Schweiz
International

Palästina-Demo an Holocaust-Gedenktag sorgt in Zürich für Unmut

Palästina-Demo in Zürich sorgt für Unmut, da sie auf den Gedenktag des Holocausts am 27. Januar fällt.
Die geplante Palästina-Demo in Zürich sorgt für Unmut, da sie auf den Gedenktag des Holocausts am 27. Januar fällt.Bild: keystone/instagram

Palästina-Demo an Holocaust-Gedenktag – Israel-nahe Organisationen fordern Absage

Am 27. Januar hätte in Zürich ein grosser Demonstrations-Umzug für Palästina stattfinden sollen – am selben Tag wie der Holocaust-Gedenktag. Die Stadt Zürich sagte erst zu, suchte nach Kritik aber nach einem Kompromiss.
26.01.2024, 14:1226.01.2024, 18:42
Mehr «Schweiz»

Worum geht es?

Am kommenden Samstag wird in mehreren Ländern den Opfern des Holocausts gedenkt. An diesem Datum, dem 27. Januar 1945, wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit, in dem über eine Million Menschen ums Leben gekommen waren. Seit 2002 wird der 27. Januar als Internationaler Holocaust-Gedenktag begangen.

Eine Pro-Palästina-Demonstration, die just für diesen Tag in Zürich angesetzt ist, hat in den vergangenen Tagen deswegen für Aufruhr gesorgt. Die Demonstration wurde von der Stadt Zürich trotz Kritik aus Israel-nahen Organisationen bewilligt.

Wer kritisiert die Demonstration?

Verschiedene Israel-nahe Organisationen kritisieren die geplante Demonstration scharf. Nicht nur das Datum, auch der Flyer der Kundgebung ist Gegenstand der Auseinandersetzung. Die Organisation Yellow Umbrella bezeichnete die Demonstration etwa als «zynische Provokation» und als «antisemitisch», wie 20 Minuten berichtete.

Der Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG), Jonathan Kreutner, hatte den Flyer der Demonstration zuvor gegenüber der NZZ verurteilt. Der Schriftzug «From the river to the sea, Palestine will be free», der dort auf Arabisch abgedruckt ist, fordere implizit die Auslöschung Israels. Die Zürcher Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) reichte vergangene Woche deswegen Anzeige gegen den Veranstalter ein. Die Geschäftsleiterin der GRA, Stephanie Graetz, sagte gegenüber 20 Minuten:

«Die GRA Stiftung ist der Ansicht, dass es sich bei der Ankündigung um einen Gewaltaufruf handelt und die Organisatoren mit dem Slogan auf Arabisch ihre wahren Absichten gegenüber dem schweizerischen Durchschnittsleser versuchen zu verbergen.»

Dass zudem die Grossdemonstration ausgerechnet am Internationalen Gedenktag des Holocaust stattfinden soll, erscheine ihnen äusserst problematisch, so Graetz weiter.

Warum hat die Stadt Zürich die Kundgebung erlaubt?

Die Demonstration als Umzug wurde von der Stadt Zürich zunächst bewilligt. Man sei sich der Brisanz des Datums nicht bewusst gewesen, sagte Katharina Schroer vom Stadtzürcher Sicherheitsdepartement dem Tagesanzeiger.

Sie hätte deshalb erneut das Gespräch mit der Organisation gesucht, um eine neue Lösung zu finden und Rücksicht auf den Holocaust-Gedenktag zu nehmen. Schlussendlich habe man sich auf eine stehende Kundgebung geeinigt. Den ursprünglichen Demonstrationszug durch die Stadt wird es nicht geben.

Was sagen die Veranstaltenden?

Das Palestine Committee Zürich hat in den sozialen Netzwerken zu Beginn der Woche eine Stellungnahme zu den «Anschuldigungen und Verleumdungen» veröffentlicht. Darin weist die Gruppe die Vorwürfe des Israelitischen Gemeindebunds und der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus klar zurück. Auch sei das Datum der Demonstration nicht bewusst gewählt gewesen. Es sei von der Stadt Zürich vorgeschlagen worden.

Am Donnerstag meldete sich das Komitee erneut und informierte über die Umwandlung der Veranstaltung:

«Nach dem grossen Druck von allen Seiten wurde uns von der Stadt Zürich die Bewilligung für eine Grossdemo zu einer Bewilligung für eine Kundgebung umgewandelt.»

