In der Schweiz hat sich vergangene Woche gemäss der Covid-19-Taskforce des Bundes wohl jede zehnte Person mit dem Coronavirus angesteckt. Der deutliche Anstieg der Neuinfektionen habe sich aber verlangsamt.
Vergangene Woche seien 203'000 Personen positiv auf das Coronavirus getestet worden, sagte Urs Karrer, Vizepräsident der Covid-19-Taskforce des Bundes, am Dienstag vor den Medien in Bern. Unter Berücksichtigung der Dunkelziffer von Faktor 3 bis 4 hätten sich wohl 700'000 bis 950'000 Personen mit Omikron infiziert. Die Viruszirkulation sei aktuell so hoch wie noch nie im gesamten Pandemieverlauf, sagte der Chefarzt Infektiologie und Spitalhygiene am Kantonsspital Winterthur.
Die Zahlen steigen noch immer, der starke Anstieg habe sich aber verlangsamt, sagte der Infektiologe. Der R-Wert sei von 1,6 per Ende Dezember auf aktuell 1,2 gesunken. Entweder, weil der Höchststand an Ansteckungen erreicht worden sei, respektive in den nächsten Tagen bis Wochen erreicht werde, «oder die Grenze der Erfassung durch Tests ist überschritten».
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Bei den 20- bis 29-Jährigen seien die Ansteckungen inzwischen rückläufig, bei den Kindern unter 10 Jahren gebe es den schnellsten Anstieg und Personen über 60 Jahre seien von Omikron bisher verhältnismässig wenig betroffen. Karrer erläutert:
Die Situation in den Spitälern lasse sich derzeit aber nicht an den Spitaleinweisungen ablesen, sagte Karrer ausserdem. Es sei unklar, ob die Zahl der Einweisungen zu oder abnimmt.
Die schlimmsten Befürchtungen der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes werden gemäss deren Vizepräsident wohl nicht Realität. Man werde sich wohl im unteren Bereich der Schätzungen bewegen, sagte Karrer von der Taskforce.
Vor zwei Wochen hatte die Taskforce gewarnt, Mitte Februar könnten pro Woche 80 bis 300 zusätzliche Covid-Erkrankte Intensivpflege benötigen.
Zugleich warnte Karrer davor, die gegenwärtige Entwicklung falsch zu interpretieren. Die Omikron-Variante des Coronavirus sei nicht einfach harmlos.
Schon seit November beobachte man einen massiven Abfall der Hospitalisierungsrate nach einer Corona-Infektion, so Karrer. Damals sei noch die Delta-Variante dominant gewesen.
Die wichtigsten Gründe dafür seien die zunehmende Immunität in der Bevölkerung durch die Impfung und das Verhalten der älteren Bevölkerung, erklärte Karrer. Die über 60-Jährigen hätten sich vorsichtig verhalten und sich in grosser Zahl boostern lassen. Erst an dritter Stelle folgten als Grund die spezifischen Eigenschaften der Omikron-Variante.
Karrer wehrte sich gegen Vorwürfe, die Taskforce verbreite Angst und Panik, wie sie am Dienstagvormittag der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV), Hans-Ulrich Bigler, erhoben hatte. Man sei mit Expertinnen und Experten aus vielen Fachbereichen breit aufgestellt und beachte keineswegs nur epidemiologische Argumente.
Ja. Karrer äusserte sich auch zur neu aufgetauchten Untervariante von Omikron. Diese sei in der Schweiz bisher zehn Mal nachgewiesen worden, mit steigendem Anteil. Es gebe Anhaltspunkte, dass sich diese Variante noch schneller verbreitet als Omikron. Allerdings gebe es keine Hinweise für schwerere Verläufe. «Es wird vermutet, dass die Immunität auch gegen die Untervariante schützt», sagte Karrer zudem. Wer in den vergangenen vier Monaten keine Impfdosis erhalten hat, sollte dies jetzt nachholen.
Das BAG erteilt Forderungen nach einer Abschaffung aller Corona-Schutzmassnahmen eine Absage. Es sei zu früh, um in Euphorie zu verfallen, sagte Patrick Mathys, Leiter der Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit im BAG.
