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Du willst nur das Beste? Voilà:
Am 28. Februar 2016
droht den Anhängern einer offenen und liberalen Schweiz der nächste
herbe Rückschlag. An diesem Tag kommt unter anderem die
Volksinitiative zur Abstimmung, mit der die SVP die wortgetreue
Durchsetzung ihrer Ausschaffungsinitiative verlangt. In einer Umfrage
des Instituts GFS Bern im Auftrag des Verbands Interpharma sprechen
sich 66 Prozent «bestimmt» oder «eher» für die
Durchsetzungsinitiative aus, nur 31 Prozent sind dagegen.
Obwohl die
Abstimmung noch mehr als drei Monate entfernt ist, dürfte eine
Trendwende schwierig sein. Das GFS bezeichnet die
Initiative «ausdrücklich als potenziell mehrheitsfähig, weil sie
sowohl im nationalkonservativen wie auch im liberalen Lager Resonanz
findet». Tatsächlich ist sie auch bei den Anhängern von FDP, CVP
und Grünliberalen mehrheitsfähig. Nur die BDP-Basis sagt
mehrheitlich Nein. Interpharma-Generalsekretär Thomas Cueni schwant
Übles: «Es müsste ein kleines Wunder geben, damit die Initiative
noch abgelehnt wird», sagte er der NZZ.
Eine schlagkräftige Gegenkampagne ist bislang nicht in Sicht. Diese
defensive Haltung sei «nicht nachvollziehbar», schreibt die
Zeitung in einem Kommentar. Die Durchsetzungsinitiative sei nicht
weniger eine Wirtschaftsvorlage als die zweite Gotthardröhre oder
die JUSO-Initiative gegen Nahrungsmittelspekulation, über die am 28.
Februar 2016 ebenfalls abgestimmt wird: «Der Unterschied besteht
darin, dass man sich mit einer Kampagne zur Beachtung des
Rechtsstaats in der Ausländerpolitik nicht nur Freunde macht.»
Es ist das bekannte
Lied: Das grosse Lager von Links bis Mitte-rechts inklusive
Wirtschaft tut sich schwer damit, gegen ausländerkritische Vorlagen
der SVP in den Kampf zu ziehen. Man tendiert dazu, sie zu
unterschätzen, oder will sich an diesen heissen Eisen nicht die
Finger verbrennen. So lief es bereits 2010 bei der
Ausschaffungsinitiative, die mit dem neuen Volksbegehren durchgesetzt
werden soll. Dabei sollten sich auch SP und Grüne Sorgen machen.
Mehr als ein Drittel ihrer Anhängerschaft will laut GFS-Umfrage die
Initiative annehmen.
Die
Flüchtlingskrise, die nun die Schweiz erreicht hat, macht es den
Gegnern zusätzlich schwer. In der Schweiz herrscht ein Klima der
Abschottung, das Härte gegenüber allen Ausländern verlangt, die
irgendwie aus dem Rahmen fallen. Dabei ist die
Durchsetzungsinitiative keine Lappalie. Die geforderte Ausschaffung
von Ausländern selbst bei geringfügigen Delikten verstösst nicht
nur gegen das Prinzip der Verhältnismässigkeit und die Europäische
Menschenrechtskonvention (EMRK), sondern auch gegen das Abkommen mit
der EU zur Personenfreizügigkeit.
Dieses hält fest,
dass ein Bürger eines Vertragsstaats nicht wegen eines
Bagatelldelikts ausgewiesen werden darf. Die SVP-Initiative dagegen
lässt allenfalls für Ersttäter ein kleines Schlupfloch. Zwar
halten Staatsrechtler laut «Tages-Anzeiger» die
Durchsetzungsinitiative für nicht umsetzbar, weil es in der Schweiz
kein Verfassungsgericht gibt. Für die Gerichte sei das im März
verabschiedete Bundesgesetz massgebend, das unter anderem eine
Härtefallklausel enthält.
Diese Interpretation
wird jedoch von der SVP vehement bestritten. Allein das Signal bei
einer Annahme wäre heikel, auch aus Sicht der Wirtschaft. «Letztlich
geht es um die Frage, ob es überhaupt noch Spielraum bei der
Umsetzung von Volksinitiativen gibt», sagte Thomas Cueni der NZZ. Er
würde sich wünschen, «dass es in der Wirtschaft mehr Offenheit
für die Tragweite dieser Vorlage gibt», sagte der Pharma-Lobbyist
mit Blick auf die Personenfreizügigkeit.
Die Meinung des
Interpharma-Generalsekretärs hat Gewicht. Nun wird sich zeigen, ob
die politische Mitte und die Wirtschaft rechtzeitig erwachen und eine
glaubwürdige Nein-Kampagne auf die Beine stellen können. Sie
könnten am ehesten eine Annahme verhindern. Der Einfluss der linken
Parteien und der Medien reicht bei solchen Themen erfahrungsgemäss
nicht sehr weit.