So leer ist er selten, der Raum, in dem der UN-Sicherheitsrat tagt.Bild: keystone
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Die Schweiz kandidiert zum ersten Mal in ihrer Geschichte für einen der zehn nichtständigen Sitze im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Heute fällen die 193 Mitgliedsländer der Uno-Generalversammlung ihren Entscheid.
09.06.2022, 15:2209.06.2022, 17:18
- Die Schweiz kandidiert mit Malta um die beiden Sitze der westlichen Regionalgruppe im Weltsicherheitsrat für die Jahre 2023 und 2024.
- Um gewählt zu werden, muss die Schweiz mindestens zwei Drittel der Stimmen der 193 Staaten der Vereinten Nationen erhalten. Das wären 129 Stimmen.
- Die Abstimmung stellt für die Schweiz einen Höhepunkt ihrer fast 15-jährigen Bemühungen für einen Sitz im wichtigsten politischen Gremium der Welt dar.
- Die Kandidatur der Schweiz ist im Inland umstritten. Die SVP bekämpfte diese und verwies auf Risiken für die Neutralität. Der Bundesrat und die Mehrheit im Parlament sehen für die Schweiz eine Gelegenheit, ihr Ansehen und ihre friedenspolitische Glaubwürdigkeit zu stärken.
Hier kannst du die Wahl mitverfolgen (die Sitzung startet um 16 Uhr):
Die SVP hat die Wahl der Schweiz in den Uno-Sicherheitsrat wenig goutiert. Damit würde sie in fremde Konflikte gezogen, schrieb die Partei. Die Grünliberale Partei hingegen drückte ihre Freude aus.
Mit ihrer neuen Aufgabe übernehme die Schweiz Verantwortung und könne sich aktiv für den Frieden einsetzen, schrieb die GLP am Donnerstag auf Twitter.
Die SVP sieht das anders. Im Uno-Sicherheitsrat würden Grossmächte über Krieg und Frieden entscheiden, schrieb die SVP nach der Wahl ebefalls auf Twitter. Mit dem Sitz im Uno-Sicherheitsrat sei die Schweiz definitiv eine Kriegspartei, schrieb die Partei in einer Bildlegende zur Nachricht.
187 von 192 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen wählten die Schweiz am Donnerstag an der Uno-Generalversammlung in den Uno-Sicherheitsrat. Die Schweiz wird von Januar 2023 bis Dezember 2024 Einsitz in dem höchsten Gremium der Vereinten Nationen haben. (sda)
Der Bundesrat will im Sicherheitsrat in den Jahren 2023 und 2024 vier Prioritäten in diesem Gremium setzen. So soll der nachhaltige Frieden gefördert, die Zivilbevölkerung geschützt, die Klimasicherheit angegangen und die Effizienz gestärkt werden.
Die Aussenpolitischen Kommissionen (APK) des Parlaments können zu den thematischen Schwerpunkten Stellung nehmen. Die endgültige Verabschiedung der Prioritäten erfolgt laut dem Bundesrat im Herbst.
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Die Schweiz wird von Januar 2023 bis Dezember 2024 im Weltsicherheitsrat sitzen.
Die Uno-Generalversammlung hat am Donnerstag in New York mit 187 Stimmen für die Aufnahme des Landes gestimmt.
Malta erhielt 185 Stimmen, Mosambik wurde mit dem Glanzresultat von 192 von 192 möglichen Stimmen gewählt, Japan mit 184 Stimmen.
Mehrere Ländervertreter ergreifen vor der Uno-Generalversammlung das Wort. In der Zwischenzeit machen sich die Stimmenzählerinnen und -zähler an die Arbeit. Das Ergebnis wird in den nächsten Minuten erwartet.
Um 10.09 Uhr Ortszeit begann der Wahlvorgang und die Stimmzettel wurden abgegeben. Nun ist der Wahlvorgang abgeschlossen und die Stimmen werden ausgezählt.
Auch Bundesrat Ignazio Cassis hat seine Stimme abgegeben:
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Die Sitzung beginnt um 16 Uhr. Die Wahl wird gegen 17.30 Uhr erwartet. Die Abstimmung in der Generalversammlung ist anonym. Es werden nur die für ein Land eingegangenen Stimmzettel eingereicht. Nein-Stimmen gibt es nicht, nur Enthaltungen.
Offiziell geben die fünf ständigen Mitglieder nicht bekannt, wie sie gewählt haben. Unter den Diplomaten spricht sich aber während dem Jahre dauernden Wahlkampf schon herum, wer wie stimmt.
