Der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner ist am Samstag trotz Einreiseverbot in die Schweiz gekommen. Die Kantonspolizei Thurgau hat ihn in Kreuzlingen TG festgenommen und noch am selben Tag nach Deutschland abgeschoben.
Sellner überschritt bei Konstanz (D) die Schweizer Landesgrenze und wurde unmittelbar danach von der Kantonspolizei Thurgau abgeführt, wie auf einem von Sellner am Samstagvormittag live gestreamten Video zu sehen war.
Auf der Social-Media-Plattform X liess Sellner am Samstagnachmittag verlauten, er sei «im Zuge einer Pressekonferenz» an der Grenze von der Kantonspolizei verhaftet worden. Man habe ihn ca. 2 Stunden festgehalten, ihm eine Einreisesperre ausgehändigt und nun werde er «über den Bodensee abgeschoben».
Die Person habe die Schweiz wieder verlassen, teilte die Polizei auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Die Kantonspolizei bestätigt Identitäten und Namen von Personen grundsätzlich nicht.
Am Samstagnachmittag veröffentlichte die rechtsextreme Schweizer Gruppierung «Junge Tat» ein weiteres Video, das Sellner als Beifahrer in einem Auto zeigt. Er befinde sich gerade auf einer deutschen Bundesstrasse in Richtung österreichischer Grenze, so Sellner.
Sellner wollte am Samstagabend im Kanton Zürich auf Einladung der rechtsextremen Gruppierung «Junge Tat» einen Vortrag halten. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) hatte ihm deshalb schon am 11. Oktober ein Einreiseverbot bis zum 27. Oktober erteilt.
Gegen die Einreisesperre in die Schweiz hatte Sellner juristische Schritte angekündigt. Gemäss der vom Fedpol publizierten Verfügung hat eine Beschwerde dagegen jedoch keine aufschiebende Wirkung. Bei Verstoss droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.
Am Freitag hatte Sellner ein Referat in der deutschen Stadt Ulm gehalten. Auch dort war ihm ein Auftrittsverbot auferlegt worden, welches er gemäss deutschen Medienberichten ebenfalls missachtete.
Laut Neu-Ulmer Zeitung trat Sellner vor rund 20 bis 30 Besuchern in einer ehemaligen Rockerkneipe auf. Die Polizei habe die Kneipe mit einem Grossaufgebot durchsucht und das Treffen aufgelöst, doch Sellner sei zu dem Zeitpunkt bereits verschwunden gewesen.
Ähnlich wie zuletzt das Schweizer Fedpol verhängten auch die zuständigen deutschen Behörden eine Einreisesperre gegen Sellner. Sellner wehrte sich jedoch gerichtlich gegen die im März verhängte Einreisesperre. Ein Gericht entschied im Juni, dass die Einreisesperre bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Sache nicht vollzogen werden darf.
Sellner gilt als der bekannteste Exponent der österreichischen Identitären Bewegung. Der Rechtsextremist erregte dieses Jahr mit seinem Buch «Remigration – ein Vorschlag» grosse Aufmerksamkeit. Er fordert darin die Abschiebung zahlreicher Menschen mit ausländischen Wurzeln aus europäischen Ländern. Im Visier hat er dabei nicht nur kriminelle Ausländer, sondern auch «nicht assimilierte Staatsbürger».
Medienberichte über ein Treffen von Sellner mit Politikerinnen und Politiker in Potsdam (D) im November 2023, wo Sellner über Remigration referiert haben soll, sorgten für eine Welle der Empörung in Deutschland und führten zu zahlreichen Kundgebungen in deutschen Städten.
Wie der «Tages-Anzeiger» schreibt, war Sellner bereits im vergangenen März in Tegerfelden AG für einen Vortrag eingeladen gewesen. Damals habe die Aargauer Kantonspolizei den Auftritt verhindert. Die Polizei sei eingeschritten, weil aus ihrer Sicht die öffentliche Sicherheit nicht gewährleistet war und erteilte Sellner eine befristete Wegweisung für das Kantonsgebiet.
(dsc/sda)
Und dabei keine Interviews für die Weltwoche.
Danke.
Das klingt zunächst einmal saudoof, weil so die Polizei einfach auf den Stream schauen kann und genau weiss, wann er wo ist. Deswegen wurde er wohl überhaupt so schnell gefunden.
Meine Interpretation ist aber, dass das einfach ein PR-Coup war. Mit seiner Verhaftung konnte er erreichen, in die Medien zu kommen. Eine schwere Strafe ist nicht erwarten, aber zusätzliche Buchverkäufe durchaus.