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Totgeburt auf der Flucht: Anklage gegen Grenzwächter

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Nach der Ankunft in Domodossola sei die Frau zusammengebrochen und ins Spital eingeliefert worden. Dort habe das Kind nur noch tot geboren werden können.Bild: SRF

Totgeburt auf der Flucht: Anklage gegen Schweizer Grenzwächter

10.05.2017, 12:0310.05.2017, 12:59
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Im Fall einer syrischen Frau, welche im Sommer 2014 auf der Rückführung von der Schweiz nach Italien eine Totgeburt erlitt, hat die Militärjustiz einen Grenzwächter angeklagt. Voraussichtlich Ende des Jahres soll der Prozess stattfinden.

Angeklagt sei ein Grenzwächter, der am 4. Juli 2014 für die Rückführung einer Gruppe von Flüchtlingen von Vallorbe im Kanton Waadt via Brig nach Domodossola (I) verantwortlich war, teilte die Pressesprecherin der Militärjustiz Daniela Cueni am Mittwoch auf Anfrage mit.

Unterlassung von Nothilfe

Sie bestätigte zugleich eine Meldung der «Neuen Zürcher Zeitung» vom gleichen Tag. Der Mann müsse sich wegen Unterlassens von Nothilfe, Gefährdung des Lebens und Missachtens von Dienstvorschriften verantworten. Geplant sei, dass der Prozess im «vierten Quartal» 2017 stattfinde. Der genaue Ort sei derzeit noch nicht bekannt.

Der Anklageschrift seien drei verschiedene Varianten zugrunde gelegt worden, so Cueni. Der gesamte Fall sei aus medizinischer und juristischer Perspektive «sehr komplex».

Drei Varianten

Im schwersten Fall laute die Anklage auf vorsätzliche Tötung, im leichtesten Fall auf einen «untauglichen Tötungsversuch». Dies hänge davon ab, wann im strafrechtlichen Sinn das Leben eines Ungeborenen beginne und wann dessen Tod eingetreten sei. Der Straftatbestand der Tötung könne nur erfüllt sein, wenn das Leben bereits begonnen habe.

Dies sei strafrechtlich gesehen erst mit dem Einsetzen der Eröffnungswehen der Fall. Von diesem Zeitpunkt an könnte es sich laut der Militärjustiz um einen strafbaren Schwangerschaftsabbruch handeln – sie bezieht sich dabei auf ein Rechtsgutachten, das für diese spezifische Frage angefertigt wurde.

Die Anklage lautet in einer ersten Variante folglich auf vorsätzliche Tötung, falls das ungeborene Kind in Brig noch gelebt hat und dort bereits auch die Eröffnungswehen eingesetzt haben. Eine zweite Variante geht davon aus, dass das Kind in Brig verstarb, ohne dass die Eröffnungswehen bereits begonnen hatten. Die dritte Variante nimmt an, dass das Kind bei der Ankunft in Brig bereits tot war, womit der Zeitpunkt der Eröffnungswehen unerheblich wäre.

Vorwurf: Hilferufe ignoriert

Der Fall der Syrerin war im Juli 2014 publik geworden. Auf dem Weg durch die Schweiz soll die Frau, die offenbar im siebten Monat schwanger war, starke Blutungen erlitten haben. Ihr Ehemann sagte gegenüber der SRF-Sendung «10vor10», dass die Schweizer Beamten trotz wiederholten Hilferufen nicht reagiert hätten.

Nach der Ankunft in Domodossola sei die Frau zusammengebrochen und ins Spital eingeliefert worden. Dort habe das Kind nur noch tot geboren werden können.

Einige Monate nach dem Vorfall war bekannt geworden, dass der Frau sowie ihrem Ehemann und ihren drei Kindern der Flüchtlingsstatus in Italien gewährt wurde. (whr/sda)

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