Mehrere Dutzend Aktivistinnen und Aktivisten der Klimabewegung haben am frühen Montagmorgen auf dem Zürcher Paradeplatz die Eingänge der Grossbanken Credit Suisse und UBS besetzt. Die Stadtpolizei bezeichnete die Kundgebung in einer ersten Stellungnahme als «friedlich» – sie räumte die Blockaden jedoch wegen des Verdachts der «Nötigung» wegen Hausfriedensbruchs.
83 Personen wurden festgenommen, wie die Stadtpolizei Zürich mitteilt. 64 der Verhafteten werden bei der Staatsanwaltschaft angezeigt, 19 bei der Jugendanwaltschaft. Von den Festgenommenen waren 47 Frauen und 36 Männer.
watson sprach kurz nach der Räumung mit Frida Kohlmann, Sprecherin der Aktionswoche «Rise Up For Change», die vor Ort war.
Mehrere Dutzend Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten wurden heute Morgen von der Polizei vorläufig festgenommen. Was bedeutet das für das Klimacamp?
Frida Kohlmann: Wir werden sehen, wie es mit dem Camp weitergeht. Die Blockaden vor der Credit Suisse und der UBS hier auf dem Paradeplatz wurden zwar geräumt, die anderen Aktionen werden aber voraussichtlich noch einige Stunden dauern.
Sie waren mit eigenen Juristinnen und Juristen hier vor Ort. Was ist Ihr erstes Fazit von der Räumung? Lief Ihrer Ansicht nach alles mit rechten Dingen ab?
Von rechten Dingen kann man in dem Zusammenhang nicht sprechen. Ich bin schockiert, obwohl es mich auch nicht sehr wundert, dass mit einem derartigen Grossaufgebot der Polizei reagiert wurde. 2019 waren wir ja schon mal hier, mittlerweile haben wir zwei weitere Jahre im Kampf gegen die Klimakrise verloren. Und da finde ich es ernüchternd, dass der Staat in dieser Zeit immer noch keinen Weg gefunden hat, mit legitimen Protesten in einem demokratischen Rechtsstaat umzugehen. Vor allem angesichts der Tatsache, dass die Politik nach wie vor zu wenig unternimmt, um die Erderhitzung zu stoppen.
Über Ihre Forderungen an die Politik und Wirtschaft kann man ja diskutieren. Die Form des Protests war ja trotzdem radikal – was entsprechende Gegenreaktionen der Polizei ausgelöst hat. War das nötig?
Ja, das ist immer eine Frage der Mittel. Wir haben ja Verschiedenes schon versucht und wurden nicht angehört. Dieser Protest heute war eine Form des zivilen Ungehorsams: Menschen setzen sich mit ihrem Körper in den Weg, sie liefern sich entsprechend enorm aus. Sie zeigen aber damit auch, was ihnen wichtig ist, nämlich der Erhalt der Lebensgrundlagen von uns allen.
Der Staatsanwalt Edwin Lüscher war ja auch vor Ort. Haben Sie den Kontakt mit ihm gesucht?
Ich weiss, dass eine unserer Juristinnen den Kontakt zu ihm gesucht hat und ihn darauf aufmerksam gemacht hat, dass man auf die Schikanen von 2019 auch verzichten könne. Konkret wiesen wir darauf hin, dass die vorläufig festgenommenen Personen nach der Kontrolle wieder freigelassen werden könnten. Wir werden sehen, wie der Staatsanwalt entscheiden wird.
Die Staatsanwaltschaft hat 48 Stunden Zeit, darüber zu entscheiden, ob die Aktivisten freigelassen oder einem Zwangsmassnahmengericht zugeführt werden.
Unsere Freundinnen und Freunde haben hier Enormes geleistet, mussten die Strapazen des «Weggeschlepptwerdens» aushalten und erlitten dabei teilweise Schmerzen. Einige hörte man deshalb auch schreien. Wir hoffen deshalb, dass die Polizei sie rasch freilassen kann und wir werden sie dann in Würde und Ehren auf dem Klimacamp-Platz in Empfang nehmen. Danach wird es darum gehen, das Erlebte aufzuarbeiten, damit sie weiterhin Kraft für diesen Kampf haben.
Hand aufs Herz: Das Geschrei der Aktivistinnen war doch gestellt?
Ich bin mir nicht ganz sicher. Wir wissen, das es nicht immer angenehm ist, so von der Polizei abgeführt zu werden. Ich verstehe ja auch ihre Sicht: 30 Menschen oder mehr abzuschleppen, geht jedem an die Substanz. Am Ende sind auch die Aktivistinnen und Aktivisten Menschen, die hier eine wichtige Arbeit im Rahmen ihrer demokratischen Rechte leisten. Und da wäre es nicht zu viel verlangt, dass man auch mit ihnen würdevoll umgeht.
„… dass der Staat in dieser Zeit immer noch keinen Weg gefunden hat, mit legitimen Protesten in einem demokratischen Rechtsstaat umzugehen.“
Nicht bewilligte Demos/Blockaden sind keine „legitime Proteste“.
„Die Politik“ hat das CO2 Gesetz gebracht - die Stimmbürger/-innen haben das aber abgelehnt.
Extreme Aktionen wie am Paradeplatz helfen nicht dabei eine Mehrheit für ein neues CO2 zu finden. Stattdessen bedienen sie Stereotypen und schüren Ängste was zu einer Abwehrreaktion führt. Ähnlich wie die Agrarinitiativen erreichen sie genau das Gegenteil.
In einer Demokratie gibt es andere Mittel um Ziele zu erreichen, hierzu muss niemand genötigt werden.