Das orange M an den Fassaden vom Genfer- bis zum Bodensee täuscht Einheit vor. Doch im Innern der Migros-Supermärkte gibt es grosse Unterschiede. Das zeigt sich von der Filialgestaltung bis hin zur Form der Schwarzwälder Torte. Doch damit soll jetzt Schluss sein, die Zeiten regionaler Sonderwünsche sind vorbei. Die Migros hat ihr Kerngeschäft per Anfang 2024 in eine einzige Supermarktfirma zusammengelegt.
Künftig wird ein M-, MM- oder MMM-Supermarkt von Genf bis Romanshorn gleich aussehen. Der Sortimentskatalog wird ausgedünnt, regionale Sonderprogramme werden eingestampft. Ernst macht nun auch die Migros Aare, die sich über die Kantone Aargau, Bern und Solothurn erstreckt und insgesamt knapp 548'000 Genossenschafter und Genossenschafterinnen zählt. Sie stellt per Anfang 2025 ihr Seniorenprogramm für den Supermarkt ein. «Der Entscheid ist uns nicht leichtgefallen», sagt Migros-Aare-Chef Reto Sopranetti. «Ich kann verstehen, dass die Enttäuschung darüber gross ist.»
Damit verlieren rund 270'000 Personen ein Privileg. Sopranetti betont, dass nun alle persönlich angeschrieben und über die Änderungen informiert würden.
Der Migros-Aare-Chef begründet den Entscheid mit zwei Faktoren: erstens mit der nationalen Vereinheitlichung des Supermarktgeschäfts, das keine wiederkehrenden, fixen Sonderrabatte für einzelne Kundengruppen im Supermarkt mehr zulasse. Und zweitens mit der Ende Oktober angekündigten nationalen Tiefpreis-Offensive. Die Migros verspricht, 2024 und 2025 die Preise von mehr als 1000 Alltagsprodukten auf ein Discount-Niveau zu senken. Insgesamt will sie in den nächsten fünf Jahren 500 Millionen Franken in Preissenkungen investieren. Hierfür nimmt sie auch «einen kleineren Gruppengewinn in Kauf», wie es Migros-Chef Mario Irminger formulierte.
Den Auftakt macht die Migros mit mehr als 60 Gemüse- und Früchtesorten, die nun mit einem gelben «Tiefpreis»-Schild versehen sind. Bei welchen weiteren Artikeln künftig die Preise gesenkt werden, ist derzeit noch nicht bekannt. Sicher würden es aber nicht irgendwelche Nischenprodukte sein, versprach Irminger bei der Präsentation.
Mit Mindereinnahmen verbunden waren auch die Senioren-Rabatt-Tage im Supermarkt und den Voi-Läden. Die Migros Aare beziffert diese auf Nachfrage mit einem jährlich wiederkehrenden «zweistelligen Millionenbetrag». Künftig würden alle Kundinnen und Kunden «die besten Produkte zu den besten Preisen» erhalten, sagt nun Sopranetti. «Der Warenkorb mit den wichtigsten Produkten wird deutlich günstiger – für alle: Ob jung, alt, single oder Familie.»
Heute erhalten Migros-Aare-Kunden mit ihrer Senioren-Vorteilskarte einmal pro Monat 10 Prozent Rabatt auf ihren Einkauf im Supermarkt oder Voi-Laden. Einlösen können die Kunden den Rabatt jeweils Anfang Monat an drei vordefinierten Tagen. Alternativ können sie die 10 Prozent auch im Migros-Restaurant oder beim Take-away geltend machen.
Letzteres soll auch in Zukunft möglich bleiben, denn die Rabatt-Tage in der Gastronomie werden auf dem Gebiet der Migros Aare fortgeführt. Das Seniorenprogramm, das ursprünglich 2015 eingeführt wurde, werde weitergeführt, betont auch Sopranetti. «Die Anpassung betrifft nur den fixen, wiederkehrenden 10-Prozent-Rabatt im Supermarkt und in den Voi-Läden.»
Gleichzeitig verändern sich aber auch die Spielregeln fürs Seniorenprogramm, bei dem alle Personen ab dem 60. Geburtstag mitmachen können: Ab dem 1. Januar 2025 erhalten die Halter einer Senioren-Vorteilskarte jeden Dienstag einen Rabatt von 10 Prozent auf eine Konsumation. Weitergeführt werden auch die Vergünstigungen an bestimmten Tagen im Restaurant Tapis Rouge auf dem Berner Hausberg Gurten sowie beim Eintritt ins Erlebnisbad Bernaqua. Hinzu kommen neue Rabatte, etwa auf Kurse in der Migros-Klubschule, bei der Hörgeräte- und Brillen-Tochter Misenso oder bei bestimmten Ausflugszielen.
Oder anders gesagt: Sonderrabatte gibt es sehr wohl weiterhin – wenn auch nicht mehr im Kerngeschäft, bei dem die Vereinheitlichung auch optisch voranschreitet. So sollen die Läden schweizweit ab 2025 alle nach einem zentral entwickelten Konzept neu oder umgebaut werden. Es gibt also nur noch einen Auftritt für alle. Sodass das orange M bald keine Einheit mehr vortäuschen muss. (aargauerzeitung.ch)