Schweiz
Interview

Werden jetzt in allen Jugendherbergen Flüchtlinge platziert?

Interview

Herr Gmür, bringen Sie jetzt in allen Schweizer Jugendherbergen Flüchtlinge unter? 

Nachdem einige Kantone neu Flüchtlinge bei Privatpersonen platzieren, werden jetzt auch Jugendherbergen dafür genutzt. Fredi Gmür, CEO der Schweizer Jugendherbergen, sagt, was der Gedanke dahinter ist, wie viele Jugendherbergen dafür in Frage kommen und welche Anzahl Flüchtlinge darin ein vorübergehendes Zuhause findet. 
07.10.2015, 08:5209.11.2015, 14:37
Felix Burch
Folge mir
Mehr «Schweiz»

Weil die Zentren für Asylsuchende wegen des grossen Zustroms überlastet sind, werden nach Rapperswil neu auch in der Stadt St.Gallen Flüchtlinge in Jugendherbergen untergebracht. Wie ist es dazu gekommen?
Fredi Gmür: Die Jugendherbergen St.Gallen und Rapperswil sind in den Wintermonaten – also von Anfang November bis Ende März – geschlossen und stehen während dieser Zeit leer. Deshalb macht eine vorübergehende Nutzung durch Flüchtlinge für alle Seiten Sinn.

Sind Sie auf die Idee gekommen?
Nein, wir sind nicht von uns aus aktiv geworden. Die zuständigen Migrationsämter sind auf uns zugekommen. Da die Jugendherbergen im Besitz der Städte, und wir Langzeitpächter sind, lag ​die Lösung auf der Hand.

«Bezahlende Gäste und Flüchtlinge werden wir nicht mischen. Wir bringen nur dort Flüchtlinge unter, wo Jugendherbergen über den Winter geschlossen sind.»
Fredi Gmür, CEO der Schweizer Jugendherbergen.
Fredi Gmür, CEO der Schweizer Jugendherbergen.

Was für Vorteile bringt die Lösung für die Jugendherbergen?
Wir stellen Häuser zur Verfügung, die sonst leer stehen würden. Zudem können wir dadurch je zwei Mitarbeiter das ganze Jahr durch beschäftigen. Zwar werden die Flüchtlinge durch die Migrationsämter betreut, wir stellen aber pro Haus je eine Person für die Küche und eine für die Wäscherei. 

Für wie viele Flüchtlinge bieten die beiden Jugendherbergen Platz? 
In St.Gallen wie auch in Rapperswil ​können zwischen 40 und 58 Flüchtlinge untergebracht werden. Wir belegen beide Herbergen – St.Gallen hat 87 Betten und Rapperswil 74 Betten – nicht voll, damit es während den kalten Monaten genügend Platz gibt für die Flüchtlinge. Familien zum Beispiel haben einzelne Zimmer. 

Die Jugendherberge in St. Gallen ist diesen Winter erstmals das Zuhause von Flüchtlingen. 
Die Jugendherberge in St. Gallen ist diesen Winter erstmals das Zuhause von Flüchtlingen. 
bild: zvg

Das Modell scheint Sinn zu machen. Funktionieren Sie nun alle Jugendherbergen in der Schweiz zu Unterkünften für Flüchtlinge um?
Nein. ​Bezahlende Gäste und Flüchtlinge werden wir nicht mischen. Es kommen als nur Jugendherbergen in Frage, die über den Winter geschlossen sind. Von unseren insgesamt 52 Häusern stellen im Winter nur gerade 15 den Betrieb ein. 

Gibt es weitere Interessenten?
Wir haben Anfragen von anderen Kantonen bekommen, ja. 

Von welchen?
Es ist noch zu früh, etwas zu sagen. Die Anfragen sind noch nicht konkret. Es waren präventive Anfragen; Abklärungen, ob Flüchtlinge in Jugendherbergen untergebracht werden könnten, wenn es zu Engpässen käme.  ​

Jugendherbergen, die im selben Atemzug mit Flüchtlingen genannt werden: Was für Auswirkungen hat das auf das Image?
Ich denke ausschliesslich positive. Statt gewisse Häuser einfach leer stehen zu lassen, können wir einen Beitrag leisten, das aktuelle Problem zu lösen. Das ist doch eine gute Sache!

In der Jugendherberge Rapperswil werden schon seit dem Jahr 2008 Flüchtlinge untergebracht. 
In der Jugendherberge Rapperswil werden schon seit dem Jahr 2008 Flüchtlinge untergebracht. 
bild: zvg
Wärst du bereit, vorübergehend einen Flüchtling oder eine Flüchtlingsfamilie bei dir aufzunehmen?

Flüchtlinge kämpfen gegen Grenzen

1 / 15
Flüchtlinge kämpfen gegen Grenzen
15. September, Istanbul, Esenler Busbahnhof: Die Regierung hält Tickets an die Grenze zurück, Flüchtlinge protestieren.
quelle: getty images europe / ahmet sik
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
12 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
12
Halbe Belegschaft betroffen: Massenentlassung bei Pfizer in Zug

Beim Pharma- und Biotechriesen Pfizer werden in Zug 74 Kündigungen ausgesprochen. Dies bestätigte eine Sprecherin des US-Unternehmens gegenüber CH Media. Weitere 21 Personen sollen intern wechseln. Von den Massnahmen ist damit die Hälfte der Belegschaft betroffen – in Zug arbeiten 191 Personen für Pfizer.

Zur Story