In Grossbritannien hat der Bestand des Halsbandsittichs «astronomisch zugenommen». Das belegen neue Zahlen der Britischen Stiftung für Ornithologie (BTO). Die Population der Vögel ist seit 1995 um mehr als 2000 Prozent angestiegen. In anderen Worten: Die Population hat sich seit 1995 verzwanzigfacht.
Bei der letzten offiziellen Zählung wurden 2012 alleine in London 32’000 Halsbandsittiche gezählt. Laut dem BTO verdoppelte sich der Bestand in Grossbritannien in den letzten 10 Jahren: «Die Zahlen steigen und steigen einfach weiter. Es scheint unaufhaltbar», sagte Viola Ross-Smith von BTO gegenüber iTV. Mittlerweile wurden die auffällig grünen Vögel auch in Aberdeen (Schottland) und im nordirischen Belfast gesichtet. Dort versuchen Naturschützer nun, die Ausbreitung noch zu verhindern.
Halsbandsittiche kamen über Pakistan und Indien nach England und waren ursprünglich in Europa nicht heimisch. Sie gelten als invasive Tierart (Neozoen) und stehen in Konkurrenz mit anderen Vögeln, die in Höhlen und Hohlräumen nisten. Insbesondere in Städten können sie den bedrohten Mauerseglern Probleme bereiten.
Darum, wie sie sich in England ausbreiten konnten, ranken sich diverse Mythen: Jimi Hendrix habe 1966 ein Halsbandsittichpärchen in der Einkaufsstrasse Carnaby Street im Londoner Stadtteil in die Freiheit entlassen. Noch etwas weiter zurück geht der Mythos, der Ursprung der englischen Halsbandsittiche habe mit dem Filmset von «The African Queen» zu tun. Der Film wurde 1950 in London gedreht. Nach den Dreharbeiten habe sich die Crew entschieden, den Tieren die Freiheit zu schenken.
Auch in der Schweiz wurden die Tiere bereits verschiedentlich gesichtet. Vor allem im Tessin hätten Ornithologinnen und Ornithologen der BirdLife-Mitgliedorganisation Ficedula in jüngster Zeit vermehrt Halsbandsittiche festgestellt, erklärt BirdLife-Geschäftsführer Raffael Ayé gegenüber watson. Obwohl die grünen Sittiche auch schon nördlich des Gotthards, in Seuzach und Zürich, gesehen wurden, kann laut BirdLife in den übrigen Regionen der Schweiz noch keine Zunahme festgestellt werden.
Von einer leichten Zunahme der Sichtungen berichtet auch Livio Rey von der Schweizerischen Vogelwarte. Ob diese auf eine grössere Population der Halsbandsittiche zurückzuführen ist – oder ob die Sichtungen konsequenter gemeldet werden, könne man indes nicht sagen. Tatsächlich wurden auf der Citizen-Science-Plattform ornitho.ch in den vergangenen Jahren, mit Ausnahme von 2024 (15), nie mehr als zehn Sichtungen gemeldet.
Rey mahnt zum verantwortungsvollen Umgang mit den Tieren: «Der Halsbandsittich kann beispielsweise in Obstplantagen grosse Schäden verursachen und mit anderen Vogelarten oder Fledermäusen um Höhlen konkurrieren. Solange nur wenige Paare brüten, gibt es meist keine Probleme, weshalb zu diesem Zeitpunkt keine Massnahmen ergriffen werden, obschon sie ohne grossen Aufwand möglich wären. Ist ein Bestand jedoch erst einmal stark angewachsen, sind Massnahmen aufwendig, teuer und oft nicht mehr zielführend. Eine wichtige Rolle kommt deshalb der Prävention zu. Die eidgenössische Jagdgesetzgebung verbietet das Aussetzen von gebietsfremden Tieren und sieht etwa eine Bewilligungspflicht für Einfuhr und Haltung des Halsbandsittichs vor. Die Tierschutzgesetzgebung verlangt, dass Tiere in Gehegen so gehalten werden, dass sie nicht entweichen können. Dies kann bei Vögeln in der Regel nur gewährleistet werden, wenn sie in geschlossenen Anlagen gehalten werden.»
Ob sich damit die Invasion des Halsbandsittichs in die Schweiz längerfristig verhindern lässt, wird sich zeigen. Die Schweiz ist umzingelt. In Deutschland, Frankreich und Italien leben bereits grössere Populationen. In Köln beispielsweise existiert seit Jahrzehnten eine Kolonie von 2000 bis 3000 Tieren. Nochmals Livio Rey: «Gemäss Jagdgesetzgebung müssen die Kantone dafür sorgen, dass sich nicht-einheimische Tierarten nicht ausbreiten, und müssen sie entfernen, wenn sie die einheimische Artenvielfalt gefährden. Bei einer Art wie dem Halsbandsittich, der in vielen Städten rund um die Schweiz mittlerweile sehr häufig ist, wird dies sehr schwierig, wenn es kein europaweit koordiniertes Vorgehen gibt.»
Die natürlichen Feinde der Halsbandsittiche sind hierzulande Habichte, Sperber und Wanderfalken. Drei junge Wanderfalken sind letzten April im Nistkasten auf dem Hochkamin der Kehrichtheizkraftwerke an der Zürcher Josefstrasse geschlüpft. Vor wenigen Tagen ist der erste ausgeflogen.
Also wie immer, man erkennt ein Problem, unternimmt aber nichts weils es noch klein ist und wenn es dann gross ist jammert man weil man nichts mehr machen kann.