Der Prozess am Montagmorgen begann unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dennoch war der Gerichtssaal gut gefüllt. Neben der Staatsanwältin und dem Verteidiger des Beschuldigten Alvin (Name geändert) waren auch einige der geschädigten Frauen und deren Anwältinnen vor Ort.
Nach der Befragung von Alvin, der in schwarzem T-Shirt und mit zu einem Knoten gebundenen Haaren vor Gericht erschien, führte die zuständige Staatsanwältin Sabine Schuler in einem zweistündigen Plädoyer die Anklageschrift aus: Alvin habe in acht Fällen Frauen, die sich in einem sehr schlechten physischen und psychischen Zustand befanden, mit erfundenen Geschichten in sein Auto gelockt, sei mit ihnen weggefahren und habe sie zu sexuellen Handlungen gezwungen.
Was zwischen 2013 und 2018 passiert sei, sei der «Albtraum jeder Frau und aller Eltern», folgerte Schuler. Der Beschuldigte habe nach einem konkreten Plan gehandelt, er habe seine Opfer gezielt gesucht, sie seien stets 13 bis 18 Jahre jünger gewesen und in einem solch schlechten Zustand, dass sie zu keinerlei Widerstand mehr fähig gewesen seien.
«Er sprach diese Frauen an und gab sich als herzlicher Helfer aus. Er machte die Frauen konfus und verging sich an ihnen sexuell. Er handelte kaltblütig und mit einer hohen kriminellen Energie.» Seine Handlungen seien menschen- und frauenverachtend, so Schuler weiter. Die Tatvorwürfe würden «schwer bis sehr schwer» wiegen, schloss die Staatsanwältin und forderte eine Freiheitsstrafe von elf Jahren.
Alvin stritt die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft ab. Er könne sich an einen grossen Teil der Vorfälle nicht erinnern, da sie zu lange her seien. Zudem habe er niemals eine Frau zu sexuellen Handlungen gezwungen. Er gab zwar zu, dass er mit einigen der Geschädigten «rumgemacht» habe, aber mehr auch nicht. Die Vorwürfe gegen ihn seien erfunden und konstruiert.
Auf die Frage des Richters, wie er sich seine nachgewiesenen DNA-Spuren auf den Kleidern einiger Geschädigten erklären könne, erwiderte Alvin, dass er sich entweder nicht mehr daran erinnern könne oder dass die Frauen jeweils genau gewusst hätten, was sie taten. «In der Nacht sind sie gut gelaunt, was sie dann am nächsten Tag denken, kann ich nicht beeinflussen.»
Sein Verteidiger Ivo Harb plädierte für einen Freispruch und eine umgehende Entlassung aus der Haft. In seinen Ausführungen machte Harb Fehler im Prozess geltend und kritisierte, dass sein Mandant nur zwischen Tür und Angel über sein Recht auf einen Anwalt informiert wurde.
Zudem führte er an, dass die Taten schon so weit zurückliegen, dass es unmöglich sei, sich klar daran zu erinnern. «Weiss irgendjemand in diesem Raum, was er oder sie vor fünf Jahren mitten in der Nacht gemacht hat? Sie erwarten doch nicht wirklich, dass der Beschuldigte sich daran erinnert», so der Anwalt.
Harb zweifelte weiter den von der Staatsanwältin aufgeführten widerstandslosen Zustand der Opfer an. Wer sich an Details erinnern könne, sei nicht widerstandslos. Der Beschuldigte sei viel im Ausgang gewesen und habe mit Frauen zu tun gehabt, machte aber geltend, dass ein «Casanova oder Charmeur noch lange kein Sexualstraftäter» sei.
Der lange Verhandlungstag hat noch keine Entscheidung gebracht. Der zuständige Bezirksrichter will am 16. Juli das Urteil bekannt geben.
Ich hoffe, er wird verurteilt. Die Opfer tragen diese Taten den Rest ihres Lebens mit sich herum und er mag sich nicht daran erinnern. Widerlich.
Aber bei einigen Aussagen des Verteidigers wird mir ganz Anders. Natürlich kann ich mich nicht an jedes Detail von vergangenen durchgezechten Nächten erinnern, aber an die Bekanntschaften und die vollzogenwn Handlungen schon.