Nach der Ermordung des populären US-Rechtsextremisten Charlie Kirk spielt erneut die Social-Media-Plattform X von Elon Musk eine fragwürdige Rolle. Besonnene Stimmen werden derweil bei Bluesky laut.
11.09.2025, 16:3811.09.2025, 20:57
Nach der Ermordung von Charlie Kirk liegen bei vielen Menschen in den Vereinigten Staaten von Amerika die Nerven blank. Dies illustrieren die heftigen Reaktionen auf den grossen Social-Media-Plattformen.
Bei X schiessen die übelsten Verschwörungs-Theorien ins Kraut
Die österreichische Politikwissenschaftlerin und Autorin Natascha Strobl ist auf Rechtsextremismus spezialisiert. Sie habe «die Szenerie im Twitter-Online-Faschismus» sehr genau beobachtet, schrieb sie am Donnerstagmorgen auf der Social-Media-Plattform Bluesky.
Ihr vorläufiges Fazit zum Treiben bei X: Nachdem der erste Schock verdaut ist und viele Trump-Anhänger blutrünstige Rachefantasien äusserten, laufe nun die Suche nach Schuldigen. Dabei herrsche «ein Verschwörungsdenken» vor. Überraschend: Die Linken seien nicht mal die Hauptverdächtigen, sondern die eigene Regierung und der israelische Geheimdienst Mossad.
Die Logik dahinter erschließt sich mir nicht.
Kirk war ein ausgesprochener Unterstützter Netanjahus (same same) und Netanjahu hat sogar kondoliert.
Aber das hält einen guten Teil der Online-Bewegung nicht ab Israel hinter dem Anschlag zu vermuten.
Der Verschwörungsantisemitismus kickt sehr.
— Natascha Strobl (@nataschastrobl.bsky.social) 11. September 2025 um 09:18
Der Hauptgrund für solche Vermutungen der Verschwörungsgläubigen sei, dass das Attentat so gut durchgeführt wurde, dass es keine Linken sein können, sondern dass es einen militärischen Hintergrund gebe.
Natascha Strobl (als es noch keine Hinweise vom FBI gab):
«Ich möchte dazu sagen, dass man absolut nichts über den Täter und seine Motive weiss. Aber jeder Schnipsel wird zum unumstösslichen Beweis.
Der Security-Typ zupft an der Kappe – ist involviert und hat Zeichen gegeben. Es ist alles wirklich im vollen Verschwörungsmodus.»
Als oberster Brandstifter auf der eigenen Plattform betätigt sich Elon Musk
Der Techmilliardär verunglimpft massiv den politischen Gegner

Musk-Tweet: «Die Linke ist die Partei des Mordes.»Screenshot: x.com In dieser Antwort drückt Antisemitismus durch:

Ein User gibt Milliardären wie George Soros die Schuld, weil sie «die Linken» finanzierten, Musk pflichtet bei.Screenshot: x.com Die Bluttat selbst wird bei X ausgeschlachtet – und die Betreiberin der Plattform profitiert
Ein User wendet ein:
Da muss man sich dann ernsthaft mal überlegen: Warum bin ich – trotz allem was ich darüber weiss - noch bei X. Denn es ist nicht mehr Twitter. Es ist das Propagandaorgan eines Rechtsextremen, der von jedem Post dort profitiert. Selbst von Kritik. Und insbesondere von solchen Schock-Videos.
Disclaimer: Bei X verbreitete Original-Aufnahmen waren für kurze Zeit auch bei watson zu sehen. Die Redaktion entschied dann, die Szene gar nicht zu zeigen.
Zuvor hatte der von Trump eingesetzte FBI-Direktor bei X «Fake News» verbreitet

Falschmeldung: Der Täter sei in Haft, behauptete Patel Stunden nach der Tat.Screenshot: x.com Donald Trumps Rede an die Nation spaltet diese
«Donald Trump in seiner Rede:
‹Wir müssen aufhören, diejenigen zu dämonisieren, mit denen wir nicht einer Meinung sind.›
Auch in seiner Rede spricht er von der radikalen Linken.
Dieser Mann ist so dumm, dass er nicht einmal versteht, dass er mit sich selbst nicht einer Meinung ist.»
Ein anderer User erwidert, das sei keine Dummheit. «Es ist das völlige Fehlen eines ethischen Kompasses.»
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Der populäre Trump-Gegner Gavin Newsom setzte sich mit diesem Posting in die Nesseln

