Am 11. Juni 2023 wurde in einem Hotelzimmer in Teheran ein Schweizer aufgefunden. Er hatte «mittelschwere» Verletzungen erlitten. Laut Informationen von CH Media hatte der Mann erhebliche Verletzungen am Kopf erlitten, an beiden Knien sowie im Brust- und Bauchbereich.
Der Verletzte war ein Schweizer Verteidigungsattaché. Ein Diplomat also aus dem Verteidigungsdepartement (VBS) von Mitte-Bundesrätin Viola Amherd.
Was war passiert? Was hatte der Oberst, der im 2000 Kilometer entfernten Islamabad in Pakistan stationiert war und der auch für den Geheimdienst NDB gearbeitet hatte, in Teheran zu tun? Genaues schien niemand zu wissen, offiziell wurde nie informiert, weder im VBS noch im Aussendepartement EDA.
Eine Armeesprecherin bestätigte im Juli 2023 den Vorfall gegenüber CH Media. Der in Verteidigungsattaché sei «im Iran seitenakkreditiert», er habe sich auf Dienstreise befunden. «Er erlitt einen Schwächeanfall im Hotelzimmer, stürzte und zog sich dabei eine Kopfverletzung zu. Vom 11. bis zum 15. Juni liess er sich in einem Spital in Teheran behandeln und wurde anschliessend auf Anordnung des Vertrauensarztes der schweizerischen Botschaft in die Schweiz repatriiert. Es geht ihm soweit gut.»
Und: Die «bisherigen medizinischen Abklärungen weisen nicht auf eine Fremdeinwirkung hin». Unbeantwortet blieb, worauf der «Schwächeanfall» zurückzuführen sei, ob es eine Untersuchung gebe.
Der Vorgang sorgte für einige Unruhe bei Insidern. Denn es war nicht der erste «Unfall» in Teheran. Und nicht der erste, der, wie sich jemand ausdrückt, «unter den persischen Teppich gekehrt» wurde.
In der Nacht auf den 4. Mai 2021 stürzte eine Schweizer Diplomatin vom Balkon ihrer Wohnung im 17. Stock eines Hochhauses in Teheran. Ihre Leiche wurde erst acht Stunden später von einem Gärtner entdeckt.
Die Frau, 51, war Erste Sekretärin der Schweizer Botschaft. Sie leitete die Abteilung, die die Interessen der USA im Iran vertritt. Das führte zu Spekulationen, zumal niemand an Selbstmord glaubte.
Auch die Teheraner Rettungsdienste nicht. Ein Sprecher sagte laut lokalen Medien: «Selbstmord kommt nicht infrage.» Die Tote habe Kopf- und Handfrakturen aufgewiesen.
Weiter wurde berichtet: Mitbewohner im Hochhaus hatten um 00.24 Uhr «ein lautes Geräusch» gehört, das klang «wie eine Explosion». Es habe keine Anzeichen von Unordnung in der Wohnung der Diplomatin gegeben. Das Balkongeländer sei etwa 1,10 Meter hoch. Es habe keine Blutspuren oder andere Anzeichen auf einen Kampf gegeben. Die Gerichtsmedizin habe später bei der Toten «Spuren von einigen Medikamenten gefunden».
In einem Gästezimmer wurde eine Notiz gefunden. Darauf stand in englischer Sprache: «Nach meinem Tod soll meine Leiche in die Schweiz gebracht und meinem Sohn übergeben werden. Die Leiche soll verbrannt und die Urne neben meinem verstorbenen Sohn begraben werden. Mein ganzes Hab und Gut soll meinem Sohn übergeben werden.»
Seltsam: In der Notiz gab es keinen Hinweis auf eine bevorstehende Selbsttötung. Es gab kein Datum, keine Unterschrift. Das Schreiben konnte irgendwann verfasst worden sein.
In Bern reagierte das EDA «bestürzt». Und zugeknöpft. Der Fall sei intern «erstickt» worden, sagen Diplomaten. Sie können nicht glauben, dass es Selbstmord oder Unfall war. Sie sei eine starke Frau gewesen, die es gewohnt gewesen sei, sich durchzusetzen. Und: Sie sei glücklich gewesen, in einer jungen Beziehung mit einem EDA-Mitarbeiter.
Manche verstehen nicht, warum sich die Frau ausgerechnet in den Iran hatte versetzen lassen. Denn mit einem in den USA lebenden Iraner, ihrem Ex-Mann, hatte sie sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Sie liess sich scheiden, der gemeinsame Sohn wuchs bei ihr in der Schweiz auf. Nach ihrem Tod zog er zum Vater in die USA.
Im Fall der toten Diplomatin ermittelt die Bundesanwaltschaft – seit mehr als zwei Jahren führt sie ein Verfahren. Sie ordnete nach der Rückführung des Leichnams eine gerichtsmedizinische Obduktion an, «um weitere Informationen zu den Umständen des Todesfalls zu erhalten», wie eine Sprecherin festhält. Das Verfahren sei wegen «des Verdachts auf einen aussergewöhnlichen Todesfall eröffnet worden».
Inzwischen gab es einen weiteren «Vorfall» in Teheran. Im September 2023 wurde ein Schweizer Mitarbeiter der Visa-Abteilung morgens auf dem Weg zur Arbeit auf offener Strasse überfallen. Er wurde mit einem Messer attackiert, seine Hand durchstochen. «Er hatte viel Glück», heisst es im Umfeld von Diplomaten.
Das Aussendepartement bestätigt: Es habe «einen Vorfall gegeben, bei dem ein Mitarbeiter der Schweizer Botschaft in Teheran an der Hand verletzt wurde». Er könne seiner Arbeit aber inzwischen wieder nachgehen. Abklärungen seien im Gang. Weitere Angaben könnten nicht gemacht werden.
In Teheran häufen sich mysteriöse «Vorfälle». Nur Zufall? In Diplomatenkreisen klagt man, dass die EDA-Spitze kaum informiere. «Bloss keine negativen Meldungen», sagt jemand.
Der verletzte Attaché geht seiner Arbeit wieder nach, er ist wieder in Islamabad im Dienst, so das VBS.
Die 2021 in Teheran zu Tode gekommene Diplomatin wurde auf dem Friedhof in ihrer Berner Heimatgemeinde beigesetzt. Im gleichen Grab, in dem auch ihr als Baby verstorbenes erstes Kind ruht. (aargauerzeitung.ch)
So unglücklich kann man gar nicht fallen, dass man sich solche Verletzungen zufügt. Da müsste man schon unglücklich eine Treppe hinunter stürzen.