Der Höhepunkt der Omikron-Welle scheine noch nicht erreicht, so Mathys. Neueste Trendrechnungen sagten einen weiteren Anstieg bei den Neuansteckungen voraus.
Explodierende Fallzahlen solle man sich auf den womöglich letzten Metern nicht leisten, «es braucht noch ein bisschen Geduld». Es sei schade, wegen zwei oder drei Wochen Fortschritte zu verspielen. Mathys sagt klipp und klar:
Der Ökonom Jan-Egbert Sturm, Professor an der ETH Zürich und ebenfalls Vizepräsident der Taskforce, sprach sich gegen eine schnelle Aufhebung aller Massnahmen aus. Ein sogenannter «Freedom Day» könnte gerade für die Branchen, die nun danach riefen, zum «Schuss in den eigenen Fuss» werden.
Das BAG mahnt, dass das Coronavirus nicht einfach verschwinden werde. Es sei unklar, wie es weitergehe. Mathys sagte:
Aber man wisse nicht, was danach komme, ob es andere Varianten gebe. «Wir wissen jetzt einfach, dass die Impfung auch gegen andere Varianten schützt.» Daher sei die Impfung auch längerfristig, «wenn wir mit Covid leben müssen», eine sinnvolle Investition.
«Inwiefern wir bei den Massnahmen Schicht für Schicht abtragen können, ist an der Politik zu entscheiden», sagte zudem Urs Karrer, Vizepräsident der Covid-19-Taskforce des Bundes. Aber immer, wenn man etwas «wegschnipsle», fehle eine Scheibe, und das Ganze werde undicht. Aber jede einzelne Massnahme müsse ihre Berechtigung haben und das werde auch laufend diskutiert.
Karrer ist zuversichtlich, dass auf den Intensivstationen eine nachhaltige Entspannung möglich ist. Auf den Normalstationen – also den Akut-Betten – könne es durchaus weiterhin zu relevanten Belastungen kommen.
Trotz der Omikron-Welle könne sich die Wirtschaft momentan gut behaupten, sagte Jan-Egbert Sturm. Er erläuterte, inwieweit die Wirtschaft durch Omikron-Ausfälle betroffen ist. Demnach sind laut einer KOF-Konjunktur-Umfrage fast in allen Branchen Unternehmen beeinträchtigt. 30 bis 45 Prozent der Unternehmen würden davon berichten, dass Mitarbeitende ausfielen. Doch seien vor allem Lieferengpässe ein Problem.
Das Gastgewerbe sei insgesamt am meisten betroffen. Dort sei ein Anteil von rund 20 Prozent der Existenzen gefährdet.
In der Zeit vom 8. bis 21. Januar sei der Anteil der abwesenden Mitarbeiter bei den befragten Unternehmen gestiegen, sagte Sturm. Doch die Umsatzeinbussen hielten sich in Grenzen, sie würden im Durchschnitt ein Prozent betragen. Wenn mehr als 15 Prozent der Mitarbeitenden sich in Isolation oder Quarantäne befänden, sei der Umsatz vermehrt betroffen. Hier gäbe es aber Unterschiede in den Branchen.
Auf die Frage, ob die Quarantäne abgeschafft werden solle, sagte Sturm, dies hätte im Moment wenig Auswirkungen auf den Verlauf der Pandemie. Die Quarantäne senke den R-Wert nur um etwa 3 Prozent. Ohne die Massnahmen wäre die Situation aber deutlich schlimmer, man solle vorsichtig bleiben.
(jaw/sda)
Und eine zunehmende Immunität durch die hunderttausenden Infektionen gibt es auch?
Find ich nicht ganz unerheblich im Bezug auf die Richtung, in denen es jetzt erst mal gehen könnte.
Ich lebe in Spanien. Hier tragen wir drinnen und draussen Maske. Oft vergesse ich, dass die Maske auf meinem Mund ist, bis ich etwas trinken will. Ich schätze, die Maske, das Abstandhalten, das Rauch- und Essverbot beim Gehen, im ÖV, es schützt uns vor vielen Viren, vor Infektionen. Warum will man in der Schweiz unbedingt erkranken?
Ich bin froh gesund durchs Jahr zu kommen. Egal welche Krankheit, ich brauch sie nicht. Darum schütze ich mich weiterhin so gut als möglich - nicht nur vor Viren