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Justiz

Abtreibung in der Schweiz: Bundesgericht mit wegweisendem Urteil

Ultraschall Fötus foetus
Ein Ultraschallbild.Bild: Shutterstock

Nach Abtreibung zeigt der Kindsvater die Mutter an – nun hat das Bundesgericht entschieden

Eine Frau hat abgetrieben. Ihr Ex-Freund zeigte sie an und zog den Fall bis vor Bundesgericht. Dieses hat nun ein Leiturteil gefällt.
25.07.2024, 15:37
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Ist eine Abtreibung alleinige Sache der Kindsmutter oder hat der Erzeuger auch ein Wörtchen mitzureden?

Mit dieser gesellschaftlich brisanten Frage musste sich das Bundesgericht befassen. Im September 2022 hat ein Mann seine Ex-Freundin im Kanton Freiburg wegen einer Spätabtreibung angezeigt. Als Kindsvater des «abgetöteten Fötus» sei er durch die Abtreibung in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden und damit als Opfer anzusehen.

In der Schweiz ist ein Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche legal. Eine spätere Abtreibung kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden – ausser, wenn besondere Bedingungen wie eine Notlage vorliegen. Die fragliche Abtreibung fand erst in der 15. oder 16. Woche statt, wie dem Bundesgerichtsurteil zu entnehmen ist. Doch Ärzte bestätigten die Gefahr einer «schweren seelischen Notlage» bei der Kindsmutter.

Abtreibung ist Sache der Mutter

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg, welche die Vorwürfe des Erzeugers untersuchte, stellte das Verfahren in der Folge ein. Doch der Kindsvater akzeptierte dies nicht – und zog den Fall bis vor Bundesgericht. Dieses hat nun entschieden: Der Erzeuger ist nicht berechtigt, die Einstellung des Verfahrens mit einer Beschwerde anzufechten.

Das Bundesgericht begründet dies in seinem am Donnerstag publizierten Entscheid wie folgt: Zur Beschwerde sei nur berechtigt, wer selbst Träger des geschützten Rechtsguts oder Angehöriger des Opfers sei. Das geschützte Rechtsgut sei das menschliche Leben während der Schwangerschaft, nicht der Vater. Und weil der ungeborene Fötus noch keine Rechtspersönlichkeit besitze, gelte der Vater auch nicht als Angehöriger eines Opfers. Entsprechend sei er nicht zur Beschwerde berechtigt, lautet die etwas sperrige Begründung im Leiturteil.

Damit bestätigt das Bundesgericht im Grunde genommen: Eine Abtreibung ist alleinige Sache der Mutter. Der Mann muss die Gerichtskosten von 3000 Franken übernehmen.

Entscheid 7B_1024/2023.

(aka/bzbasel.ch)

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682 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Glücklich
25.07.2024 14:47registriert August 2022
Schwer für einen Mann akzeptieren zu müssen, dass das für ihn gewollte Kind von der werdenden Mutter abgetrieben wird.

Nur ist es halt so, dass die Frau das Recht hat über ihren Körper zu entscheiden. Sie trägt ja auch die möglichen Risiken der Schwangerschaft sowie Geburt.

Für mich als Mann ein richtiger Entscheid.
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Walfisch
25.07.2024 14:47registriert Februar 2023
Spannend ist es doch umgekehrt. Was wenn die Verhütung versagt, die Frau aber nicht abtreiben will? Wer schützt dann die monetäre Integrität des Mannes (Stichwort Unterhaltszahlungen für das vom Mann nicht gewollte Kind)?
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Jerem 1
25.07.2024 16:52registriert Oktober 2020
Nach der 12. Woche bekommt man nicht einfach so ein Attest für eine Abtreibung. Es gibt keinerlei Informationen darüber, ob die Beziehung noch bestanden hat und unter welchen Bedingungen sie beendet wurde. Eines weiss ich aber, keine Frau treibt leichtfertig ab.
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