In den publizistischen Leitlinien von Schweizer Radio und Fernsehen trägt ein Abschnitt die Überschrift: «Genderneutral und diskriminierungsfrei berichten.» SRF erliess die Regeln Mitte 2021. Seither sind sie leicht angepasst und gestrafft worden. In der aktuellen Version findet man zum Beispiel folgenden Satz nicht mehr: «Auf den sozialen Plattformen kann man auch den Genderstern einsetzen, wenn es den Erwartungen der Zielgruppe entspricht.»
Der Genderstern ist bei SRF generell nicht mehr erwünscht. Zu dieser Regelung passt, was Mitglieder einer Redaktion berichten: Intern sei dazu aufgerufen worden, man solle beim Gendern zurückhaltend sein. Unter anderem habe das ein Vorgesetzter so begründet: SRF wolle den Unterstützerinnen und Unterstützern der 200-Franken-Initiative keine Angriffsfläche bieten.
Roger Muntwyler, Mediensprecher von SRF, erklärt auf Anfrage: «Der erwähnte Aufruf zur Zurückhaltung beim Thema ‹Gendern› ist uns nicht bekannt.» Das Schweizer Fernsehen passe die publizistischen Leitlinien derzeit an. Das sei ein laufender Prozess, der sich nicht nur auf die Genderrichtlinie beziehe. «Ein Entscheid liegt nicht vor.»
Das Schweizer Fernsehen prüft also eine neue Änderung der Gender-regeln. Das Unternehmen erliess früher als andere Medienhäuser eine Richtlinie für den genderneutralen Gebrauch der Sprache. Darum meinten einige Politiker und Konsumentinnen, dass der öffentliche Rundfunk rigoros ans Werk gehe. Das stimmt aber nicht.
Die Regelungen sind ähnlich wie bei anderen Medien: Statt «Bürger» sollen die Journalistinnen und Journalisten «Bürgerinnen und Bürger» schreiben. Das sogenannte generische Maskulinum ist nicht verboten, steht aber tief im Kurs. Bei Aufzählungen empfiehlt SRF seinen Angestellten einen Wechsel des Genus: Köche, Gärtnerinnen und Bauern. Der Sender rät auch zu geschlechtsneutralen substantivierten Partizipien wie Studierende, Demonstrierende, Teilnehmende - auch wenn sie nicht schön klingen.
Auf seiner eigenen Website verwendet SRF weder Genderstern noch Genderdoppelpunkt. Und am Radio wird keine Genderpause gesprochen. Anders ist es hingegen auf digitalen Kanälen wie Instagram. «Neue Studie zeigt: Schweizer:innen haben im Schnitt vier enge Freundschaften», überschreibt das Schweizer Fernsehen da eine Meldung. Wo SRF ein eher junges Publikum ansprechen will, wird stärker gegendert als anderswo.
Zum eher vorsichtigen Umgang mit dem Thema trägt bei: Die Redaktionsleiter am Leutschenbach haben zwei Umfragen zur Kenntnis genommen, die in den vergangenen Monaten publiziert worden sind.
Das Institut LeeWas zeigte Ende Mai im «Tages-Anzeiger»: Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung legt beim Formulieren von Texten keinen Wert auf eine gendergerechte Sprache. 75 Prozent gaben an, dass sie keine entsprechende Anstrengungen unternähmen - unter Männern waren es 82, unter Frauen 65 Prozent. An der Erhebung fiel auch auf, dass in den jüngeren Altersgruppen die Sympathie für die gendergerechte Sprache nur leicht grösser ist als bei älteren Menschen. Der «Tages-Anzeiger» stellte besorgt fest, dass das Schweizervolk «wenig sprachsensibel» sei.
Im Juli erschien dann das Wahlbarometer der SRG. Das Institut Sotomo fragte nicht nur nach Parteipräferenzen; es wollte auch wissen, was die Schweizerinnen und Schweizer ärgere. Die Antwort, die sie am drittmeisten nannten, lautete: «Genderdebatte und Wokeness».
Man ist also nicht nur zurückhaltend beim Einsatz gendergerechter Sprache - man regt sich auf, wenn man ihr begegnet. Den Genderstern und den Genderdoppelpunkt halten viele für unnötig und irritierend. Die SVP hat das gemerkt und macht ihren Einsatz gegen Gendern und Wokeness zum Thema vor den Wahlen im kommenden Oktober. Die Partei inszeniert einen neuen Kulturkampf.
SRF-Sprecher Roger Muntwyler betont: SRF nehme gesellschaftliche Entwicklungen, welche die Sprache veränderten, bewusst zurückhaltend auf und pflege einen zeitgemässen Umgang mit der Sprache. (aargauerzeitung.ch)
Wenn die Politik versagt bei der KK, Mieten, Energiekosten etc. zeigt sich der Frust auf diese Art.
Das sehen inzwischen auch die meisten Rückversicherungsgesellschaftsaktieninhaberinnen und Rückversicherungsgesellschaftsaktieninhaber so.