Der Clan des ehemaligen Novartis-Chefs Daniel Vasella besitzt am Ufer des Zugersees in Risch ein Gebiet von mehr als 100'000 Quadratmetern. Die eine Hälfte gehört Vasella selbst, dem Ex-Manager, dessen Millionenboni einst der Abzockerinitiative zum Durchbruch verholfen haben. Die andere Hälfte gehört seiner Tochter und seinen zwei Söhnen.
Ein wesentlicher Abschnitt der Ländereien befindet sich ausserhalb der Bauzone. Dort gelten strenge Regeln. Es dürfen zum Beispiel grundsätzlich keine neuen Villen und Häuser gebaut werden.
Trotzdem fahren vis-à-vis dem Gut Aabach, wo der 70-jährige Vasella residiert, bald die Bagger auf. Auf der anderen Seite der Küssnachterstrasse wird ein altes Gebäude abgerissen, ein neues entsteht. Wie kann das sein?
Die strengen Regeln für das Bauen ausserhalb der Bauzone gelten erst seit 1980. Damals trat das Raumplanungsgesetz in Kraft. Vorher konnten auch ausserhalb der Dorfkerne Wohnhäuser gebaut werden. Dieser Bestand darf von den Besitzern erhalten werden. Ersatzneubauten müssen sich aber an den alten Häusern orientieren und dürfen um maximal 30 Prozent erweitert werden.
Vasella lässt nun ein Bauernhaus samt Stöckli im traditionellen Innerschweizer Stil abreissen. Auf dem knapp 2500 Quadratmeter grossen Gelände entstehen drei neue Gebäude. Eines anstelle des Bauernhauses, eines anstelle des Stöcklis. Beim dritten Gebäude, das auf den Zuger Katasterplänen bereits eingezeichnet ist, dürfte es sich um einen Unterstand für Autos handeln.
Das Bauprojekt wurde von der Gemeinde Risch Mitte Mai erteilt und wurde im Juni rechtskräftig.
Warum steht das schöne alte Bauernhaus nicht unter Schutz? Recherchen zeigen: Der Heimatschutz, der sich als Verband für schützenswerte Architektur einsetzt, intervenierte nicht gegen einen Abbruch.
Architektin Tanja Rösner ist im Vorstand des Zuger Heimatschutzes. Sie sagt auf Anfrage dieser Zeitung: «Die Bauten an der Küssnachterstrasse 8 in Risch befinden sich nicht im Inventar schützenswerter Objekte. Das Bauernhaus mit Stöckli wurde in den 60er-Jahren und somit erst im späten Heimatstil gebaut und ist durchaus bemerkenswert - führte aber in diesem Fall zu keiner Intervention unserer Seite.»
Das traditionelle Bauernhaus ist also kein Original. Vielmehr wurde es erst vor 50 Jahren den zum Teil mehrere 100 Jahre alten Bauten aus der Zentralschweiz nachempfunden.
«Das Gebäude greift aber nicht nur die Erscheinung einheimischer Bauernhäuser auf, sondern zelebriert ihre Bauweise bis in jedes Detail und den Innenausbau», heisst es in einer Bestandesaufnahme der Zuger Denkmalpflege. Trotz der schwärmerischen Zeilen wurde das Gebäude aber nicht in das Inventar schützenswerter Bauten aufgenommen.
Spannender als das Haus ist der damalige Bauherr Ernst Göhner. Dem legendären Bauunternehmen gehörte damals Land, das heute im Besitz der Vasellas ist. Und offenbar hatte er einen Hang zur Tradition. Zur gleichen Zeit, als Ernst Göhner für Tausende Agglomerationsbewohner modernste Plattenbauten erstellte, baute er für sich selbst am Zugersee ein Haus in uraltem Stil.
Göhner bewohnte das Haus aber nur, während an der Villa auf der anderen Strassenseite gebaut wurde. Später zog ein Teil seiner Mitarbeiter ein. Der heutige Besitzer und Bauherr, Daniel Vasella, residiert zurzeit auf der anderen Strassenseite. Was hat er mit den Ersatzneubauten vor? Klar ist, dass sich der Neubau am alten Haus orientieren und sich in das Landschaftsbild einpassen muss. So steht es im Zuger Leitfaden für Bauten ausserhalb der Bauzone.
Gemäss «Sonntags-Blick» plant Daniel Vasella einen Holzbau und will die entstehenden Wohnungen vermieten oder verkaufen. Als Architekt komme der deutsche Architekt Fabio Magnago zum Zug.
Wie Vasellas Anwalt gegenüber dieser Zeitung sagt, gab es keine Einsprachen gegen das Projekt. Eine Umfrage bei direkten Anliegern zeigt denn auch: Man hat nichts dagegen, dass anstelle des Bauernhauses etwas Neues entsteht. Das Haus sei zudem jahrelang leer gestanden.
Es ist nicht selbstverständlich, dass Vasellas Projekte so geräuschlos realisiert werden können. Als er noch während seiner Zeit bei Novartis in unmittelbarer Nähe des heutigen Bauprojektes ein Ausbildungszentrum für den Pharmakonzern realisieren wollte, regte sich Widerstand. Das Projekt scheiterte, und Vasella, der sich ein Vorkaufsrecht gesichert hatte, kaufte das Land im Jahr 2014.
Das nötige Kleingeld hatte er nicht zuletzt wegen seiner Rekordbezüge. Über 420 Millionen Franken kassierte er zwischen 1996 und 2013 während seiner Zeit bei Novartis.
Zuletzt fiel Vasella mit einem gescheiterten Steuertrick auf. Er meldete sich im Jahr 2013 ins Fürstentum Monaco ab, wo keine Einkommens- und Vermögenssteuer zu entrichten sind. Das Zuger Verwaltungsgericht wies ihm aber später mittels Strom- und Kaffeekapsel-Verbrauchszahlen nach, dass er seinen Wohnsitz immer noch hauptsächlich am Zugersee habe. Nun sorgt er dort selber für neue Nachbarn. Wann die Bagger auffahren, ist noch offen. (bzbasel.ch)