«Der beste Weg, Charlies Andenken zu ehren, besteht darin, sein Werk fortzuführen: sich über alle Ideologien hinweg durch lebhafte Diskussionen miteinander auseinanderzusetzen. In einer Demokratie werden Ideen durch Worte und ehrliche Debatten geprüft – niemals durch Gewalt.»
Gavin Newsom
Die deutsche Journalistin Annika Brockschmidt, die intensiv zu den religiösen Rechten in den USA recherchiert hat, konterte:
Charlie Kirk war nicht „rechtskonservativ“. Er war in den letzten Jahren dem Spektrum des White Nationalism zuzuordnen, ein Faschist und offen rechtsextrem, hat gegen BPoC und LGBTQ Menschen gehetzt, ein radikaler Sexist obendrein. Man kann seine Ermordung verurteilen ohne ihn zu verharmlosen.
— Annika Brockschmidt (@ardenthistorian.bsky.social) 11. September 2025 um 10:17
Die schmerzliche Wahrheit über Charlie Kirk, die niemand im Trump-Lager hören will
Der US-Schriftsteller und Essayist A.R. Moxon ruft auf der Social-Media-Plattform Bluesky das fragwürdige politische Wirken des Getöteten in Erinnerung.
«Charlie Kirk hat sein Lebenswerk und seine ganze Energie und Zeit darauf verwendet, Aussenseitergruppen ins Visier zu nehmen und gleichzeitig für eine Welt zu plädieren, in der es leicht, häufig und unvermeidlich zu Massakern mit Schusswaffen kommt. Er ist dadurch berühmt und reich geworden, und wir dürfen das heute nicht mehr erwähnen, weil es unhöflich ist.
Man kann zwar sagen, dass Gewalt nie die Lösung ist, aber ich kann nicht umhin festzustellen, dass für Charlie Kirk Gewalt immer die Lösung war, und zwar die einzige, die er anbot. Und aufgrund der Privilegien, die er nicht zugeben wollte, konnte er sie aus einer bequemen und respektablen Position heraus ausüben.
Die Wahrheit ist: Wenn beim heutigen Anschlag irgendjemand ausser Charlie Kirk getötet worden wäre, dann würde dieser jetzt da draussen sitzen und den Anschlag als Vorwand benutzen, um Argumente vorzubringen, die dafür sorgen sollen, dass es zum nächsten Anschlag kommt, und zum nächsten, und zum nächsten, und zum nächsten.»
A. R. Moxonquelle: bsky.app Befürchtungen mehren sich, dass die USA in eine verheerende Abwärtsspirale der Gewalt geraten
Die Waffen-Fanatiker sind uneinsichtig
Fred Guttenberg, Vater eines Schulmassaker-Opfers, richtete sich nach der Ermordung von Charlie Kirk an den US-Präsidenten Donald Trump:

«Ich habe Ihre Bestätigung gesehen, dass Charlie Kirk, ein Mensch, den Sie geliebt haben, gestorben ist. Während Ihrer ersten Amtszeit wurde ein Mensch, den ich geliebt habe, ermordet. Meine Tochter Jaime kam bei dem Massaker in Parkland ums Leben. Ich hatte gehofft, mit Ihrer damaligen Regierung zusammenzuarbeiten, um die Waffengewalt einzudämmen. Mein Beileid zu Ihrem heutigen Verlust. Ich würde weiterhin gerne mit Ihnen zusammenarbeiten, um den nächsten zu verhindern.»
Die Reaktionen vieler X-User fielen mehr als abstossend aus und werden hier nicht wiedergegeben.
Sind politische Morde die neue Normalität in den Vereinigten Staaten?
Einige Social-Media-User rufen einen politisch motivierten Mordanschlag in Erinnerung, der bei den US-Medien bereits kurz darauf in Vergessenheit geraten sei.
Im vergangenen Juni wurden im US-Bundesstaat Minnesota die demokratische Politikerin Melissa Hortman und deren Mann und ihr Hund zu Hause erschossen.
Der mutmassliche Täter Vance B. war ein 57-jähriger Amerikaner und gläubiger Christ, der laut Berichten eine evangelikale Kirche besuchte und an Wahlkampfveranstaltungen für Donald Trump teilnahm.
Nach dem Attentat wurde in seinem Fahrzeug eine Liste mit 70 Namen von US-Abgeordneten, Prominenten und Abtreibungsbefürwortern gefunden.
Es kursieren auch gute Vorschläge gegen die Schusswaffengewalt
«Zeit für vernünftige Waffengesetze. Die Demokraten sollten einen Gesetzentwurf mit dem Namen ‹Charlie Kirk Common Sense Gun Reform Bill› [Gesetzentwurf zur Reform des Waffenrechts aus gesundem Menschenverstand] einbringen und dafür sorgen, dass alle Republikaner dafür stimmen.»
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Neonazis fehlt es nicht nur an Herz, Verstand und Sozialkompetenz, sondern offensichtlich auch an Sinn für Rechtschreibung. >> Hier geht's zur ganzen Story. Konservativer Politaktivist Charlie Kirk wird auf Universitäts-Campus erschossen
Video: watson
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