Auch Aussenminister Cassis sagte, er habe «eine Idee», wer der Schweiz die Stimme geben werde. Ganz trauen kann man den Wahlversprechen nie: Lügen gehören zur Diplomatie. (sda)
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Zur Wahl hat sich auch der Schweizer Aussenminister und Bundespräsident Ignazio Cassis nach New York begeben. «Der Sitz bringt der Schweiz Glaubwürdigkeit, weil sie zeigen kann, was sie für Frieden und Stabilität leistet,» sagte er Bundespräsident am Mittwochabend vor Medienvertretern.
SVP-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier haben vor der Wahl der Schweiz in den Uno-Sicherheitsrat am Donnerstagmorgen auf dem Bundesplatz in Bern demonstriert. Sie zeigten ein Transparent mit der Aufschrift «Jetzt ist die Schweiz definitiv Kriegspartei».
Deutschland und Italien möchten sich auf Anfrage von Keystone-SDA vor der Wahl nicht mit einem Kommentar zur Schweizer Sicherheitsratswahl einbringen.
Der Sprecher der deutschen Uno-Mission, Holger Dreiseitl, versicherte, dass Deutschland das grosse Engagement der Schweiz in den Vereinten Nationen sehr schätze und erfreut sei, dass es zu vielen Themen einen engen Austausch gebe. Diese Partnerschaften wolle Deutschland fortführen und stärken. (sda)
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Die Schweiz wird im Fall einer Wahl ihr Mandat im Uno-Sicherheitsrat im Januar antreten. Bis dann wird sie ihren roten Sitz im Versammlungsaal behalten. Danach wird sie für zwei Jahre auf den blauen Stühlen Platz nehmen, die für die 15 Staaten im Sicherheitsrat bestimmt sind, darunter die fünf ständigen und die zehn nichtständigen Mitglieder.
Für die Schweiz wird am 1. Oktober eine provisorische Periode beginnen. Die Vorsitzenden des Uno-Exekutivorgans sollen bereits dann alle wichtigen Dokumente über Sitzungen an die Schweiz weiterleiten. Wohl würden allerdings einige Staaten bestimmte Dossiers zurückhalten, sagte ein Uno-Verantwortlicher der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. (sda)
Aufgaben
Die Uno-Generalversammlung hat dem Sicherheitsrat die «Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit» übertragen. Während die Beschlüsse der Uno-Generalversammlung nicht bindend sind, hat der Rat die Macht, Resolutionen zu beschliessen, an die sich alle Uno-Mitglieder halten müssen. Gemäss Uno-Charta soll das Gremium mindestens alle 14 Tage zusammentreffen. Da sich die Mandate und Friedensmissionen aber oft über Jahrzehnte hinziehen und neue Resolutionen dazukommen, finden heutzutage fast täglich Sitzungen statt – oft zu mehreren Themen. Dabei geht es nicht nur um kriegerische Konflikte. Da der Klimawandel und Energiekrisen zusehends als Bedrohung der internationalen Sicherheit angesehen werden, beschäftigt sich der Rat vermehrt mit Themen der Nachhaltigkeit.
Verpflichtungen
Der Schweiz erwächst mit der Mitgliedschaft im Sicherheitsrat Mehrarbeit, gleichzeitig kann sie ihr Netzwerk und direkte Kontakte mit den grossen Mächten ausbauen. Sie kann Lösungsvorschläge leichter einbringen als Nichtmitglied. Zusätzliche Verpflichtungen geht die Schweiz nicht ein. An die Beschlüsse des Rates müssen sich alle Uno-Staaten halten, nicht nur die Ratsmitglieder.
Engagement
Der Bundesrat will bei einer Einsitznahme der Schweiz im Sicherheitsrat in den Jahren 2023 und 2024 vier Prioritäten in diesem Gremium setzen. So soll der nachhaltige Frieden gefördert, die Zivilbevölkerung geschützt, die Klimasicherheit angegangen und die Effizienz gestärkt werden. Die Ziele hatte die Landesregierung Ende Mai bekanntgegeben. Die Aussenpolitischen Kommissionen (APK) des Parlaments können zu den thematischen Schwerpunkten Stellung nehmen. Die endgültige Verabschiedung der Prioritäten erfolgt laut dem Bundesrat im Herbst.
Militäreinsätze
Kapitel VII der Uno-Charta beschreibt die Schritte, die eingeleitet werden, wenn der Sicherheitsrat eine Bedrohung des Weltfriedens feststellt. Wenn alle gewaltlosen Massnahmen – wie etwa Sanktionen – ausgeschöpft sind, ist der Rat auch dazu berechtigt Luft-, See- oder Landstreitkräfte zur Wahrung des Friedens einzusetzen. Dafür kann er auch auf Streitkräfte zurückgreifen, die von willigen Uno-Mitgliedstaaten gestellt werden. Die Schweiz kann nicht gezwungen werden, Truppen zu stellen.
