Beim mutmasslichen Taxifahrer-Mörder ist die Steuerungsfähigkeit womöglich mittelgradig eingeschränkt. Zu diesem Schluss kommt die forensische Psychiaterin, die am Montag vor dem Basler Strafgericht ihr Gutachten präsentierte. Sie schlug eine stationäre Massnahme vor.
Beim 53-jährigen mutmasslichen Täter liege eine sogenannte Persönlichkeitsdepravation vor, also eine Entstellung des eigenen Ichs. Diese Wesenszüge hätten unabhängig von seiner Kokain- und Alkoholsucht bestanden, sagte die Gutachterin. Beides sei schwierig voneinander zu trennen und gebe auch eine Wechselwirkung. Sie schlug eine stationäre Massnahme vor.
Die Tatsache, dass der Beschuldigt nach der Tat gar nicht versuchte, die Spuren zu verwischen und stattdessen ein Bordell aufsuchte, erklärte die Psychiaterin damit, dass der Mann möglicherweise auf seine Bedürfnisse eingeengt gewesen sei. «Er bewegte sich in einer Art Tunnel», lautete ihre Hypothese.
Der Beschuldigte soll im November 2022 mit zwei gestohlenen Messern auf der Suche nach Bargeld in Basel an ein Taxi heranhetreten sein. Beim Raubüberfall soll er den Chauffeur im Auto niedergestochen haben, sodass dieser noch am Tatort starb, wie es in der Anklageschrift heisst. Die Staatsanwaltschaft sieht den Tatbestand des Mordes eventualiter vorsätzliche Tötung als erwiesen an.
Zum Prozessauftakt erschienen viele Angehörige, manche von ihnen mit einem Porträt des getöteten Familienvaters auf dem T-Shirt, sowie Berufskollegen. Aus Platzgründen übertrug das Strafgericht die Verhandlung per Video live in einen zweiten Saal. Die Witwe des Taxifahrers trat mit Genugtuungsforderungen als Privatklägerin auf. Auf Antrag ihrer Anwältin liess das Gericht ihre beiden Söhne im Teenageralter ebenfalls als Privatkläger zu.
Ein Zeuge erinnerte sich daran, wie er zusammen mit seiner Partnerin in der Nähe des Bahnhofs Basel SBB sein Auto parkieren wollte und plötzlich Schreie hörte. Er gab an, mitbekommen zu haben, wie der Beschuldigte «mit einem spitzigen Gegenstand» in einem Taxi auf den Chauffeur einstach. «Er verlor so viel Blut, so etwas habe ich noch nie in meinem Leben gesehen», erinnerte sich der Zeuge.
«Der Taxifahrer wollte sich irgendwie wehren, doch man merkte, dass er keine Chance hatte», sagte der Zeuge. Er habe gar nichts gemacht, habe der mutmassliche Täter dann gelassen zu ihm gesagt, als er ihn zur Rede stellte. Dann sei er schnellen Schrittes davongelaufen, sagte der Passant weiter. Er erkannte vor Gericht das Gesicht des Angeklagten wieder.
Ein weiterer Zeuge verfolgte den Beschuldigten damals mit dem Velo. Mit Sicherheitsabstand fuhr er ihm hinterher und telefonierte gleichzeitig mit der Polizei. Dann verlor sich die Spur, als der Beschuldigte über einen Zaun kletterte und in ein Tram stieg, wie der Velofahrer weiter sagte.
Die Witwe des getöteten Taxifahrers hatte beim Prozess mehrere Fragen an die Adresse des Beschuldigten. Sie fragte ihn etwa, weshalb er auf der Suche nach Geld ausgerechnet ihren Mann für den Raubüberfall ausgesucht habe.
Zudem sagte sie, dass ihr Partner nie die Gewohnheit gehabt habe, das Bargeld im Taxi sichtbar hinzulegen. Bei diesen Fragen machte der Beschuldigte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.
Der Beschuldigte äusserte sich auch sonst nicht zur Tat, wohl aber zu seinen Drogenproblemen, die er gerne loswerden wolle. Anstelle einer stationären Massnahme wolle er eine Suchttherapie. Der dreifache Familienvater sagte, momentan sei er betäubungsmittelfrei und habe auch kein Verlangen mehr danach. Konfrontiert mit Aussagen seiner Ex-Frau vonseiten des Gerichts bestritt er jedoch, in der Vergangenheit gewalttätig gewesen zu sein.
Wie die Psychiaterin festhielt, wuchs der Mann in einer schwer belasteten Familienumgebung mit Gewalt, Alkoholismus und dem Suizid der Mutter auf. Mit der Ehe und den Kindern habe es teilweise eine stabilere Phase gegeben, doch dann habe er Probleme mit Drogen und häuslicher Gewalt gehabt.
Der Verteidiger des Beschuldigten forderte ein Zweitgutachten und die Einbeziehung eines anderen Psychiaters als Zeugen, was die Staatsanwaltschaft ablehnte. Das Gericht wird am Dienstag über die Anträge entscheiden. Der Prozess wird dann voraussichtlich mit den Plädoyers fortgesetzt. Für den Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. (hkl/sda)