Linke fordern, dass Cargobikes auf Autoplätzen parkiert werden dürfen
Man nennt sie Lastenfahrräder, Cargobikes oder Transportvelos – und sieht sie immer häufiger auf Schweizer Strassen, vor allem in den Städten. 4250 Cargo-E-Bikes wurden hierzulande letztes Jahr gemäss dem Verband Velosuisse verkauft. Mit ihnen lassen sich Kinder herumchauffieren, aber auch Einkäufe und Waren transportieren.
Einige Städte haben bereits auf den Trend reagiert: Basel beispielsweise hat spezielle Abstellflächen geschaffen, weil die Cargobikes länger sind als normale Velos. Rückmeldungen und Anfragen aus der Bevölkerung zeigten, dass diese nötig seien, heisst es vom Bau- und Verkehrsdepartement. Nicht nur Cargovelo-Fahrende meldeten sich, sondern auch Fussgänger oder Velofahrerinnen, die sich ärgerten, wenn ein Cargovelo ein ganzes Veloabstellfeld blockiere oder aufs Trottoir rage.
Der Bund will nun ein eigenes Symbol schaffen, damit Parkflächen für Lastenvelos und Velos mit Anhängern gekennzeichnet werden können. Doch das reicht nicht allen. In der Vernehmlassung, die kürzlich zu Ende ging, kam die Forderung auf: Cargovelos und Velos mit Anhängern sollen auch auf Autoparkplätzen abgestellt werden dürfen, verlangen Grüne, SP und Pro Velo. Heute ist das verboten - es droht eine Busse von 20 Franken.
Delphine Klopfenstein Broggini, grüne Nationalrätin aus Genf und Vizepräsidentin von Pro Velo, hat im März eine Motion mit dieser Forderung eingereicht. «Cargobikes werden immer zahlreicher», sagt sie, «und das Potenzial ist gross.» Es sei ein umweltfreundliches Transportmittel, das gerade bei kurzen Distanzen das Auto ersetzen könne, um Kinder oder auch Waren zu transportieren.
Zu viele Autoparkplätze – oder viel zu wenige?
Eines der Hindernisse für eine schnelle Verbreitung der Cargobikes seien die fehlenden Parkplätze, sagt Klopfenstein. Da der Platz in den Städten beschränkt sei, müsse man sich fragen: Wo kann man den Platz hernehmen? Aus ihrer Sicht sei klar: bei den Autoparkplätzen. «Davon gibt es immer noch zu viele», sagt sie. Statt gewisse Autoparkplätze umzunutzen, sei es die einfachste Lösung, wenn diese auch für Cargovelos benutzt werden könnten.
Gar nicht gut an kommt diese Forderung bei Thomas Hurter, SVP-Nationalrat und Zentralpräsident des Automobilclubs ACS. «Das ist völlig falsch», sagt Hurter. Er sieht darin einen weiteren Versuch von linker Seite, die Autos zurückzudrängen. «Seit Jahren werden immer mehr Parkplätze abgebaut und das Lädelisterben beschleunigt», kritisiert er. «Dabei wird verkannt, dass das Auto nach wie vor ein wichtiger Teil der Mobilität ist. Viele sind darauf angewiesen.»
Das Potenzial der Lastenvelos werde völlig überschätzt, glaubt Hurter: Ausserhalb von flachen Innenstädten sei es kaum nützlich für den Güterverkehr. Und: Man dürfe nicht vergessen, dass der Veloverkehr nichts an die Infrastruktur zahle. «Darüber müssen wir in Zukunft auch mal reden.»
Autos und Velos nicht gegeneinander ausspielen
Der Bund will mit verschiedenen Änderungen das Potenzial von Lastenvelos besser ausschöpfen. Unter anderem sollen die 25-km/h-Cargobikes breiter und schwerer geladen werden dürfen (bis 1.20 Meter/Gesamtgewicht bis 450 Kilogramm). Die geplanten Verordnungsänderungen sind Teil eines Revisionspakets zum Langsamverkehr. Sie werden frühestens im ersten Halbjahr 2025 in Kraft treten, wie das Bundesamt für Strassen erklärt.
Matthias Aebischer, Präsident von Pro Velo Schweiz und SP-Nationalrat, sagt: «Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es reicht nicht. Der Bund ist auf halbem Weg stehen geblieben.» Die Vorschriften seien noch zu einschränkend.
Ein Beispiel: Pro Velo fordert unter anderem, dass auch schnelle Lastenvelos (45 km/h) bis zu 120 Zentimeter breit und bis 450 Kilogramm Gesamtgewicht haben dürfen. Das mache die Lastenvelos etwa für Handwerker attraktiv, sagt Aebischer. «In Paris werden KMU animiert, auf Lastenvelos umzustellen. Dadurch verstopfen sie die Strassen nicht mehr - davon profitieren alle.»
Aebischer betont, man dürfe Velos und Autos nicht gegeneinander ausspielen. Wenn man das Netto-Null-Ziel erreichen wolle – wie es Bundesrat und Parlament beschlossen haben - müsse man den Langsamverkehr aber möglichst attraktiv machen.
Zum Vorwurf von rechter Seite, die Linke wolle Autos aus der Stadt verdrängen, sagt Aebischer: «Das ist negativ formuliert. Wenn man zum Beispiel Paris anschaut, sieht man: Wenn der Autoverkehr abnimmt, macht das die Innenstadt attraktiver, auch für den Tourismus.» (aargauerzeitung.ch)
