie zur richtigen Zeit mit den richtigen Leuten antritt», sagt Golder.
Den Grünliberalen helfe ihre klare Positionierung in der Europafrage, ihre Wahrnehmung als unverbrauchte Oppositionspartei und ihr dem Zeitgeist entsprechendes Image. Diese Formel komme auch in ländlichen Gebieten gut an: «Wir haben in der Schweiz eine zumindest mentale Urbanisierung, die fortschreitet. Auch in kleineren Gemeinden leben viele Pendlerinnen und Pendler, die in den Zentren arbeiten, gut ausgebildet sind und zu den Globalisierungsgewinnern gehören.» Für diese könne die GLP eine Alternative sein, auf Kosten von «sozialliberalen SP-Vertretern und ordnungspolitisch moderaten und umweltbewussten FDPlern».
Eine Herausforderung für die GLP sei es, ihre strukturellen Defizite und ihre relativ dünne Personaldecke zu überwinden, gerade auf dem Land und in der Romandie. Hier seien die etablierteren Parteien im Vorteil. Trotzdem habe die GLP «die Fähigkeit, Majorzwahlen zu gewinnen und schweizweit ein Wählerpotenzial von über 10 Prozent». Damit stelle sich mittelfristig die Frage nach einem Bundesratssitz.
GLP-Parteipräsident Grossen stellt klar:
Der Weg dahin sei offen. Klar ist für Grossen nur: «Sowohl FDP als auch SP sind derzeit übervertreten». Die aktuelle Zusammensetzung des Bundesrats sei überholt, «ausserdem fehlt es dem Gremium an Leadership». Um ihren Bundesratsanspruch zu untermauern, will die GLP bei den Nationalratswahlen 2023 zulegen und wieder in den Ständerat einziehen.
Weder bei der SP noch bei der FDP ist man auf Anfrage besonders gesprächig in Bezug auf die Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats im nächsten Jahr. Es sei «nicht die Zeit für Zahlenspiele», heisst es. (bzbasel.ch)
SP sicher nicht. Der Bundesrat ist schon jetzt zu rechts lastig…
2 SVP (darf auch weniger sein)
1 FDP
1 Mitte (oder GLP)
1 Grüne
2 SP