Neutralität
Die Schweiz geniesst bei den Vereinten Nationen hohe Glaubwürdigkeit. Ihre Vorstösse werden in der Regel breit unterstützt. Gleichgesinnte Staaten erwarten, dass sich das Land nach zwanzig Jahren der Mitgliedschaft in der Organisation auch im Sicherheitsrat engagiert. Vor ihr waren bereits andere neutrale und bündnisfreie Staaten im Gremium dabei, wie etwa Österreich, Schweden und Irland. Bei Abstimmungen kann sich die Schweiz enthalten, sollte sie sich in ihrer Neutralität bedroht fühlen.
Innenpolitik
Die Kandidatur der Schweiz für den Uno-Sicherheitsrat ist innenpolitisch umstritten. Die SVP etwa lehnt sie ab. Da der Rat über Krieg und Frieden entscheide, könne ein Mitglied nicht neutral bleiben, argumentieren die Gegner. Die Schweiz werde durch die Mitgliedschaft im prominenten Rat dem Druck von Grossmächten ausgeliefert, unter dem sie leicht «einzuknicken» drohe. Die Schweiz geriet immer wieder auch ausserhalb der Uno unter Druck – in den letzten 25 Jahren etwa in Rechtsstreitigkeiten mit den USA wegen Vermögens- und Steuerfragen, oder jüngst im Ukraine-Konflikt mit Russland.
Russland
Wohl wird die Schweiz bei der Wahl in der Uno-Generalversammlung die Stimme Russlands nicht erhalten – dies aber nicht, weil sie etwa Uno-Sanktionen gegen die russische Invasion der Ukraine befolgt hätte, sondern weil sie sich den EU-Massnahmen angeschlossen hat und für Moskau deshalb als «feindlicher Staat» gilt.
Stimmen
Im Vorfeld der Wahl haben sich mehrere Staats- und Regierungschefs positiv zur Schweizer Kandidatur für den Sicherheitsrat geäussert. Das Profil der Schweiz könne in einer Zeit zunehmender Spannungen für den Sicherheitsrat produktiv sein, hiess es. Die Schweiz «kann viel beitragen», sagte etwa der kolumbianische Präsident Ivan Duque. Er freue sich über die Kandidatur eines Staates, der in seinem eigenen, von jahrzehntelangem Krieg betroffenen Land an Minenräumungen gearbeitet habe. Italiens Aussenminister Luigi Di Maio sagte, Italien unterstütze die Schweiz nicht nur, sondern wünsche ihr auch alles Gute. Der Uno-Sicherheitsrat müsse sich in dieser Zeit stärken. Der US-Klimagesandte John Kerry sah die Schweiz jüngst als «Beispiel» im Kampf gegen die globale Erwärmung, und er war der Meinung, dass der «Ruf» der Schweiz eine positive Rolle im Uno-Sicherheitsrat spielen könne.
Vetomächte
Die fünf ständigen Ratsmitglieder sind die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges Frankreich, Grossbritannien, Russland, die USA und China. Diese Staaten besitzen ein Vetorecht, mit dem jede Resolution gestoppt werden kann. Während Frankreich und Grossbritannien ihr Veto selten einsetzen, blockieren China und Russland den Rat oft. Aber auch die USA greifen gerne zum Veto. Seit Neustem sind die Vetomächte per Resolution der Generalversammlung angehalten, ihren Entscheid für ein Veto der Vollversammlung zu erklären.
Sitzverteilung
Der Sicherheitsrat der Uno besteht aus 15 Nationen. Zehn Staaten sind nichtständige Mitglieder und nehmen nur für zwei Jahre im Rat Einsitz. Die Uno ist in fünf regionale Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe stellt zwei nichtständige Ratsmitglieder. In der Gruppe der «westeuropäischen und anderen Ländern» bewerben sich die Schweiz und Malta für die beiden Sitze – Gegenkandidaten gibt es keine.
Personal
Die Nationen werden im Sicherheitsrat normalerweise durch die jeweiligen Uno-Botschafterinnen und -botschafter in New York vertreten. Für die Schweiz ist dies Pascale Bäriswyl, ehemalige Staatssekretärin im Aussendepartement. Sie kennt die Funktionsweise des Rates aus ihrer Zeit als Leiterin des politischen Teams der Schweizer Mission bei den Vereinten Nationen in New York von 2008 bis 2013. In speziellen Sondersitzungen übernehmen manchmal die Aussenminister die Vertretung. In Erinnerung ist etwa der Auftritt 2003 des damaligen US-Aussenministers Colin Powell, um für einen Uno-Einsatz im Irak zu werben. Unvergessen ist auch die Blockade eines Eingriffes der Uno in Syrien durch den russischen Aussenminister Sergej Lawrow 2012. (sda)
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