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Jeder Zehnte in der Schweiz hat finanziell Mühe über die Runde zu kommen

8,2 Prozent beträgt die Armutsquote in der Schweiz.
8,2 Prozent beträgt die Armutsquote in der Schweiz.Bild: KEYSTONE

Jeder Zehnte in der Schweiz hat Mühe, finanziell über die Runden zu kommen

Im Jahr 2022 hat die Schweiz gemäss dem Bundesamt für Statistik (BFS) die höchste Lebenszufriedenheit aller europäischen Länder aufgewiesen. Seit 2014 hat sich diese kaum verändert. Dennoch lebte fast jede zehnte Person in finanziellen Schwierigkeiten.
26.03.2024, 09:5731.03.2025, 09:58
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Die Lebenszufriedenheit in der Schweiz ist im europäischen Vergleich konstant hoch und erreichte 2022 sogar den höchsten Wert aller europäischen Länder. Dennoch hatte fast jede zehnte Person Schwierigkeiten, finanziell über die Runden zu kommen, und 4,9 Prozent der Bevölkerung mussten aus finanziellen Gründen auf wichtige Güter, Dienstleistungen und soziale Aktivitäten verzichten. Die Armutsquote betrug 8,2 Prozent, wie aus der Erhebung 2022 über die Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervorgeht.

Das sind die wichtigsten Erkenntnisse daraus:

Schweiz mit höchster Lebenszufriedenheit

Auf einer Skala von 0 bis 10 lag der Mittelwert der Zufriedenheit mit dem jetzigen Leben in der Schweiz bei 8, während er in Österreich 7,9, in Italien 7,2, in Frankreich 7,0 und in Deutschland 6,5 betrug. In der Schweiz hat sich die Lebenszufriedenheit seit 2014 kaum verändert und steigt mit dem Alter, dem Bildungsniveau und dem Einkommen.

Besonders zufrieden ist die Bevölkerung in zwischenmenschlichen Bereichen wie dem Zusammenleben, dem Arbeitsklima oder den persönlichen Beziehungen. Mehr als die Hälfte der Personen ab 16 Jahren war 2022 in diesen Bereichen sehr zufrieden (Werte von 9 oder 10). Mit der vorhandenen Freizeit oder der persönlichen finanziellen Situation war dagegen nur jede dritte Person sehr zufrieden.

Lebensstandard gehört zu den höchsten Europas

Der allgemeine Lebensstandard der Schweiz wird anhand des medianen verfügbaren Äquivalenzeinkommens gemessen, wobei die Preisniveauunterschiede zwischen den Ländern korrigiert werden. In der Schweiz ist dieses Einkommen 2,5-mal so hoch wie in Griechenland, 1,5-mal so hoch wie in Italien, 1,3-mal so hoch wie in Frankreich, 1,2-mal so hoch wie in Deutschland und 1,1-mal so hoch wie in Österreich. Trotz des hohen Preisniveaus in der Schweiz ist der Lebensstandard der Bevölkerung also höher als in den Nachbarstaaten und der Mehrheit der EU-Länder.

Lebensbedingungen sind nicht für alle gleich

2022 hatten 9,9 Prozent der Personen in der Schweiz Schwierigkeiten, bis zum Monatsende über die Runden zu kommen, und 4,9 Prozent der Bevölkerung waren von materieller und sozialer Deprivation betroffen. Dies bedeutet, dass sie aus finanziellen Gründen auf wichtige Güter, Dienstleistungen und soziale Aktivitäten wie zum Beispiel neue Kleider, regelmässige Freizeitaktivitäten oder Treffen mit Freunden verzichten mussten, ihre Rechnungen nicht rechtzeitig bezahlen oder keine unerwartete Ausgabe begleichen konnten.

Deprivierte Personen weisen eine deutlich geringere Lebenszufriedenheit auf: 2022 war nur jede neunte deprivierte Person mit ihrem Leben sehr zufrieden (10,9 Prozent vs. 37,9 Prozent der Gesamtbevölkerung). Deprivierte Personen gaben zudem auch besonders häufig an, sich meistens oder ständig entmutigt oder deprimiert zu fühlen (24,3 Prozent vs. 5,4 Prozent der Gesamtbevölkerung) und waren seltener meistens oder ständig glücklich (37,1 Prozent vs. 76,6 Prozent der Gesamtbevölkerung).

8,2 Prozent der Bevölkerung waren einkommensarm

In der Schweiz waren im Jahr 2022 (Einkommen 2021) 8,2 Prozent der Bevölkerung einkommensarm. Dies entspricht rund 702'000 Personen. Die Armutsquote lag damit tendenziell tiefer als im Jahr davor (8,7 Prozent), der Unterschied ist jedoch statistisch nicht signifikant. Ausserdem sind die seit 2022 erfolgten Preisanstiege für Elektrizität, Heizkosten und Konsumgüter in diesen Zahlen noch nicht abgebildet.

Wie in den Vorjahren sind ausländische Personen, Personen in Einelternhaushalten, Personen ohne nachobligatorische Ausbildung und Personen in Haushalten ohne Arbeitsmarktteilnahme besonders häufig von Einkommensarmut betroffen. Die Armutsquote der erwerbstätigen Bevölkerung lag mit 3,8 Prozent (144'000 Personen) ebenfalls leicht tiefer als im Vorjahr (4,2 Prozent). Auch diese Entwicklung ist jedoch statistisch nicht signifikant.

Die Armutsgrenze wird von den Richtlinien der Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) abgeleitet und betrug im Jahr 2022 durchschnittlich 2284 Franken im Monat für eine Einzelperson und 4010 Franken für zwei Erwachsene mit zwei Kindern. Davon müssen die Ausgaben des täglichen Bedarfs (Essen, Hygiene, Mobilität etc.) sowie die Wohnkosten bezahlt werden, nicht jedoch die Prämien für die obligatorische Krankenversicherung. Diese werden wie die Sozialversicherungsbeiträge, Steuern und allfällige Alimente vorgängig vom Haushaltseinkommen abgezogen. (pre)

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173 Kommentare
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mrmikech
26.03.2024 09:09registriert Juni 2016
Das heisst, von Einzelpersonen ≥ 65 Jahre, sind fast 25% von Armut betroffen... Dass dies möglich ist, in so ein reiches Land... Und diese Menschen habe keine Möglichkeit die Situation zu verbessern, sind also wirklich zu Armut verurteilt.
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i schwörs
26.03.2024 08:50registriert April 2016
Zum Mitschreiben an alle der "die Renter sind die reichste Bevölkerungsgruppe" Fraktion:
die Bevölkerungsgruppe, die am meisten von Armut betroffen ist, sind die Ü65. Und zwar deutlich. Danke Watson und BFS für diese klare Darstellung.
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P. ajaja
26.03.2024 09:10registriert April 2023
Ich leben alleine, ohne Partner und Kinder. Ich sorge mit 100 % Berufstätgkeit vor (wenngleich keine riesigen Einzahlungen in die Pensionskasse), und wenn es sich ausreicht, versuche ich in die Säule 3a zu sparen.

Anhand der Statistik muss ich wohl eine weitere Vorsorgemassnahme treffen, spätestens mit Eintritt in die Rente: Partnerschaft. Sicherlich WG, wegen den Mietkosten.
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