Donald Trump postet täglich 17 Mal auf seinem Portal Truth Social, wie die «Washington Post» recherchiert hat. Total hat Trump in seinen ersten 132 Tagen als US-Präsident ganze 2262 Posts abgefeuert. Auf diese Weise hat er eine chaotische Zollpolitik geführt, laut der Schweizer Raiffeisenbank die US-Zölle «massiv erhöht» und weltweit vor allem für eines gesorgt: «enorme Verunsicherung und Verwerfungen».
Dem kann sich auch die Schweiz nicht entziehen, wie Raiffeisen weiter in einer Studie schreibt. Die Folgen zeigen sich an allen möglichen Ecken und Enden.
Für die Exportindustrie hat sich der Ausblick deutlich eingetrübt. Zölle auf die für die Schweiz enorm wichtige Pharmabranche könnten bald folgen. Höhere Zölle auf Autos und Stahl belasten Schweizer Zulieferer für die europäische Industrie indirekt. Chinesische Waren, die für die USA bestimmt waren, könnten nach Europa und in die Schweiz umgeleitet werden und die Preise nach unten drücken.
All das hat hierzulande Folgen für Zinsen, Inflation und Häuserpreise. Die Inflation werde zeitweise ins Negative rutschen, sagt Raiffeisen voraus.
Die Zinsen für Laufzeiten bis vier Jahre würden bereits im negativen Bereich liegen, und auch die Zinsen für Festhypotheken hätten nachgegeben. Die Immobilienpreise würden dank dieser niedrigen Zinsen noch stärker steigen.
Im Mai hatte die Schweiz, wie von Raiffeisen vorhergesagt, tatsächlich wieder eine negative Jahresinflation – erstmals seit vier Jahren. Das zeigt der Landesindex für Konsumentenpreise, den das Bundesamt für Statistik neu veröffentlicht hat. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Preise demnach um 0,1 Prozent gefallen. Im Durchschnitt wurde also alles leicht billiger.
Das gilt vor allem für Erdöl. Die Preise von Erdölprodukten wie Benzin, Diesel oder Heizöl sanken durchschnittlich um fast 10 Prozent. Der Flugverkehr, dessen Preise vom Erdöl abhängen, wurde um fast 14 Prozent günstiger. Einen noch stärkeren Rückgang des Preisniveaus verhinderten die Mieten, die um 2,6 Prozent zulegten. Alle anderen Preise fielen im Durchschnitt um 0,7 Prozent.
Das kann Martin Schlegel nicht gefallen. Der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) will die Inflation zwischen 0 und 2 Prozent halten. Die neuen Inflationszahlen sprechen also dafür, dass die SNB ihren Leitzins weiter senken wird. Die nächste Chance dazu kommt an der geldpolitischen Lagebeurteilung vom 19. Juni. Die Frage ist nur noch, um wie viel Schlegel nach unten gehen wird.
Derzeit liegt der Leitzins der SNB bei 0,25 Prozent. Schlegel muss also entscheiden, ob er den Leitzins auf 0 Prozent senkt – oder gleich in den negativen Bereich hinein auf minus 0,25 Prozent. Wie der Raiffeisen-Ökonom Alexander Koch sagt, geht man an den Finanzmärkten jedenfalls auf Jahressicht von einer Rückkehr zu negativen Leitzinsen aus.
Dies lässt sich an den Zinsen auf zweijährige Schweizer Staatsanleihen ablesen. Diese stehen seit Ende April im negativen Bereich und sind kürzlich gar unter die Marke von minus 0,2 Prozent gefallen. Demnach geht die SNB in diesem Jahr wieder in den negativen Bereich, dann aber in den nächsten zwei Jahren wieder auf 0 Prozent oder leicht darüber. Im Schnitt kommen so Leitzinsen von minus 0,2 Prozent zustande – so wie der aktuelle Zins auf zweijährige Staatsanleihen.
Für noch tiefere Schweizer Zinsen sprechen auch die Inflationszahlen aus der Eurozone. Dort sind die Preise im Mai gar nicht gestiegen, so das Europäische Statistikamt Eurostat. Zum Vorjahr haben die Preise nur um 1,9 Prozent zugenommen – was unter dem Zielwert der Europäischen Zentralbank liegt. Damit ist für die EZB der Weg frei, um ihre Leitzinsen am Donnerstag zu senken. Experten erwarten eine Senkung des EZB-Einlagensatzes von 2,25 auf 2 Prozent.
Damit gerät die SNB noch mehr unter Zugzwang. Wenn sie nicht ihrerseits in zwei Wochen ihren Leitzins senkt, wird ihr Zinsnachteil zur EZB geringer: Sie hätte weiterhin tiefere Leitzinsen, aber die Differenz würde kleiner. So würde der Franken stärker, Schweizer Importe aus der Eurozone billiger und die Inflation in der Schweiz noch schwächer. Solch zusätzlichen Abwärtsdruck wird die SNB mit Leitzinssenkungen verhindern müssen.
So oder so: Es sieht mehr und mehr danach aus, dass die coronabedingt hohen Zinsen nur ein vorübergehender Trend waren und dass laut Raiffeisen wieder eine «längere Tief-, wenn nicht sogar Negativzinsphase bevorsteht». Mit den tiefen Zinsen ist Kaufen wieder wie vor Corona günstiger als Mieten. 15 bis 30 Prozent der Wohnkosten können eingespart werden. Das erhöht die Nachfrage nach Wohneigentum, und die Preise steigen nach einer zweijährigen Phase schwächeren Wachstums wieder stärker an: Stockwerkeigentum auf Jahresfrist um 3,5 Prozent und Einfamilienhäuser gar um 5 Prozent. (aargauerzeitung.ch)