Gleichzeitig wehrt es sich erneut gegen «massive Verleumdungen und Beschuldigungen». Geworben wird weiterhin mit dem arabischen Schriftzug.

Bei der grossen Palästina-Demo in Basel am 14. Januar war die «From the river to the sea»-Parole ebenfalls zu lesen und zu hören. Nach wochenlangen Abklärungen kam die Basler Staatsanwaltschaft zum Schluss, dass die Parole nicht strafbar sei, wie der Kommunikationschef Martin Schütz gegenüber der NZZ erklärte.

Die kontroverse Parole dürfte also auch am Samstag in Zürich zu hören sein. Wie bei jeder Kundgebung werde die Stadtpolizei vor Ort sein und die Lage laufend beurteilen, sagte die Sprecherin Judith Hödl zur NZZ.

Wie sieht es an anderen Orten aus?

Italien will Pro-Palästina-Demonstrationen am Holocaust-Gedenktag verbieten. Innenminister Matteo Piantedosi hat die Polizeichefs der italienischen Grossstädte aufgerufen, pro-palästinensische Veranstaltungen auf einen anderen Tag zu verschieben.

Seit Beginn des Nahost-Konflikts im Oktober finden wöchentlich pro-palästinensische Demonstrationen in Mailand und Rom statt.

Doch am Holocaust-Gedankentag sollen die Pro-Palästina-Kundgebungen in Mailand und anderen Grossstädten verboten sein, da die Gefahr von anti-israelischen oder sogar antisemitischen Vorfällen bestehe, sagte der Mailänder Bürgermeister Giuseppe Sala am Freitag.

Mehrere palästinensische Studentenorganisationen hatten die Demonstration unter dem Motto «Stoppt den Genozid am palästinensischen Volk» bereits in den vergangenen Tagen in den sozialen Medien angekündigt. Dies hatte Protest der jüdischen Gemeinschaften in Italien ausgelöst.

Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
127 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Demetria
26.01.2024 14:55registriert März 2020
Du organisierst am Holocausgedenktag mit voller Absicht ne Antiisrael-Demo inklusive antisemitischer Sologans auf dem Werbeplakat und wenn das die Leute nicht cool finden, dann wirste noch frech und jammerst von Verleumdung und tust als wärst du das Opfer.
Ein bisschen wehleidig sind sie ja schon die guten Araber. Das ist wie das ewige Gejammere über die Kreuzzüge. Ich mein wie lang ist das her? Etwa 1000 Jahre. Von arabischen Piraten und arabischen Eroberern auf europäischem Boden wollen sie dann aber nix hören. Das sind "Lügen". Es sind immer die bösen Anderen. Sehr männlich und erwachsen.
13963
Melden
Zum Kommentar
avatar
H.P. Liebling
26.01.2024 15:23registriert September 2018
Zürich hat kein Platz für Antisemiten.
11641
Melden
Zum Kommentar
avatar
JefftheBeff
26.01.2024 15:56registriert Juni 2020
Ich will da nichts verallgemeinern, aber vielen Pro-Palästina-Demonstranten geht es in Wahrheit nicht um Solidarität mit den Palästinensern.
8639
Melden
Zum Kommentar
127
    Röstis EU-Stromabkommen wird wohl von links und rechts torpediert – die Sonntagsnews
    Abgangsentschädigungen trotz Fehlern, Widerstand von links und rechts gegen das EU-Stromabkommen und die USA verweigern einer Schweizerin die Einreise: Das und mehr findet sich in den Sonntagszeitungen.

    Fehlleistungen von Spitzenbeamten haben sich nach Informationen der «NZZ am Sonntag» offenbar nicht zwingend auf deren Abgangsentschädigungen ausgewirkt. Topkader sollen Abfindungen teils unabhängig davon erhalten haben, unter welchen Umständen sie den Bund verlassen haben, wie die Zeitung schrieb. Insgesamt habe der Bund von 2021 bis 2023 vierzehn Topkadern eine Abgangsentschädigung zwischen rund 49'000 Franken und gut 363'000 Franken pro Person bewilligt. Mehrere Personen hätten direkt im Anschluss eine Führungsposition im privaten Sektor übernommen. Ihre Abfindung mussten sie deswegen nicht zurückzahlen, wie die Zeitung schrieb. Die Behörden betonten laut der «NZZ am Sonntag», dass die Entschädigungen «gemäss den rechtlichen Grundlagen» entrichtet worden seien.

    Zur Story