Hört man «Arena», dann denkt man an Zirkus, an Amphitheater, wilde Tiere, deren Dompteure, Brot und Spiele, Leben oder Tod.
Das war auch die ursprüngliche Intention der Macher des Formats: der Stimm- und Wahlbevölkerung die trockene Materie des politischen Tagesgeschäfts via gehobenem Spektakelwert näherzubringen.
Denn man stand ein bisschen unter Zugzwang.
Die klassischen linearen Massenmedien Radio, Print und TV waren wegen der Entmonopolisierung erst des Radio- dann des TV-Geschäfts zur «Boulevardisierung» gezwungen. Ein Konzept, das nicht zuletzt von Höhenflügen, Abstürzen und Schicksalsschlägen lebt, von den Konzepten des klassischen Dramas, von der Dualität, epischen Kämpfen vom Guten gegen das Böse, von Davids gegen Goliaths.
Exakt das war und ist bis heute das Konzept der «Arena». Ihre Blütezeit hatte sie in den 90er-Jahren, als rhetorisch gleichermassen begabte wie politisch relevante Akteure das Gefäss nutzten, um den Wettstreit politischer Ideen zum Tischgespräch am Wochenende zu machen. Die Duelle der Volkstribunen Peter Bodenmann und Christoph Blocher, die man gesehen haben musste, um im gesellschaftlichen Leben ernst genommen zu werden – sie sind unvergessen.
Und auch seit Längerem nicht mehr erreicht.
Eine Ausgabe im Dezember 2011 markiert den Wendepunkt in der Geschichte des Formats. Es war der Abend, an dem «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel dem GLP-Präsidenten Martin Bäumle den Satz «Wir sind hier nicht in der Ukraine!» an den Kopf warf. Dieser hatte kurz zuvor seine Ehe mit der ukrainischen Animierdame Yuliya aus dem Dübendorfer Strip-Club Viper öffentlich gemacht.
Der schwarze Block des politischen Diskurses war an diesem Abend in der massenmedialen Debatte angekommen.
Das war die Folge der Rest-Entmonopolisierung des Mediengeschäfts. Die politische Debatte hatte sich auf unstrukturierte und unmoderierte Social-Media-Plattformen wie Youtube, Facebook und Twitter ausgeweitet. Dort sind Beleidigungen und Lügen nicht nur erlaubt, sondern werden von den Algorithmen noch mit Reichweite belohnt.
Gleichzeitig können auf der anderen Seite ein falscher Satz, eine unglückliche Formulierung oder sonst ein im Grunde entschuldbarer Fauxpas einen Karriere beendenden Shitstorm auslösen.
Diese Dualität hat in den letzten zehn Jahren einerseits dazu geführt, dass Leute, die auf ein untadeliges politisches Image angewiesen sind, in der «Arena» immer öfter vorbereitete und gelernte politische Positions-Statements ohne Risiko, aber auch ohne Bezug zur eigentlichen Diskussion, vortrugen.
Auf der anderen Seite haben aus falsch verstandenem Aufmerksamkeits-Zugzwang heraus auch primitive Unfläte wie Andreas Glarner oder nihilistische Stotterer wie Nicolas A. Rimoldi Zugang zur «Arena» erhalten. Diese Leute halten sich streng an die Losung «Flood the zone with shit» von Alt-Right-Übervater Stephen Bannon: erst einmal die Fakten – und damit die gemeinsame Basis jeder Diskussion – bestreiten, sodass man gar nie zu einer Debatte kommt, wie mit diesen Fakten umzugehen sei.
Wenn nun No-Risk-Kommunikation auf Bullshit-Gebetsmühlen trifft, dann kann das zwar manchmal unterhaltsam sein. Doch den Zweck des Formats, der Zuschauerschaft die besten Argumente für oder gegen politische Unternehmungen näherzubringen, erreicht man so natürlich nicht.
Das Kern-Konzept der «Arena» ist also überholt. Das politische Drama kann unter diesen Umständen im TV nicht mehr produziert werden. Und das ist ja auch nicht mehr nötig.
Die Irren, die Spektakel, die kometenhaften Aufstiege und grausamen Abstürze, die Schicksalsschläge, die Unerhörtheiten und die politischen Popcorn-Fights? Gebiert das Internet, als Arena ohne Regeln, fortlaufend aus sich selbst.
Die «Arena» des SRF sollte sich ob dieser Trends umbenennen in «Debatte». Und wieder darauf achten, dass diejenigen, die man teilnehmen lässt, auch tatsächlich am politischen Erkenntnisgewinn für sich selbst und das Publikum interessiert sind.
Nur so hat das Format auch in 30 Jahren noch eine Daseinsberechtigung.
In diesem Sinn: Alles Gute zum Geburtstag!
Ich sage nicht, die Medien sind an der dysfunktionalen politischen Entwicklung schuld. Aber mit dem Reflex, immer diejenigen in den Vordergrund zu stellen, die am heftigsten provozieren, tragen sie viel zur Entwicklung bei. Damit fördern sie eben nicht die sachliche Debatte, sondern belohnen die Krawallmacher.