Sieben Stunden kämpft Herr S. um sein Leben, dann stirbt der Bettlägerige an Herzversagen oder Lungenfettembolie. Zuvor erlitt er massiven Blutverlust, verursacht durch eine Vielzahl von Verletzungen, alle ausgelöst durch einen spitzen Gegenstand – einer mit Spikes versehenen Krücke.
Was am Sonntag, dem 19.4.2015, in der Wohnung von Herrn S. mutmasslich geschah, wird in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürichs festgehalten. Für die Anklage ist klar: Die Beschuldigte Frau K. gerät mit Herrn S., mit dem sie zusammen eine Wohnung in einem Aussenquartier von Zürich bewohnte und den sie pflegte, in einen Streit, der tödlich endet.
Laut Anklageschrift wirft die damals 58-Jährige dem Mann vor, ihre Leistungen nicht genügend zu wertschätzen und ihr gegenüber undankbar zu sein. In der Folge ergreift Frau K. eine der Krücken des Opfers und schlägt damit dem Bettlägerigen mehrmals mit voller Kraft auf dessen Kopf und Körper.
Die Verletzungen, die Herr S. dadurch erleidet, werden in der Anklageschrift minutiös aufgelistet: Risswunden, mehrfacher Jochbeinbruch, Nasenbeinbruch, ausgeschlagene Zähne, beidseitiger Bruch der Ellenbogen, Brüche der Handknochen, Hauteinblutungen, Schnittverletzungen, Bruch der Kniescheibe und ein ausgerissener Fingernagel.
Nach der Tat verlässt Frau K. die gemeinsame Wohnung fluchtartig. Sie geht aus, besucht verschiedene Personen, konsumiert Rauschmittel und kehrt erst in den Morgenstunden zurück. Zu diesem Zeitpunkt ist Herr S. vermutlich schon tot.
Die Verletzungen durch die Hiebe mit der Krücke führten zu massivem Blutverlust und zu massiver Einschwemmung von Fett in die Lunge. Das Herz ist überlastet. Herr S. stirbt, zwischen Sofa und Salontisch am Boden liegend, an akutem Herzversagen.
Für die Staatsanwaltschaft steht fest: Die Beschuldigte handelte nicht nur skrupellos und grausam, sie legte auch eine Heimtücke an den Tag, indem sie die Wehrlosigkeit des bettlägerigen Herrn S. ausnutzte. Zudem liess sie sich bei der Tat von Rachemotiven leiten und offenbarte besondere Kaltblütigkeit, als sie den Tatort verliess, ohne sich um die Verletzungen von Herrn S. zu kümmern.
Zwar erheben die Strafverfolger wegen Mordes Anklage, eine Gefängnisstrafe fordern sie aber nicht. Die Beschuldigte leidet nämlich an einer schizophrenen Störungen, ausgelöst durch einen sogenannte AIDS-Demenz-Komplex. In den Worten der Anklageschrift befand sie sich während der Tat in einem psychotischen Erregungszustand, war «geisteskrank in schwerem Ausmass» und alkoholisiert.
Statt einer Haftstrafe soll eine stationäre Massnahme nach Art. 59 Abs. 1 Strafgesetzbuch angeordnet werden, umgangssprachlich auch «kleine Verwahrung» genannt.
Es gilt die Unschuldsvermutung.
(wst)