Swissmill-Sprayerei: Coop reicht Strafanzeige ein
Am Wochenende verschafften sich Sprayer des Kollektivs KCBR Zugang zum Dach des Swissmill-Towers in Zürich. Anschliessend beschrifteten sie die Fassade des höchsten Kornhauses der Welt (118 Meter). Die vier riesigen Buchstaben sind nun kilometerweit zu sehen. Swissmill-Besitzerin Coop wird gegen die unbekannte Täterschaft Strafanzeige erstatten. Das erklärte die Medienabteilung des Detailhändlers auf Anfrage von watson.ch.
Wie die Täter genau operierten, wie sie sich Zugang verschafften und ob es neben dem Graffiti zu weiterer Sachbeschädigung kam, wollen weder Coop noch die Stadtpolizei kommunizieren. Brisant: Im gigantischen Betonbau wird ein Drittel des Schweizer Getreides verarbeitet – 800 Tonnen pro Tag. Die Aktion wirft deshalb auch Sicherheitsfragen auf. Müssen Herr und Frau Zürcher nun befürchten, dass sie in den nächsten Tagen ein «lustiges» Brötchen erwischen? Coop gibt Entwarnung: «Die Produktion war zu keinem Zeitpunkt davon tangiert. Wir bitten um Verständnis, dass wir uns nicht weiter zu sicherheitsrelevanten Themen äussern.»
Der mutmassliche Aufstieg aufs Dach dürfte den Tätern indes leicht gefallen sein. Neben einer Treppe (644 Stufen) führt ein Lift bis in den obersten Stock. Dort befinden sich neben einem Sitzungszimmer ein Innenhof mit einer Plastik und darüber eine u-förmige Terrasse. Sie kann über eine Treppe vom 21. Stock erreicht werden.
Vieles deutet darauf hin, dass sich der oder die Täter Zugang zur Terrasse verschaffte(n) und sich dann über die Nordwestseite abseilte(n). Es wäre das typische KCBR-Vorgehen.
KCBR fällt seit über einem Jahrzehnt immer wieder mit spektakulären Aktionen an exponierten Plätzen auf. Häufig wird dabei nicht nur geklotzt, sondern auch gekleckert. Kunstvoll sind weniger die optischen Umsetzungen als vielmehr die Organisation, das Timing und die Örtlichkeiten.
Um bei den illegalen Aktionen nicht erwischt zu werden, setzt die Crew auf Verkleidungen, Walkie-Talkies und sogar Alarmanlagen. In der Sprayer-Szene haben sich die Zürcher mittlerweile Weltruhm erarbeitet.
Viel dazu beigetragen hat ihr 2013 veröffentlichter Film «KCBR Live Life Like». Dieser wurde auf YouTube über 3,5 Millionen Mal geklickt. Dabei ist unter anderem zu sehen, wie eine mit einem Penis bemalte Zugkomposition in einen Tunnel fährt, der als Vagina umgestaltet wurde. Was wie eine pubertäre Aktion wirkt, ist ein akribisch geplanter und präzis umgesetzter Coup.
2021 seilte sich ein Mitglied der Gruppe vom 92 Meter hohen Kaminturm der Kehrichtverbrennungsanlage Josefstrasse ab, und beschriftete den Schlot mit den riesigen Lettern «KCBRYNOTMAFS». Eine Woche später erschien auf YouTube das «Making-of» der lebensgefährlichen Aktion.
In einem Interview mit der WOZ verrieten Mitglieder der Crew, dass KCBR für «King’s Club Be Retarded» steht. Die Gruppenmitglieder bezeichnen ihre Aktionen als Kunst. Juristisch handelt es sich dabei um Sachbeschädigung. Seit Jahren versuchen die Behörden, sie dingfest zu machen. Hunderte Sprayereien gehen auf das Konto des Kollektivs. Die Summe der Sachbeschädigungen geht in die Millionen.
2020 kam es beim Bezirksgericht Zürich zu einer Anklage gegen ein damals 31-Jähriges mutmassliches Mitglied der Gruppe. Verurteilt wurde der Mann zu 300 Franken, weil ihm nur nachgewiesen werden konnte, dass er verbotenerweise ein SBB-Gelände betrat.
