
Ernährungsberaterin Ioana Chelemen hat für watson acht eiweissreiche Produkte von Coop und Migros unter die Lupe genommen – und sie mit Noten von 0 bis 10 bewertet.images: migros et coop, montage: watson
Protein-Produkte liegen im Trend – das zeigt sich zunehmend auch in den Supermarktregalen der Schweiz. Doch diese sind nicht unbedingt gesund. Ob simples Toastbrot oder süsse Produkte wie Kägi Fret – Ernährungsexpertin Ioana Chelemen ordnet den Protein-Hype ein.
22.07.2025, 13:4322.07.2025, 13:43
Seit einiger Zeit erleben Proteine einen regelrechten Hype. Alle sprechen darüber – vom Fitnesscoach bis zu Prominente. Wenig überraschend werden solche neuen Konsumgewohnheiten von der Lebensmittelindustrie umgehend aufgegriffen.
Auf Anfrage bestätigt Migros diese Entwicklung: «Die Nachfrage nach proteinangereicherten Produkten ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, insbesondere seit 2017/2018. Wir haben unser Sortiment entsprechend erweitert, um dieser wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Besonders im Bereich der proteinreichen Milchgetränke gebe es ein starkes Wachstum, heisst es weiter.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass eiweissreiche Produkte grundsätzlich gesund sind. Allerdings ist die Realität wesentlich komplizierter. So enthalten proteinreiche Produkte oft zahlreiche Zusatzstoffe. Die Migros betont zwar, man bemühe sich, «die Erwartungen der Kundschaft zu erfüllen und gleichzeitig hohe Qualitätsstandards einzuhalten», doch das schliesst Zusatzstoffe offenbar nicht immer aus.
«Einige verarbeitete Produkte, wie Proteinriegel, können Zusatzstoffe enthalten, um ihre Textur, ihren Geschmack oder die Haltbarkeit zu gewährleisten. Wir achten jedoch genau auf das Feedback unserer Kundschaft und arbeiten kontinuierlich daran, unsere Rezepturen zu verbessern, um ausgewogene und qualitativ hochwertige Produkte anzubieten.»
Migros-Sprecher Tristan Cerf
Neben Lebensmitteln, die von Natur aus reich an Proteinen sind – wie Poulet oder Linsen –, lassen sich Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend von auffälligen Werbeslogans und Verpackungsdesigns verführen. Oft greifen sie dabei zu stark verarbeiteten Produkten, die zudem deutlich teurer verkauft werden.
Warum dieser deutliche Preisunterschied? Migros hat uns dazu einige Erklärungen geliefert:
- «Das Hinzufügen von Proteinen – etwa in Form von Proteinpulver – erfordert zusätzliche Verarbeitungsschritte in der Produktion.»
- «Auch die eingesetzten Proteine – ob tierischen oder pflanzlichen Ursprungs – sind in der Regel teurer.»
- «Zudem werden proteinangereicherte Produkte in deutlich kleineren Mengen hergestellt als herkömmliche Lebensmittel – was die Stückkosten zusätzlich in die Höhe treibt.»
Auch bei Coop orientiert man sich nach eigenen Angaben «grundsätzlich an den Bedürfnissen der Kundschaft». Der zweite orange Riese bestätigt ebenfalls eine «wachsende Nachfrage nach eiweissreichen Produkten». Zwar betont Coop, dass es im Sortiment «zahlreiche proteinreiche Produkte gibt, die weder stark verarbeitet noch mit Zusatzstoffen angereichert sind», doch die eiweissverstärkten Alternativen jenseits der natürlichen Lebensmittel «können eine sinnvolle Ergänzung darstellen».
Die Lausanner Ernährungsberaterin Ioana Chelemen hatte sich bereits in einem Interview vom Montag zum Protein-Boom in der Schweiz geäussert. Wir haben die Gelegenheit genutzt, sie um eine Einschätzung zu acht eiweissreichen Produkten von Coop und Migros zu bitten, die uns besonders ins Auge gestochen sind.
Hier sind die acht ausgewählten Produkte – und die Bewertungen
Migros
Mozzarella:

- Die Einschätzung der Ernährungsberaterin: «Wir haben es hier mit einem Produkt zu tun, das von Natur aus einen hohen Proteingehalt aufweist. Es ist also in erster Linie Marketing, dies gross auf dem Etikett zu bewerben – aber das ist nicht unbedingt schlecht, denn nur wenige Konsumenten lesen Etiketten oder wissen, wie man sie richtig interpretiert. Man sollte das Produkt nicht täglich konsumieren, da es doch einen gewissen Anteil an gesättigten Fettsäuren enthält – aber insgesamt ist es ein gutes Produkt.»
- Die Note: 7/10
Weisses Toastbrot:

