Die Bundesanwaltschaft erhält weitere Arbeit im Fall des angeklagten Financiers Dieter Behring. Nach Anzeigen gegen Bundesanwalt Michael Lauber und gegen zwei weitere Angestellte will Behring, dass gegen seinen Richter ermittelt wird.
Im Visier des Finanzspezialisten steht nun der Präsident des Bundesstrafgerichts in Bellinzona, Daniel Kipfer Fasciati. Die Bundesanwaltschaft schrieb am Samstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur, dass eine Strafanzeige wegen Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses, des Amtsmissbrauchs, der Urkundenfälschung im Amt und der versuchten Begünstigung eingegangen sei. Sie bestätigte einen Bericht des «Tages-Anzeigers».
Richter Kipfer Fasciati leitet das Dreiergremium, das den Fall Behring im Juni 2016 verhandelte. Das Urteil wird für den 30. September erwartet, die Anklage fordert sechs Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe. Behring soll zwischen September 1998 und Oktober 2004 gewerbsmässig Anleger betrogen haben. Die rund 2000 Geschädigten sollen insgesamt 800 Millionen Franken verloren haben.
Aufgabe der Bundesanwaltschaft ist es nun, die Begründetheit der Strafanzeige gegen Kipfer Fasciati zu prüfen. Ergibt die Prüfung, dass die Strafanzeige unbegründet ist, wird eine Nichtanhandnahmeverfügung erlassen.
Würde die Vorprüfung zeigen, dass Anhaltspunkte für ein möglicherweise strafbares Verhalten bestehen, wäre bei den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte eine Ermächtigung zur Strafverfolgung einzuholen. Als Präsident des Bundesstrafgerichts geniesst Kipfer Fasciati Immunität.
Es ist nicht die erste Anzeige Behrings gegen die Strafjustizbehörden der Schweiz. Auch Bundesanwalt Lauber, sein Stellvertreter Ruedi Montanari und der fallführende Staatsanwalt Tobias Kauer wurden angezeigt. Thomas Hansjakob, erster Staatsanwalt des Kantons St. Gallen, prüft derzeit, ob an der Strafanzeige etwas dran ist. (sda)