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DNT-Studien nicht eingereicht: Lücken bei Pestizid-Zulassungen

Der Agrochemiekonzern Syngenta verst
Das Chemie-Unternehmen Syngenta mit Sitz in der Schweiz steht nun im Verdacht, Studienergebnisse über Pestizide nicht veröffentlicht zu haben.Bild: sda

Chemie-Riesen sollen Pestizid-Studien verheimlicht haben

01.06.2023, 10:5501.06.2023, 13:23
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Bevor ein Pestizid zugelassen wird, muss die Industrie nachweisen können, dass das jeweilige Mittel für Mensch, Tier und Umwelt verträglich ist. So auch beim Pflanzenschutzmittel Abamectin. Benutzt wird dieses vor allem von Bauern, um Schädlinge auf Obst und Gemüse zu bekämpfen. Abamectin ist allerdings kein harmloses Pflanzenschutzmittel. Es gelten strenge Vorschriften für Anwender und Hersteller, die dafür sorgen müssen, dass niemand wegen des Mittels einen Schaden erleidet.

Und gerade letzteres ist nicht geschehen, wie SRF und ein internationales Rechercheteam festgestellt haben. Die Pharma-Unternehmen Bayer und Syngenta sollen DNT-Studien zurückgehalten haben, welche eine toxische Wirkung im Körper nachgewiesen haben. DNT steht für spezifische Studien, die an Tieren durchgeführt werden, damit festgestellt werden kann, ob ein Pestizid für Föten oder Kinder gefährlich ist.

Dass etwas mit den DNT-Studien nicht stimmt, entdeckte der schwedische Chemiker Axel Mie. Er glich die Zulassungsdossiers für Pestizide in den USA und Europa ab und stellte fest: Ein Viertel aller DNT-Studien wurde in der EU nicht eingereicht – und daher in der Schweiz auch nicht. Die Studien wurden Anfang 2000 durchgeführt.

Diese nicht eingereichten Studien kommen zum Schluss, dass gewisse Pestizide (darunter auch Abamectin) bei Laborratten zu veränderten Bewegungsfähigkeiten und Gehirngrössen führten. Abamectin führte ausserdem zu einer verzögerten Entwicklung der Sexualorgane.

Bayer und Syngenta sind aber nicht die einzigen Chemie-Unternehmen, welche die Studien nicht eingereicht haben. Davon betroffen ist auch das japanische Unternehmen IKS sowie die Nissan Chemical Corporation.

Bei weiteren Pestiziden wird deswegen zurzeit die Neuzulassung für die EU geprüft – zum Beispiel bei Glyphosat.

Syngenta streitet ab

Der Konzern Syngenta sagt in einer Stellungnahme:

«Es gibt keine nicht eingereichten DNT-Studien von Syngenta in der EU oder der Schweiz.»

Die DNT-Studien seien erstellt worden, um die US-Rechtsvorschriften zu erfüllen, und seien «auf spätere Anforderungen der EU hin» ausgehändigt worden.

Juristisch gesehen sei dieses Argument aber nicht zulässig, so SRF. Denn jede Studie, die neue Erkenntnisse liefere, müsse auch nach der Zulassung eingereicht werden.

Bayer schreibt auf Anfrage von SRF: «Wir haben zu jeder Zeit die nötigen Studien eingereicht, die nach den damaligen Regularien gefordert waren.» Die besagten DNT-Studien hätten zudem die Risikobewertung nicht verändert.

(oee)

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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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actualscientist
01.06.2023 11:28registriert Januar 2019
Neeein. Doch. Ohhhh.

Überrascht null. Selbst regulieren funktioniert nicht.

Exon mobile hat daselbe auch mit Daten zur Klimakrise getan.

Profit über moral. Man ist ja verpflichtet seinen Aktionären gegenüber gewinn zu maximieren.
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Maya Eldorado
01.06.2023 11:41registriert Januar 2014
Also, wenn Syngenta das nachweisen muss. Die haben ja kein Interesse daran zu beweisen, dass es schädlich ist.
Solche Sachen sollten von unabhängiger Stelle auch geprüft werden, ansonsten unsere Biodiversität bald ganz im Eimer ist.
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domin272
01.06.2023 11:35registriert Juli 2016
Wie immer eigentlich wenn ein privates Unternehmen, dass so eng mit Gesundheit und Sicherheit der Menschen verbandelt ist, sich aber keine direkten Schäden feststellen lassen. Wo Verluste sozialisiert und Gewinne privatisiert werden können, wird es gemacht.
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