- Die Einschätzung der Ernährungsberaterin: «Grundsätzlich empfehle ich nie, Weissbrot zu kaufen, weil das Mehl so stark verarbeitet ist, dass sämtliche Ballaststoffe und gesundheitlichen Vorteile verloren gehen. Dieses Produkt hat keinerlei Grund, stolz mit dem Label ‹High Protein› zu werben. Oft wird einfach mit bestimmten Mehlsorten getrickst, um die Proteingehalte auf etwa 3 g pro Scheibe zu heben – dabei bekommt man denselben Wert auch mit dem Vollkorn-Toastbrot von M-Budget, und das ohne auf die Ballaststoffe zu verzichten.»
- Die Note: 3/10
Haselnuss-Creme:

- Die Einschätzung der Ernährungsberaterin: «Das Konzept einer solchen Protein-Creme ist für mich fragwürdig. Dieses Produkt hat aus ernährungsphysiologischer Sicht keinen echten Mehrwert – und enthält viel zu viel Zucker. Ich empfehle grundsätzlich, zu Produkten mit nur einer Zutat zu greifen. Dann weiss man sicher, dass kein Zucker, Salz oder Öl zugesetzt wurde. Besser ist ein reines Erdnuss-, Mandel- oder Cashewmus. Das ist zwar kalorienreich, enthält aber viele Nährstoffe – und lässt sich übrigens ganz einfach selbst machen: ein paar Erdnüsse in den Mixer, fertig.»
- Die Note: 2/10
M-Budget-Schokoriegel:

- Die Einschätzung der Ernährungsberaterin: «Diese Riegel sind ein schlechter Scherz. Es sind derart viele Zutaten enthalten, dass ich sofort die Finger davon lasse. Dazu kommt: Es handelt sich um ein hoch verarbeitetes Produkt. Im Hinblick auf Diabetes, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist das problematisch. Der Verbraucher wird mit 16 Gramm Protein geködert – dabei bringt der Verzehr dieser Riegel dem Körper absolut nichts. Ich verstehe dieses Produkt nicht, zumal M-Budget sonst oft sehr gute Produkte im Angebot hat.»
- Die Note: 0/10
Coop
Babybel:

- Die Einschätzung der Ernährungsberaterin: «Wieder ein Produkt, das von Natur aus reich an Proteinen ist – das ist eine gute Nachricht. Die schwarze Verpackung und der prominent platzierte Proteingehalt sind natürlich Marketing, aber sie können durchaus hilfreich sein für Konsumenten, die nicht genau wissen, welchen Mehrwert ein solches Milchprodukt haben kann.»
- Die Note: 7/10
Kägi Fret:

- Die Einschätzung der Ernährungsberaterin: «Wenn ich weniger als null Punkte geben könnte, würde ich es tun. Wie beim M-Budget-Riegel handelt es sich auch hier um ein Produkt, das ich vom Speiseplan streichen würde – vollgepackt mit einer endlosen Liste an Zutaten. Ich finde es sogar bedenklich, solche Produkte überhaupt anzubieten, zumal sie bei Kindern besonders beliebt sind.»
- Die Note: 0/10
Vollkornbrot-Scheiben:

- Die Einschätzung der Ernährungsberaterin: «Ich kann diese Art von Brot absolut empfehlen. Auch hier gilt: Am besten ist es, Brot selbst zu backen – das ist gar nicht so schwierig, und man weiss genau, was man zu sich nimmt. Dieses Produkt ist eine sehr gute Wahl, auch wenn die Verpackung leider nicht besonders ansprechend ist (im Gegensatz zum Kägi Fret).»
- Die Note: 9/10
Pudding:

- Die Einschätzung der Ernährungsberaterin: «Ich persönlich würde solche Produkte nicht konsumieren. Sie sind nicht katastrophal, aber ein Skyr mit etwas Kakao oder Zimt erfüllt denselben Zweck, was den Proteingehalt betrifft. Man sieht, dass der Hersteller sich bemüht, die Qualität zu verbessern – insbesondere beim zugesetzten Zucker –, aber ganz überzeugt mich das noch nicht. Zumal solche Becher vor allem bei Kindern sehr beliebt sind.»
- Die Note: 4/10
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Dass ein Kägi-Fret kein gesundes Nahrungsmittel ist, sollte allen klar sein. Interessanter währe es gewesen, wenn die Protein-Produkte mit den Regulären verglichen würden. Ich greife bei Snacks teilweise zu den Protein Alternativen, da diese oft weniger Zucker enthalten.
Ich denke auch viele dieser Produkte sind auf Bodybuilder/Kraftsportler abgestimmt.