Mina Berger bekommt Hausverbot in einem öffentlichen Schwimmbad – weil sie «oben ohne» in der Sonne liegt. Denn das Schwimmbad bestimmt, dass Mina Berger aufgrund äusserlicher Geschlechtsmerkmale eine Frau sei – und Berger deshalb mit ihrem Oben-ohne-Auftritt gegen die Badeordnung verstosse. Dabei identifiziert sich Berger als non-binär und nicht als Frau.
Passiert ist dies im August vergangenen Jahres in der deutschen Stadt Göttingen.
Der Göttinger Sportausschuss hat nun die Konsequenzen gezogen: Seit vergangenem Sonntag dürfen alle Badegäste am Wochenende Schwimmbäder in Göttingen ohne Oberkörperbekleidung besuchen, schreibt die «Welt».
Berger heisst eigentlich anders und gehört dem feministischen Göttinger Bündnis «Gleiche Brust für alle» an. Berger anerkannt den Entscheid des Göttinger Sportausschusses als «ein Schritt in die richtige Richtung». Doch sie formuliert gegenüber der «Welt» auch Kritik: Für eine Gleichstellung der Geschlechter müsse der weibliche Körper entsexualisiert werden. Und weiter:
In der Schweiz gibt es kein Gesetz, in dem steht, dass man das Haus nicht ohne Kleider verlassen darf. Die Nacktheit in der Öffentlichkeit darf allerdings nicht sexuell motiviert sein oder jemanden stören. Die Frage, was als störend gilt, wurde in den vergangenen Jahren regelmässig vor Gerichten verhandelt, wie Blue News schreibt.
In den hiesigen Badeanstalten ist Blütteln durch die Benutzerordnung fast immer ausdrücklich verboten. Das Sonnenbaden «oben ohne» wird jedoch häufig toleriert.
In einigen Badeanstalten finden sich abgetrennte Frauen-Bereiche, in denen das Sonnenbad ohne Bikini-Oberteil auch in einem geschützten Rahmen möglich ist. Zudem verfügen einige Badis über FKK-Bereiche, innerhalb deren das Sünnelen und Baden ganz ohne Textil erwünscht ist – wie am Katzensee in Zürich.
Trotz der lockeren Benutzerordnungen: Die meisten Frauen in den Schweizer Badeanstalten bedecken auch heutzutage ihre Brüste mit Textilien. Die Basler Geschichtsprofessorin Caroline Arni erklärte dies gegenüber der NZZ so:
Übrigens: Bereits 1978 entschieden die Berner Justizbehörden, dass das «Entblössen der weiblichen Brüste» in Freibädern fortan nicht mehr als «schwere Missachtung des Sittlichkeitsgefühls» verfolgt werde. Zwar versuchte ein EDU-Politiker diese Lockerung des Gesetzes mit einem parlamentarischen Vorstoss und anschliessend mit einer Volksinitiative «gegen die Verwilderung der Badesitten» zu unterbinden – das Anliegen scheiterte jedoch.
(yam)