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38-Jähriger bedauert brutalen Tod von Escort an Zürcher Gericht

Blick auf das Bezirksgerichtsgebaeude und die Kantonpolizei fotografiert anlaesslich zum Tag der offenen Tuer im Bezirksgericht Horgen, am Samstag, 30. Maerz 2019. (KEYSTONE/Melanie Duchene)
Der Beschuldigte sprach am Bezirksgericht Horgen erstmals über die Tat.Bild: KEYSTONE

38-Jähriger bedauert brutalen Tod von Escort an Zürcher Gericht

11.09.2025, 15:53
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Der Verteidiger hat am Donnerstag für die Tötung einer Prostituierten in Richterswil ZH eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren gefordert. Die Staatsanwältin setzte sich für eine lebenslängliche Freiheitsstrafe ein. Der Beschuldigte sprach am Bezirksgericht Horgen erstmals über die Tat.

Die 30-jährige Brasilianerin starb in den frühen Morgenstunden des 11. November 2023 in der Wohnung des Beschuldigten. Heftige Schläge und Würgen führten zum Tod der Frau, die als Escort arbeitete. Der Beschuldigte sprach am Donnerstag von einem Kampf, den es gegeben haben soll.

Er habe die Frau am Hals gepackt, sie habe ihm eine Wodkaflasche gegen den Kopf geschlagen, erzählte er. Das Opfer wies zahlreiche Verletzungen auf, welche die Richterin minutiös auflistete. Der 38-Jährige betonte aber, er habe nur mit den Handballen zugeschlagen.

Bei der Befragung bezeichnete sich der Beschuldigte als «in sich gekehrt» und friedlichen Menschen. Aufbrausend sei er nicht, auch nicht nach dem Konsum von Kokain und Alkohol. Beides konsumierte er an dem Abend. «Der Pegel war ziemlich hoch», sagte er.

Zum Streit soll es gekommen sein, weil der Beschuldigte meinte, die Frau habe ihm 30'000 Franken gestohlen. Das Geld gehörte seiner Lebenspartnerin. Die Polizei fand es später in einem geschlossenen Abstellraum.

«Beschuldigter bagatellisiert»

Es gebe keinen Zweifel, dass der 38-Jährige die Frau tötete, sagte die Staatsanwältin. Sein 20-minütiger Notruf belaste ihn schwer. Darin habe er unter anderem gesagt, die Frau sei tot wegen seinen Schlägen, sie habe ihn bestohlen und er habe sie «mit allem drum und dran geschlagen». Sie forderte eine lebenslängliche Freiheitsstrafe wegen Mordes.

«Der Beschuldigte bagatellisiert seinen Tatbeitrag massiv», sagte die Staatsanwältin. Die schweren Verletzungen könnten nur durch ihn verursacht worden sein, er sei mit dem Opfer alleine in der Wohnung gewesen. «Er war ihr körperlich überlegen, die Frau hatte auch gar keinen Grund, ihn anzugreifen», sagte sie.

Für die Staatsanwältin war die Tötung ein «Overkill». Die Verletzungen der Frau seien massiv gewesen. «Er wollte die Herausgabe des Geldes buchstäblich aus ihr herausprügeln», so die Staatsanwältin. Er habe völlig kaltblütig und menschenverachtend gehandelt.

«Hundertprozentig» nicht zugestochen

Der Beschuldigte sagte zuvor, er habe «hundertprozentig» nicht mit einem Messer zugestochen oder ihren Kopf hart auf den Boden geschlagen. An vieles könne er sich aber nicht mehr erinnern, «alles ist verschwommen». Die schweren Verletzungen könne er sich nicht erklären, er habe aber «etwa eine halbe Stunde» versucht, sie wiederzubeleben. Es tue ihm alles «mega leid».

Der Verteidiger sah die Tat als Totschlag an und forderte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren. «Der Beschuldigte war in einem emotionalen Ausnahmezustand», hielt er fest. Der Streit um das Geld sei auch nicht der einzige Grund für die Auseinandersetzung gewesen. Sein Mandant sei über das Telefon bedroht worden. Das Opfer hatte zuvor eine Freundin benachrichtigt, ein Mann sprach danach mit dem Beschuldigten. «Er dachte, mehrere Leute wollen ihn ausrauben».

Der 38-Jährige habe sich in einer Notlage befunden und sei überfordert gewesen. Geschlagen habe er nur mit der Hand, nicht mit den Fäusten. Die schweren Verletzungen des Opfers habe er dabei gar nicht bemerkt. Die Schnittverletzungen habe sich die Frau wohl beim Kampf am Boden zugezogen, etwa an einem herumliegenden Messer.

«Absurde» Ausführungen

Die Staatsanwältin und der Vertreter der Mutter des Opfers fanden die Ausführungen des Verteidigers «absurd» und wiesen auf die Schwere der Verletzungen hin, die zum Tod führten. «Es ist unsäglich, wie sich der Täter hier zum Opfer macht», sagte die Staatsanwältin. Er habe nur Mitleid mit sich selbst.

Der Opfer-Anwalt schilderte die Geschehnisse in drastischen Worten und zählte die zahlreichen schweren Verletzungen auf. Er sprach unter anderem von «Folterung» und «Vernichtungswillen». Der Anwalt forderte eine Genugtuung von 45'000 Franken.

In seinem Schlusswort sagte der Beschuldigte, dass es nie seine Absicht gewesen sei, jemanden zu töten. «Mir tun die Familie der Frau und meine Familie leid», sagte er.

Wie das Gericht den Fall bewertet, ist noch offen. Es eröffnet das Urteil am 22. September. (sda)

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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Müller Lukas
11.09.2025 16:30registriert August 2020
Ahh ja.
Ich kann mich fast nicht mehr erinnern, was ich gemacht habe - aber ich kann mich 100% genau erinnern, was ich nicht gemacht habe 🙄
Ob das eine gute Verteidigungsstrategie ist?
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_Momo_
11.09.2025 16:04registriert August 2025
Ich hoffe das Gericht wird ihn wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilen.

Wegen CHF 30'000.00 einen Menschen tot prügeln ist doch einfach unglaublich.
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vanilla
11.09.2025 18:28registriert Juni 2021
(...) emotionalen Ausnahmezustand (...)
Total verladen mit Alkohol und Kokain, soll strafmildernd sein? Gat's No!
Solche freiwillig herbeigeführte Zustände sollten strafverschärfend beurteilt werden.
Zudem wirken Alkohol und Kokain sehr wohl Aggressionsfördernd.
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